Reisebericht Kanada / USA

01. - 31.10.10 Moab - Monument Valley
Moab, Hauptstadt des Mountain Biking
Die kleine Versorgungsstadt dient als Ausgangspunkt zu drei schönen Naturlandschaften, den Arches National Park, den Dead Horse Point State Park und den Canyonlands National Park. Wir besuchten zuerst den Arches N.P. denn die prächtigen Natursteinbögen sahen wir bereits auf Bildern im Visitor Centre. Will man im Park auf dem Campground "Devils Garden" eine Nacht verbringen, muss man mindestens vier Tage im Voraus reservieren, erklärte uns der Ranger am Parkeingang. So stehen wir ein paar Tage am Stadtrand von Moab auf dem RV-Park und sind so in wenigen Minuten gleich im Park. Zuerst verschafften wir uns einen Überblick über die wichtigsten Points of Interest.
Das Landschaftserlebnis in dieser abwechslungsreichen Wüsten- landschaft fasziniert uns von Beginn an. Wir lieben diese karge und dürre Wüste mit ihren farbigen Felsformationen, wo täglich Pflanzen und Tiere ums überleben kämpfen. Es ist Ende September. Der Park ist sehr gut besucht. Bis sich die vielen Besucher aus aller Welt endlos und unaufhörlich vor dem Balance Rock, Delicate Arch oder Double Arch fotografierten, ist schon fast wieder Abend und wir haben kaum ein tolles Foto ohne Touristen. Selbst bei Sonnenuntergang, wenn die Besucher schon zum hundersten Mal im Steinbogen standen, müssen sie immer noch eine andere Variante ausprobieren.
Uns kommt es vor als ob die immer wieder Porträtierten die eigentliche Natursehenswürdigkeit seien und nicht die über Jahrtausende von Wind, Wasser und Wetter geformte Landschaft. Wir besuchten gegen Abend den Delicate Arch. Der Wanderweg von 2,4 km ohne Schatten mit einem Höhenaufstieg von 146 Metern führte an steil abfallenden Abgründen vorbei. Über der trichterförmig ausgewaschenen Felsfläche zeigte sich der schöne Bogen im Abendlicht. Im Hintergrund sahen wir die Manti La Sal Berge als ob sie gemalt wären. Die Natur als Bildhauer hat hier etwas ganz Grosses geformt. Eigentlich wäre ein solcher Ort geeignet zur innerer Einkehr und Meditation.
Gegen 19 Uhr näherte sich die Sonne dem Horizont und Besucher und Kameras standen bereit, als ob gleich die grösste und wichtigste Pressekonferenz des Jahres stattfinden würde. Als die Sonne noch knapp Fingerbreit über dem Horizont stand, begann die Menge der Profifotografen laut zu werden, damit die immer noch im Arch stehenden Personen sich endlich verziehen. Wir haben ja schon einiges erlebt und gesehen, aber dieses "Schauspiel" wirkte auf uns schon fast abstossend. Nur mit grosser Mühe brachten wir es fertig, den Bogen aller Bögen ohne eine Gruppe Leute festzuhalten. Wir konnten ein paar kritische, satirische Sprüche nicht verkneifen. Aber wie erklärt man einem fotogeilen, sich in den Vordergrund stellendem Besucher, dass seine Anwesenheit im grandiosen Steinbogen das ganze Bild zerstört? Wir denken, eines Tages wird es hier Zulassungsbeschränkungen geben...
Im Park gibt es über 2'000 benannte Steinbögen mit Öffnungen von einem Meter Länge bis zum Landscape Arch (Bild links) der eine beachtliche Spannweite von über 90 Meter hat. Beim dritten Parkbesuch klingelte der Wecker bereits um 5 Uhr morgens. Ohne Frühstück, noch bei Dunkelheit, machten wir uns auf den Weg zum Landscape Arch. Die 1,3 km zu Fuss brachten wir schnell hinter uns und der Wanderweg gehörte uns allein. Eine Gruppe Rotwild kreuzte vor uns den Weg bevor wir den Viewpoint erreichten.
Zwei Fotoprofis waren bereits vor Ort und warteten auf die ersten Sonnenstrahlen. Ruhig und ohne Lärm betrachteten wir den langen, dünnen Felsbogen. Zum Glück war hier kein Massenauflauf. Ja, wer steht schon morgens früh auf um ein paar unvergessliche Bilder zu knipsen? Der Landscape Arch veränderte langsam seine Farben in ein leuchtendes gelb, braun und rot. Das Blau im Hintergrund erwachte ebenfalls. Was für ein Unterschied zum Vorabend. Kaum Worte, Ruhe und kühle Morgenluft beherrschte die Umgebung. Zwischendurch ein leises Klicken, ein kurzes Gespräch mit den Fotografen, und wieder kehrte die Ruhe ein. Eine Hanvoll Leute die die Morgenstille und die grossartigen Kunstwerke der Natur geniessen.
Als wir zum Parkplatz zurück spazierten herrschte dort bereits reger Betrieb. Die Morgenruhe musste dem neuen Besucherstrom weichen. Mit vielen Text- und Bilder-Tafeln wird vor Ort über die geologische Geschichte, die Entstehung der Steinbögen und über die erodierten Monolithen berichtet. Auch heute noch bilden sich stetig neue Steinbögen während die Alten zunehmend verfallen. Erosion und Verwitterung gehen nur langsam vor sich und verändern die Landschaft in Zeitlupe.
Eine einzigartige Naturlandschaft, wo auch drei Tage nicht ausreichen um die Umgebung in sich aufzunehmen. Wir habens wirklich gut. Uns sagt niemand wie lange der Aufenthalt an einem Point of Interest dauert und kein Busfahrer meldet uns die nächste Abfahrtszeit... dafür können wir Abends nicht an den weissgedeckten Tisch im Hotel sitzen, sondern fragen uns, was wir heute Abend kochen.
Dead Horse Point State Park
Kurz vor Parkeingang belegten wir schon am Morgen einen schönen Campplatz. Meist unter dem Motto: First-come-first served! Will man an den schönen Orten im oder ausserhalb des Parks einen sichern Übernachtungsplatz, ist es ratsam, möglichst früh den Campground anzusteuern und die Selfregistration zu machen. Die 8 - 15 Dollar legt man in einen Briefumschlag und wirft ihn in den sicheren Briefkasten. Die Reservierungsbestätigung heften wir an den Pfosten des Platzes. Für diesen Betrag dürfen zwei Fahrzeuge und bis zu 10 Personen übernachten. So hat man definitiv einen sicheren Platz in der so mit Natursehenswürdigkeiten gesegneten Umgebung. Der State Park "Zum toten Pferd" ist klein. Ein Vorgebirge aus Felsen, das von sehr steilen Hängen umgeben ist.
Vom Visitor Centre und vom Dead Horse Point Overlook haben wir einen traumhaften Blick auf den Colorado, den Canyonlands N.P. und die fernen La Sol Mountain. Zum ersten Mal sehen wir in die tiefe Schlucht, wo der Colorado River mäanderförmig duch die grandiose Landschaft fliesst. Die tiefe Schlucht mit ihren länger werdenden Schatten zeigt plötzlich ein verwildertes rauhes Gesicht von durchdringender Schönheit. Auf dem River tief unten gleiten zwei Boote langsam und lautlos vorbei, bis sie in den letzten Sonnenstrahlen kaum mehr sichtbar sind. Wir schauen in die über 600 Meter tiefe kurvenreiche Schlucht, die nach und nach von der einbrechenden Nacht im Dunkeln verschluckt wird.
Nach den Unterlagen hat hier der Erosionsprozess ca. 150 Mio. Jahre gedauert. Ein grosser Teil davon wurde vom Colorado River verursacht, der sich tief in die Erdkruste eingeschnitten hat, während die Landmasse nach oben gedrückt wurde. Diese gewaltigen Kräfte waschen die fantastischen Formen dieser abschüssigen Felshänge und der gewaltigen Berggipfeln immer noch aus. Wir erreichen unseren Campplatz als der klare Sternenhimmel zum Leuchten erwachte. Das knisternde Lagerfeuer in der wüstenähnlichen und frischen Umgebung wärmte uns, während wir noch eine Weile in den Sternenhimmel schauten.
Canyonlands National Park, "Island in the Sky District"
Das war aber knapp! Gegen 11 Uhr erreichten wir mit Verspätung den Campground und belegten den zweitletzten Platz. Auf einem wunderschönen grossen Areal im National Park gibt es ganze 12 Stellplätze. Meistens sind sie morgens sehr früh ausgebucht, denn wer zuerst dort ist, hat den Platz. "Der Tag ist gerettet," meinte Regine. "Und das Lagerfeuer am Abend auch," fügte ich bei. Die Verspätung durch das Holz Sammeln unterwegs vor dem Parkeingang hatte Walter verursacht. In den National- und State-Parks darf man kein Feuerholz auflesen, man muss es von Aussen mitbringen. Der schönste Platz unter einem prächtigen Sternenhimmel ohne Lagerfeuer, ist wie ein warmes Bier in der Wüste.
Wir bleiben zwei Nächte und haben so mehr Möglichkeiten die vielen Points of Interest zu Fuss und mit dem Fahrzeug zu erkunden, ohne dass wir Meilenweit wieder aus dem Park fahren müssen. Wichtig dabei, genug Wasser, Essen und Dieseltreibstoff mitnehmen, denn es gibt keine Infrastruktur in den Parks, ausser Toiletten. Und so steuern wir oft frühmorgens in den Parks die raren Übernachtungsplätze an, bevor wir auf Erkundungstour gehen. Regines Fachgebiet: Die Parkunterlagen gründlich studieren, dass wir die bekannten Orte zur richtigen Tageszeit aufsuchen.
Das Foto rechts zeigt einen Blick vom Green River Overlook in die tiefen, verzweigten Schluchten des Green Rivers. Vor Sonnenaufgang standen ein paar Besucher und wir vor Ort, um bei den ersten Sonnenstrahlen die Kameras klicken zu lassen. Dieser Zeitpunkt, sei es morgens oder abends, darf man nicht verpassen. Das Belichtungsfenster ist meist kurz und dauert oft nur ein paar Minuten. Steht die Sonne etwas Höher am Horizont, ziehen die gut ausgerüsteten Berufsfotografen ab. So beginnt oder endet ein toller Reisetag mit einem unvergesslichen Bild. Das Frühstück oder das Nachtessen kommt an zweiter Stelle, denn die Erde dreht sich unaufhörlich weiter.
Der Mesa Arch im Canyonlands National Park ist bei Sonnenaufgang frühzeitig zu besuchen, denn es gibt nur ganz wenig Platz um Stativ und Kamera aufzustellen. Manche Besucher kommen mehrmals um endlich das Foto aller Fotos zu machen. Es geht darum, dass mit den ersten Sonnenstrahlen der grosse Mesa-Steinbogen von unten her beleuchtet und die Bogenunterseite in einem leuchtenden gelb-rot erscheint, während die dahinterliegende Canyonlandschaft zum Leben erwacht.
Für solche Fotos ist auch das Wetter, der Zeitpunkt und der perfekte Standort von Bedeutung. Eine Besucherin meinte zu Regine, dass wir heute viel Glück hätten, denn letzte Woche sei sie hier gewesen und über 40 Fotografen hätten bei Sonnenaufgang auf das grosse Foto gewartet. Zum Glück müssen wir nicht von guten Bildern den Lebensunterhalt bestreiten, ich glaube, wir würden verhungern...



Die "Shafer Trail Road", eine 4x4 Strecke quer durch die Felswand
Wir haben schon viele abenteuerliche Strecken unter die Räder genommen, aber von keiner erinneren wir uns, dass man auch noch schwindelfrei sein sollte. Das Besondere an dieser Strecke liegt daran, dass man in einer senkrechten Felswand entlang fährt und dabei dauernd in die 600 Meter tiefer gelegegene Canyonlandschaft blickt. Ist man einmal auf der Strecke, dann gibt es kein zurück bis man ganz unten in der Ebene ist. Eine 4x4 Strecke, mit einer Fahrzeug breiten Naturstrasse, die ab und zu kleine Ausweichstellen für den Gegenverkehr hat. Im kleinsten Geländegang starteten wir auf 1804 Meter Höhe.     
Wir hatten noch keine 100 Meter zurückgelegt, stoppte der Ranger seinen Wagen hinter uns. Ich suchte die nächste Ausweichstelle und winkte ihm zum Überholen. Er fuhr sehr vorsichtig neben unser Fahrzeug und musterte uns mit einem scharfen Blick. Er ermahnte uns, sehr langsam und vorsichtig zu fahren, denn die Strecke sei sehr steil, schwierig und unser Fahrzeug könnte wegen der Höhe kippen. Seine guten Ratschläge nahmen wir uns zu Herzen. Als er weiterfuhr stieg ich aus und machte von seinem Auto ein paar Fotos.
Die Fahrt in einer Felswand, wo es rechts senkrecht nach oben und links senkrecht nach unten geht fordert alle Sinne. Die Strasse mit Steinen, Löchern und Gräben durchsetzt verlangte Fingerspitzengefühl mit der Allradtechnik. Die guten Tipps von Peter in Australien sind mir noch in bester Erinnerung. Drücke nie die Kupplung und steh dauernd auf der Bremse, wenn es so steil runter geht. Und es ging steil runter. Die Switchbacks (Haarnadelkurven) mussten wir mit vollem Einschlag sehr eng fahren, sonst stand das Vorderrad in der Luft. Der Blick nach unten in die Tiefe war erforderlich um entgegenkommende Fahrzeuge weit im Voraus zu erkennen.
In der Mitte von der Foto rechts verläuft der Trail durch die Felswand. Aussteigen und fotografieren war für uns nur an den wenigen Ausweichstellen möglich und wenn es nicht sehr steil bergab ging. Auf einer solchen Strecke konzentriert man sich so aufs präzise Fahren, dass man das Fotografieren fast vergisst.
Wir brauchten gut die doppelte Zeit als die geübten Trailfahrer mit ihren Geländewagen, bis wir unten in der Ebene aufatmen konnten. Doch wir hatten es geschafft, ohne dass der Fahrzeugboden oder Teile davon einmal aufschlugen. In der Ebene lief der Trail fast runter bis zum Colorado River und zwängte sich weiter durch schmale Schluchten und Bachbette. Nach dreieinhalb Stunden erreichten wir die Teerstrasse die uns nach Moab zurück brachte.
Am anderen Tag ergänzten wir unsere Lebensmittel-Vorräte im Food-Supermarket. Wir standen vor dem grossen Gestell mit den Milchprodukten als hinter uns ein älterer Mann meinte: "Schön, wieder einmal Schweizerdeutsch zu hören." So kamen wir ins Gespräch und plauderten eine Weile im Laden. Ob wir schon den Arches und Canyonlands NP besucht hätten, wollte er wissen. "Dort gebe es einen tollen Trail runter in die Schlucht", sagte er und war ganz begeistert. Als er von uns erfuhr, dass wir gestern diesen Trail gefahren sind, gab er uns sehr gute Tipps für die Weiterreise bis zum Brice Canyon. "Unterwegs gebe es einen ganz speziellen 4x4 Trail, wo die Haarnadelnkurven so steil und eng sind, dass man nicht wenden kann."
"Man muss dort bei den Switchbacks den Rückwärtsgang einlegen und das nächste Stück rückwärts fahren bis zur nächsten Haarnadelkurve, dann wieder vorwärts fahren, dann wieder rückwärts, und so weiter, bis man unten ist. Ein wirklich besonderer Trail", meinte er. Er habe diesen Trail schon mit seiner Tochter gefahren, schwärmte er. Ich schaute Regine an und dachte an gestern. Hatten wir gestern nicht genug Abenteuer?
So verliessen wir den Supermarket nicht nur mit Lebensmitteln, sondern auch mit vielen guten Tipps für den nächsten Reiseabschnitt. Bevor wir uns aus der Gegend von Moab verabschiedeten, besuchten wir das Castle Valley.
Die fantastischen Felsformationen sind grossartig. So verwundert es uns nicht, dass im Castle Valley Filmszenen des John Wayne Western "Rio Grande" gedreht wurden. Hinten im Tal schlängelt sich die Strasse durch die Manti La Sal Mountains auf 2700 Meter Höhe. Über La Sal Junction erreichten wir südlich die Einfahrt in den Canyonlands NP mit dem District "The Needles" (Nadeln). Einen Zwischenhalt machten wir beim Newspaper Rock, einer Felswand voller Petroglyphen.
Die in Sandstein eingekratzten Figuren und Symbole sind etwa 2000 Jahre alt und erzählen Geschichten aus dem früheren Leben. Viele Tierabbildungen zeigen Jagdszenen und eine vielfältige Tierwelt. Die grosse Felswand ist gut geschützt von einem mächtigen überhängenden Felsbrocken. Bestimmt ein Grund, dass die Petroglyphen so gut erhalten sind, denn der weiche Sandstein wäre schon lange durch Wind und Regen schichtweise abgebaut worden.
"The Needles" ist eine Wildnis aus Felsgestein. Der Hauptteil besteht aus einer erstaunlichen Landschaft aus Felssäulen, Natursteinbögen und Schluchten. Die wichtigsten Formationen sind aber die "Nadeln" selbst: rötlich-weiss gestreifte Felszinnen. Will man sehr nahe an die Needles herankommen, muss man zu Fuss oder auf einem der vielen 4x4 Trails unterwegs sein. So machten wir einen Abstecher zum Elephant Hill und besichtigten eine Trailstrecke. Ein ausgewaschenes Bachbett wären wir ja noch gefahren, doch schon die Fotos auf der Infotafel schreckten uns ab.
Absätze, Furchen und Übergänge zwischen 40 - 50 cm liessen uns aber den Trail endgültig vergessen und so nahmen wir den 4x4 Trail unter die Füsse. Er führte durch eine grossartige, vielfältige Landschaft Richtung Needles. Aus den Unterlagen lesen wir: "The Gratens ist eine Region des Needles Disticts, welche nur nach einer längeren Geländefahrt zu erreichen ist. Der Weg zu diesen Tälern mit senkrechten Wänden führt über den Elephant Hill. Mit seinen steilen Felsabhängen und scharfen S-Kurven prüft er die Geschicklichkeit des besten Geländefahrers!" Soweit die Empfehlung von den Park-Unterlagen. Wir hofften auf unserem Fussmarsch die Profi-Geländefahrer bestaunen zu können, doch kein Fahrzeug nahm den Trail unter die Räder.
Das Foto rechts zeigt einen Abschnitt vom 4x4 Trail. Als wir zurückkehrten waren wir uns einig, dieser Trail ist eine Nummer zu gross für uns und unser Fahrzeug. Wir belegten einen tollen Campplatz auf dem Squaw Flat. Ein schweres Gewitter zog am späteren Nachmittag über die riesige Wildnis aus Fels und Stein hinweg und verwandelte die Umgebung in eine geisterhafte Landschaft. Am frühen Morgen lag Nebel in der Luft und die Sonne kämpfte bis gegen Mittag um die farbigen Steinsäulen und Schluchten zu beleuchten. Mit einem schönen Walk zu den Cave Springs mit dem "historic cowboy camp and prehistoric pictographs" verabschiedeten wir uns vom Canyonlands National Park.
Mesa Verde National Park
Mesa Verde ist der einzige National Park in den Vereinigten Staaten, der eingerichtet wurde, um Menschenwerk zu erhalten. Der 24 mal 32 Kilometer grosse Tafelberg ist grün und bis 600 Meter hoch. An den meisten Orten fallen die Felswände senkrecht in das tiefer liegende Land. Mit dem Park wird ein wichtiges Erbgut der Vergangenheit bewahrt. Er schützt viele archäologische Stätten. Die gut erhaltenen Felsbehausungen vorkolumbischer Anasazi-Stämme geben uns einen Einblick in die vorgeschichtlichen Kulturen des amerikanischen Südwesten.
Die "Cliff Dwellings" sind Wohnanlagen in den Vertiefungen der Felswände. Wir besuchten drei Höhlensiedlungen, zwei mit einer Führung. "Cliff Palace" ist die grösste Felsbehausung. Sie liegt in einer 27 m tiefen und 18 m hohen Felswand-Nische und hat 217 Räume und 23 Kivas. Die Zahl der ehemaligen Bewohner wird auf 200 bis 250 Personen geschätzt. Die Klippenbehausungen sind etwa 800 Jahre alt. Der "Grüne Tafelberg" wurde aber bereits im 6. Jahrhundert von den Anasazi besiedelt.
Auffallend sind die vielen kreisrunden unterirdischen Räume, die man Kivas nennt. Sie dienten als Gemeinschaftsräume, die unter anderem auch für zeremonielle Veranstaltungen genutzt wurden. Wenn die Anasazi von ihren Höhlensiedlungen auf die Mesa hinauf wollten, um ihre Felder zu bestellen, benutzten sie eine besondere Treppe. Die in den Sandstein gehauenen Grifflöcher boten Halt für Hände und Füsse beim Erklettern der Steilwand.
 
Balcony House, die abenteuerliche Besichtigungstour
Auf der Kurzbeschreibung steht: "Auf dieser einstündigen Tour klettern sie auf einer 10 Meter langen Leiter in die Behausung, kriechen durch einen 4 Meter langen und 46 cm breiten Tunnel und klettern dann über zwei 3 Meter lange Leitern in eine 20 Meter hohe offene Felswand hoch, um die Stätte zu verlassen!" Regine schaute mich an, als wollte sie Fragen, schaffen wir das? Die Tour war wirklich gut und mit vielen Infos besichtigten wir die Wohnstätte in der senkrechten Felswand. Gefundene Gebrauchsgegenstände, ausgestellt im Chapin Mesa Museum, gaben uns einen Einblick in den Alltag der Bewohner. Wir bestaunten die sehr schönen Töpfer- und Korbflecht- Arbeiten, sowie eine Vielzahl prähistorischen Gerätschaften der Anasazi. Warum die Anasazi Ende des 12., Anfang des 13. Jahrhunderts ihre Siedlungen auf den Mesahöhen verlassen haben, weiss man nicht. Da die Anasazi keine Schrift kannten, stammt das Wissen hauptsächlich aus den Ergebnissen der Ausgrabungen.
Besuch der kleinen Schweiz in Amerika
Rundreise: Cortez - Durango - Silverton - Ouray - Rico - Dolores
Eine der schönsten Bergstrecken führte uns auf 10'910 feet (3325 Meter) Höhe und die Landschaft zeigte sich im Look of Switzerland. Die Berghänge mit den farbenprächtigen gelben Espen und die schneebedeckten Gipfeln mahnte uns, dass der Winter naht. Entlang unserer Rundreise entdecken wir zahlreiche alte Gold- und Silber-Minenstätte. In Silverton kehrte die Dampflokomotive mit den vollbesetzten Wagen aus Durango zurück und entleerte einen Touristenschwall mitten auf der Dorfstrasse. Die Stadt liegt auf 2700 m Höhe. Die restaurierten Fassaden zeigen den Wildwest-Look, doch vieles ist nicht echt.
Auf der Strecke Silverton - Ouray - Rico kamen wir kaum vorwärts. Wir waren fast alleine auf der sehr schön ausgebauten Gebirgs-strasse unterwegs, doch die farbige Landschaft und die gelben Espenwälder zwangen uns zu vielen Zwischenstopps. Als die Berge immer farbiger und selbst die kleinen Flussläufe in einem Gelb leuchteten, staunten wir einmal mehr, was die Mutter Natur so alles mit ihrem Malkasten zustande bringt.
Solche Orte lieben wir. Sie machen unsere Reise kostbar und einmalig. Wir nehmen uns die nötige Zeit, um der grandiosen und farbenprächtigen Naturlandschaft direkt ins Gesicht zu schauen. Alles ist unverbaut, keine Häuser, keine Bergbahnen, nichts. Nur die Strasse schlängelt sich einsam in die Höhe und zeigt immer wieder ein neues Gemälde. Kurz vor Ouray, beim Look out Point, erblickten wir die Tafel. Unübersehbar: Switzerland of America. Im Talkessel unter uns sahen wir den kleinen Ort. Der Talkessel und die umliegenden hochalpinen Berge zeigten ein bisschen Schweiz, doch das hübsche Gebirgsstädtchen mit den schachbrettförmig angelegten Strassen war weniger "like Switzerland".
Die Mineral Hot Springs am Dorfeingang liessen wir links liegen, denn wir wollten noch das schöne Alpenpamorama der Mount Snefffels Wilderness Area bei Sonnenschein sehen. Gegend Abend kurz nach der Passhöhe stach uns die Campgroundtafel Matterhorn ins Auge. Also doch ein bisschen Schweiz dachten wir und bogen von der Strasse ab zum Camp. Pech gehabt, der Campground war bereits geschlossen und öffnet erst im nächsten Jahr wieder.
Vor dem Lizard Head Pass, 10'222 feet, hatten wir dann mehr Glück. Der Cayton Campground ($ 7.50), umgeben von Bäumen und Bergbach, hatte nur eine Handvoll Gäste. Am nächsten Morgen wussten wir weshalb der Matterhorn Campground, der noch höher liegt, bereits geschlossen war. Die Nacht brachte uns die ersten Minus-Temperaturen. Die -2,4 Grad genügten um das kleine Rinnsal neben den Auto in Eis zu verwandeln und die Windschutzscheibe mit einer geschlossenen Eisschicht zu belegen.
Das kleine Rico, ein alter Goldgräberort, wirkte verschlafen und ausgestorben. Es ist Sonntagmorgen und kaum ein Mensch auf der Mainstreet. Mit nur 200 Einwohner ist Rico eines der letzten echten Wildwestorte. Alte Gerätschaften und Hausfassaden deuten auf vergangene Zeiten hin. Wir entdecken eine Tafel mit der Überschrift: Rico - Rich in Silver. Wir lesen unter anderem: "Rico hatte 1892 etwa 5'000 Einwohner, 23 Saloons, 2 Kirchen, 2 Zeitungen, eine Bank, ein Theater, 88 aktive Minen, Pensionen und Hotels... und ein red-light district." Die Eisenbahn kam 1891 nach Rico und 1893 endete der erste grosse Silverboom. Wir betrachteten die alten Fotos aus den Boomjahren. Hier herschte eine Goldgräberstimmung, aber Silver war der Glücksbringer.
Wir nahmen Abschied von den schneebedeckten Bergen und den gelb leuchtenden Espenwäldern und kehrten wieder nach Utah zurück. Über Cortez, Ismay Trading Post, Aneth erreichen wir auf einer kleinen Strasse den Hwy 191. Etwas nordwärts fahren wir auf die Road 95, die uns zum Natural Bridges National Monument bringt.
Sipapu Brückenpfad
Die Sipapu-Brücke gehört zu den grössten natürlichen Steinbrücken der Welt. Die Hopi Mythologie besagt, dass "Sipapu" das Tor ist, durch das Seelen in die spirituelle Welt gelangen können.
Wir unternehmen einen Walk in den Schluchtgrund, der über drei hölzerne Leitern zum Teil recht steil hinunter führt. Steht man unter der Naturbrücke kommt man sich recht klein vor. Auffallend sind die schönen Streifen im weissen Sandstein, die man erst richtig sehen kann, wenn man dirket unter der Steinbrücke steht. Mit einer Höhe von 67 Metern und einer Spannweite von 81 Metern hat die Natur diesen Steinbogen grossartig modelliert.
Die Brücken liegen im Cedar Tafelland, 1982 m über dem Meeresspiegel. Pulsierende Gewässer haben zwei tiefe Schluchten und drei massive Brücken in den Sandstein geformt.
Für den zweiten Ab- und Aufstieg in die Schlucht zur Kachina Bridge brauchten wir wieder gut eine Stunde. Auf den dritten Abstieg zur Owachomo Bridge verzichteten wir. Der Aussichtspunkt zeigte die Brücke mit einer Spannweite von 74 Metern in voller Grösse.
Die Strecke quer durch den Glen Canyon war so einmalig schön und abwechslungsreich, dass wir einen Fotostopp nach dem andern einlegten. Die hochaufragenden Felswände mit ihren Farben, die weite Landschaft mit dem tief eingeschnittenen White River Canyon über die Colorado River Bridge sind Höhepunkte auf der Fahrt nach Hanksville. Beidseits des Rivers gibt es traumhafte, einfache Campgrounds mit Blick auf den Colorado. Wir waren unschlüssig, bleiben oder weiterfahren.
Doch die Landschaft zeigte immer neue fantastische Bilder in der späten Nachmittagssonne. Gemütlich und ohne Verkehr rollten wir auf der Route 95 Richtung Hanksville, wo wir uns auf dem Campground unter die Dusche stellen. Diesmal brachten uns die zahlreichen Fotostopps ins Schwitzen. Bei einem feinen T-Bone Steak, diesmal im Camprestaurant, verarbeiteten wir den grossartigen Reisetag. Der klare Sternenhimmel deutete auf gutes Wetter in den nächsten Tagen. Tagsdarauf führte uns die Strecke zum Capitol Reef National Park und weiter zum nächsten Highlight.
Bryce Canyon National Park
Der Bryce Canyon ist eher ein aus dem Felsen herauserodiertes grosses Amphitheater, als ein Canyon. Tausende von Türmen, Säulen und anderen Figuren bilden die einmaligen Felsformationen, die Hoodoos. Im Morgen- und Abendlicht sieht diese "Turmlandschaft" einfach umwerfend aus. Wir haben Glück! Drei Tage blauer Himmel und Sonnenschein begleiten uns auf den Entdeckungstouren durch den Park. Der North Campground ist bereits am frühen Morgen wieder "full". Doch wir sicherten uns rechtzeitig einen schönen Platz.
Die 29 km lange Sackgasse endet am Rainbow Point in 2780 m Höhe. Von dort aus besuchen wir auf der Fahrt nach Norden zurück alle Aussichtspunkte. Zwischendurch wandern wir am Rand des Canyon entlang und staunen über die unterschiedlichen, farbigen Felsformationen. Am zweiten Tag wollen wir in die Tiefe. Die Perspektive von unten ist oft noch eindrücklicher. Die Wanderung durch die geologische Wunderwelt führt hautnah durch das Felslabyrinth. Für den Peek-A-Boo Loop, Queens Garden und den Navajo Trail brauchten wir länger als vier Stunden. Dafür hatten wir ein paar schöne Fotos mehr auf dem Chip.
Wenn der Sonnenuntergang naht, sollte man gleichzeitg an verschiedenen Orten präsent sein. Die leuchtenden Felstürmchen verändern laufend ihre Farbe und wir versuchen sie bis zum letzten Sonnenstrahl festzuhalten. Regine weiss inzwischen, dass an solchen Orten und Tagen das Nachtessen immer hinten anstehen muss, auch wenn der Magen knurrt. Aber die bizarr-skurrilen Felsformationen erodierten Sandsteins haben nun einmal den Vorrang. Wer weiss, ob Morgen wieder ein solcher Traumtag auf uns wartet.
Die Lotterie kann beginnen!
Oder wie bekommt man ein Permit für Paria und Vermilion Wilderness? Nun es gibt schöne, einmalige, spektakuläre und sensationelle Parks mit Felsformationen, die man besuchen darf. Doch für den Besuch der Paria Wilderness (The Wave) wird man ausgelost. Kein Witz! Will man die Coyote Buttes auf einer Tageswanderung besuchen, muss man sich im Internet 4 Monate im voraus anmelden und wird dann ausgelost. So kann es sein, dass im Februar alle Permits für den gesamten Mai vergeben sind. Für die North Coyote Buttes (The Wave) ist die Besucherzahl "limited to 10 online and 10 walk in permits per day". Das heisst, täglich dürfen 20 ausgeloste Personen eine Wanderung zu den felsigen Formen und Farben der Paria Wilderness machen.
So fuhren wir von Page nach Westen auf dem Hyw 89 und beim Mile Marker 20 bogen wir zum kleinen Visitor Center ab. Dort wurden wir aufgeklärt. Wir können uns Morgen um 8.45 Uhr hier melden und dann werden die Besucher für den nächsten Tag ausgelost. Gestern seien 55 und vorgestern 40 Besucher hier gewesen. Eine Wochen-Liste der angereisten Besucher war beim Eingang aufgehängt. Ich notierte: 55/40/30/71/81/65/60/79 Besucher, usw. Um 9 Uhr werde dann ausgelost. Der erste Gewinner könne bis zu 4 Personen, der zweite Gewinner ebenfalls vier Personen mit nehmen, für den dritten Gewinner bleiben dann noch zwei Personen übrig. Ja, die 10 Permits pro Tag sind schnell vergeben.
Nun ja, dass für Natursehenswürdigkeiten solche restriktive Besucherbeschränkungen ausgearbeitet werden, wirkt auf uns etwas Fremd. Morgen wollen wir uns in der Contact Station anstellen und die Besucher zählen, die auf ein Permit Hoffnung haben. Auch wenn die Natur hier etwas Aussergewöhnliches vollbracht hat, dass die Besucher durch Losentscheid ausgewählt werden, stimmt uns nachdenklich!

Dienstagmorgen, 08.45 Uhr
Die Spannung steigt wie die Sonne am Horizont. Die Uhr im Contact Büro zeigt 08.45 Uhr Utah Zeit an. Im kleinen Büro stehen etwa 50 Personen und füllen ein A4 Papier aus. Der Parkplatz ist randvoll und Leute aus aller Welt hoffen, dass heute ihr Glückstag ist. Die Chancen sind klein, den drei ausgeloste Personen füllen bereits das Tageskontingent, wenn sie entsprechend Leute mitnehmen. Gelassen stehen die Besucher herum bis der Uhrzeiger auf 09.00 Uhr vorrückt. Uns kommen Gedanken wie es wäre, wenn man täglich 10 Personen vor Ort auslosen würde, die durch den Aletschwald wandern dürften und einen Blick auf den grossen Gletscher werfen könnten. Oder das Matterhorn, wäre ja auch ein Berg, den man täglich auslosen könnte.
Das ganze wirkt auf uns ein bisschen absurd, das Büro vollgestopft mit Besuchern, draussen blauer Himmel und Sonnenschein. Es ist 09.00 Uhr. Die Dame hinter dem Auskunfttisch ergreift das Wort: "Pro ausgefülltes Blatt darf nur eine Person im Büro bleiben, alle andern müssen nach draussen gehen." Kaum zum Glauben, täglich eine solche Show nur um ein Stück Natur zu besichtigen. Nach einer Weile kommt Regine aus dem Büro und sagt: "Pech gehabt!" Wir sind ein Erlebnis reicher! Wir machen uns auf den Weg Richtung Page am Lake Powell und denken an den Spruch von H.D. Thoreau:
"Die Frage ist nicht, was wir sehen, sondern wie wir es sehen"

Glen Canyon Dam und Lake Powell
Der Lake Powell, eine Oase in der Wüste, entstand durch die Staumauer vom Glen Canyon Dam. Er ist nach dem Lake Mead der zweitgrösste Stausee der USA. Die 216 Meter hohe und 475 Meter lange Krone ragt aus der Schlucht des Colorado River empor. Der mächtige Wasserspeicher versorgt den Südwesten mit dem kostbaren Nass. Das zerklüftete Wüstengelände sorgt für einen 150 km langen See. Die zahlreichen Seitenarme und Buchten mit den vielen Verästelungen ergeben eine gewaltige Uferlinie von 3000 km.
Auf dem Lone Rock Campground, an der Grenze Utah / Arizona, suchen wir einen grossen und langen Sandstrand-Abschnitt direkt am See auf. Für 10 Dollar pro Nacht! Das erfrischende Bad im Lake Powell kühlte uns ab. Der Blick über die Wasserfläche in die farbenprächtige Wüstenlandschaft, wo die untergehende Sonne den Horizont in ein Gemälde verwandelte, bleibt in unserem Kopf gespeichert. Die Region ist ein Ganzjahres-Erholungsgebiet und bietet Wassersportlern und Anglern den Hauch eines Mittelmeer-Urlaubes. Dem Ufer entlang loderten viele kleine Lagerfeuer, die aus der dunklen Sternennacht aufleuchteten. Der lange Strandabschnitt ist unverbaut und sehr sauber. Nur die WC-Häuschen und das Duschgebäude sind ein Fremdkörper in der Landschaft. Wir bleiben drei Nächte und gehen auf Entdeckungstour rund um Page.

Horseshoe Bend Overlook
Von Page fahren wir auf dem Highway 89 Richtung Süden. Nach 6 km biegen wir rechts ab und parkieren auf einem sandigen Parkplatz. Von dort führt der Weg über einen Hügel und nach etwa 20 Minuten haben wir unser Ziel erreicht. Die eigentliche Attraktion sieht man spät. Doch steht man vor dem Abgrund und schaut in die Tiefe, ist der Anblick atemberaubend. Tief unten windet sich der Colorado River wie ein Hufeisen um eine Felseninsel. Die Felswände erstrecken sich meist senkrecht nach unten und leuchten in der Morgensonne.
Um den Colorado River in der ganzen Hufeisenkurve zu fotografieren, muss man ganz vorne an der Felskante stehen und senkrecht nach unten blicken. Ich lege mich auf den Boden und schiebe mich langsam zur Felskante vor. Arme, Kopf und Kamera ragen jetzt über den Abgrund hinaus. Jetzt sehe ich die ganze Hufeisenkurve in voller Grösse. Die senkrechte Wand unter mir verschwindet irgendwo in der Tiefe. Regine wollte meinem Nervenkitzel nicht zusehen und suchte entlang der Schlucht schöne Fotomotive. Mit unterschiedlichen Belichtungen machte ich ein paar Aufnahmen. Ich übe ein wenig, bis ich den Horseshoe Bend in seiner Grösse voll im Bild habe. Auf dem Display der Kamera sehe ich nichts, da die Sonne mir direkt auf den Rücken scheint. Der Fluss tief unten in einem dunklen Blau, die Felseninsel unten im Schatten, oben in der Sonne, was für einen Kontrast. Ich dachte an das traumhafte Kalenderbild, das ich kürzlich sah. Ja, vielleicht war es halt doch aus der Luft fotografiert worden...

Lower Antelope Canyon
Der Antelope Creek fliesst bei Page in den Lake Powell. Kurz bevor er den See erreicht, fliesst er durch eine Schlucht - den Antelope Canyon. Der Name verdankt der Canyon den Gabelantilopen, die früher in diesem Gebiet lebten. Eigentlich passt die windschiefe Bretterbude, wo wir den Eintrittspreis für den Canyon und die Gebühr für den Antelope Canyon Navajo Tribal Park entrichten, nicht so richtig in die Landschaft. Doch unser Interesse liegt nicht an dem was über dem Boden liegt, wir wollen in den Untergrund. Die Sonne steht gut, als wir uns durch den engen Schlitz in die Unterwelt zwängen. (Bild links)
Eine bizarre Traumwelt! In sanften Wellen fliessen die bunten und weich geschliffenen Sandsteinskulpturen in allen Rotschattierungen um uns herum. Durch den engen Canyon, teilweise kaum einen Meter breit, dafür mit bis zu 40 Meter hohen Felswänden, gehen wir nur schrittweise. Die leuchtende Märchenwelt ist schwer zu beschreiben, man muss sie gesehen haben. Fast wie in Spiralen windet sich der Sandstein nach oben. Die Navajos nennen diesen Canyon auch "Hasdestwazi", was spiralförmige Felsbögen bedeutet.
Zwischendurch hören wir ein paar sanfte Töne von einer Flöte. Wir haben Glück! Nur wenige Besucher sind in der engen Schlucht unterwegs und wir haben ein Zeitlimit von vier Stunden erhalten. Kein Führer begleitet uns. Langsam arbeiten wir uns durch die farbenprächtige Schlucht vorwärts. Auf Stahltreppen steigen wir weiter nach unten und entdecken neue Sandsteinformen in unterschiedlichen Farben. Nach einem starken Regen wird der Antelope Canyon überflutet. Es ist das Wasser, das langsam den Sandstein Korn um Korn wegspült und die schönen Rundungen und Kurven im Felsen gestaltet. Auch der Wind spielt eine Rolle im Herausarbeiten der Formen.
Am Ende des Canyons führt eine lange Leiter nach oben auf das Felsplateau. Doch wir verlassen den Canyon nicht. Auf dem Rückweg entdecken wir wieder neue starke Motive die uns ins Staunen versetzen. Wir können die Naturgewalt ausgiebig auf uns wirken lassen und das Farbenspiel in Ruhe geniessen. Als wir nach fast vier Stunden wieder durch den engen Schlitz an die Oberfläche steigen, dauerte es eine Weile, bis wir das grossartige Erlebnis verdaut haben. Wie zutreffend doch der Satz von R.W. Emerson ist: "Atme den Gang der Natur nach, ihr Geheimnis ist Geduld."

Monument Valley / Navajo Tribal Park
Die weite Ebene mit den drei rostrot aufragenden Tafelbergen gilt als Wahrzeichen der USA. Nicht zuletzt ist die einzigartige Region auch als Filmkulisse vieler Filme bekannt geworden. Am späten Nachmittag stellen wir unser Fahrzeug auf dem "Primitive Campground", ein sandiger Platz ohne Komfort ab. Eine ungestörte grandiose Aussicht ist uns garantiert. Wir schauen den geführten Touren nach, die Besucher ins Tal kutschieren. Meist sitzen 10 - 12 Personen auf den offenen Geländewagen. Wir lassen die farbige Wüstenlandschaft erst einmal auf uns einwirken.
Ja, wir fragen uns, was macht der Reiz der ansonsten so kargen Landschaft aus? Wir haben doch schon so viele Wüstengebiete gesehen und durchquert. Es sind die aus dem Nichts, senkrecht in die Höhe ragenden Felsblöcke in allen Farben und Gestaltungsformen. Sie sind verteilt über eine meist flache und endlos wirkende Wüstenlandschaft. Schon der Gedanke, dass früher einmal auf der Höhe der Felsspitzen eine flusslose Hochebene lag, ist kaum zu fassen. Mehrere hundert Meter hoch sind die Monolithen. Wind und Wetter haben hier über einen kaum erfassbaren Zeitraum ein einmaliges, unverkennbares Werk geschaffen. Dieser Ort und der Blick ins weite Tal bleibt unvergesslich.
Am nächsten Tag standen wir vor Sonnenaufgang, bei Minus ein Grad, vor dem Fahrzeug und schauten dem rot gelben Horizont entgegen. Ein kalter Wind wehte. Der neue Tag erwachte über dem Monument Valley. Ein Sonnenaufgang von gewaltiger Schönheit erhellte die Landschaft. Das Frühstück mit Blick auf die wärmende Sonne machte unsere Glieder wieder beweglich!
Eine Schotterpiste in sehr schlechtem Zustand führte uns auf den rund 22 km langen Scenic Drive. Wir fahren mit unserem Fahrzeug im Geländegang ins Tal und haben so die Möglichkeit, überall beliebig lange zu verweilen und die schönsten Fotospots auszusuchen. Am Morgen sind noch wenig geführte Touren unterwegs. So geniessen wir die ruhige Wüstenlandschaft ausgiebig. Wir nehmen uns vier Stunden Zeit die unvergessliche Wüstenlandschaft auszukundschaften.
Am Abend ziehen dicke, schwarze Wolken auf und verwandeln das Monument Valley in eine dunkle Geisterlandschaft. Ein starkes Gewitter zieht an uns vorbei und die letzten Sonnenstrahlen zauberten einen doppelten Regenbogen in voller Grösse in die Wüstenlandschaft. Ich gehe mit Schirm und Kamera in den Regen und versuche die Regenbogenfarben im Bild festzuhalten. In der Nacht fegte ein kräftiger Wind über das Tal und wir waren froh, in einer warmen und festen Kabine zu sitzen. Die Iglus unweit von uns entfernt, drückte der Wind fast flach auf den Boden. Eine schwarz dunkle Nacht legte sich über die Wüste.
Tags darauf nahmen wir den Drive am Nachmittag nochmals in Angriff. Die schönen Felsformationen in der späten Abendsonne zeigten sich wie auf den grossen Bildkalendern. Erst als die letzten Sonnenstahlen die Felsspitzen berührten, kehrten wir aus dem Tal zurück. Wieder waren wir mehr als drei Stunden in der Wüstenlandschaft und entdeckten immer noch neue Fotomotive. Beim Parkplatz fragte Regine nach einer geführten Tour mit den Pick-ups. Sechs Reisecars standen dort und warteten auf die zurückkehrenden Tourbesucher. "Die geführte Tour für zweieinhalb Stunden kostet 65 $ und für drei Stunden 75 $ pro Person," sagte sie erstaunt. "Rechne, was wir gestern und heute gespart haben!" In der dritten Nacht auf dem Camp schauten wir in die klare Nacht hinaus und erfreuten uns am grossartigen Sternenhimmel.
Vom Monument Valley machten wir uns auf den Weg Richtung Grand Canyon National Park. Darüber berichten wir im nächsten Monat. Der folgende Satz von H.D. Thoreau traf diesem Monat auf uns wahrlich zu:
"Am wahrsten leben wir, wenn wir in unseren Träumen wach sind."

Regenbogen im Monument Valley am späten Abend

 

zurück