Reisebericht Brasilien

01. - 28.02.2015 Fortaleza - Olinda - Nationalpark Chapada Diamantina - Brasília
Von Belém über São Luis  nach Fortaleza
Von unserem Dschungelhäuschen im Regenwald nehmen wir nur ungern Abschied. Wir fahren nach Süd-Osten und mit jedem Kilo- meter entfernt sich das Amazonasgebiet. Schade! Im Bundesstaat Maranhão sehen wir die grossen Babaçu-Palmen. Aus deren Samen wird ein Öl gepresst, das in der Kosmetik, Seifen und industriellen Schmierfetten Verwendung findet. Aus den Stämmen werden auf dem Lande Hütten gebaut und die grossen Blätter dienen als Dachabdeckung. Die Strecke bis nach Alcântara war geprägt von einer Trockenvegetation.
Die Fähre bringt uns in zwei Stun- den auf die Halbinsel, wo die grosse Stadt Sâo Luis liegt. Für die grosse Plantagenbewirtschaftung wurden hier früher in die Stadt tausende afrikanische Sklaven verschleppt. Wir spazieren durch die autofreie Altstadt und bestaunen die vielen portugiesischen Kolonialhäuser. São Luis war früher eine reiche Stadt.  Geschnitzte Holztüren, Balkone mit schmiedeeisernen Geländern und die kunstvoll gemusterten, blauen Azulejos (Kacheln) zeugen noch heute vom Reichtum. Die wohlhabende Stadt gehörte zu den ersten, die beleuchtende und asphaltierte Strassen erhielt.
Fortaleza – für einmal direkt am Strand
Vom kleinen Hotel sind es nur ein paar Schritte zum Atlantik. Der Camper steht auf einem bewachten Parkplatz nur ein paar Meter entfernt. Ein Glücksfall!  Wir geniessen die kühle  Meeresbrise und bummeln mehrmals gegen Abend auf der belebten Av. Beira-Mar dem langen Strand entlang. Ein kleiner Vorgeschmack für die Copacabana. Die zahlreichen Hotel- und Residenz-Hochhäuser an der Praia de Meireles sind für uns nicht gerade der Ort um lange zu bleiben. Die Skylight  erinnert uns an Italien oder Spanien, nur alles ein wenig grösser, höher, länger, ganz der Landesgrösse entsprechend.
Fortaleza hat ca. 2,5 Mio. Einwohner und gehört zu den meistbe- suchten Städten Brasiliens. Bei einbrechender Dunkelheit erwachen die vielen kleinen Verkaufsstände mit Kunsthandwerk aus der Gegend, fein gearbeitete Spitzen und Stickereien und Souvenirs, in kaum überblickbarer Zahl. Der Strand füllt sich mit Leben. Die zahl- reichen Strandkneipen locken mit ihren Menuekarten die Touris in ihren Palmengarten. Auf dem breiten Sandstrand bieten Dutzende von Sportclubs ihr tägliches Fitnessprogramm an. Das Feld wir abgesteckt, die nötigen Sporthilfsmittel im Sand aufgestellt, die Musik wird aufgedreht, und schon beginnt das Fitnessprogramm für Jedermann. Jung und Alt mühen sich ab, ihre überflüssigen Kilos los zu werden. Es braucht keine Turnhalle, kein Fitness-Studio, der Strand von Fortaleza verwandelt sich jeden Abend in eine Sportarena über einige hundert Meter. Der Meer-Wasserqualität am Strand dieser Grossstadt trauen wir nicht. Obwohl viele Einheimische baden, ist das Meer durch Abwässer entsprechend belastet. Kleine Strände mit kristallklarem Wasser ziehen wir vor.
Der Stadtrundgang bietet ein paar Sehenswürdigkeiten, wobei uns das Stadttheater „José de Alencar“ aus dem Jahre 1910 besonders ins Auge Sticht. In der Innenstadt spazieren wir durch die schmalen Gassen, wo die kleinen Läden und Geschäfte in endloser Zahl ihre Produkte und Dienstleistung anbieten. Ein moderner Coiffeur-Salon fällt uns auf. Ein Besuch ist prüfenswert. Eine Stunde später sitzen wir vor dem Spiegel und lassen uns die Haare waschen, schneiden und strand- und klimagerecht stylen. Die Kosten für beide Frisuren 35 Reales (SFR 14.-) plus für den „Cabeleireiro“ noch ein Trinkgeld. Nun können wir uns wieder an der Praia zeigen, die Kleider sind Nebensache, man zeigt möglichst viel Haut!
Südlich von João Pessoa, in der Nähe vom Punta  do Seixas, finden wir einen schönen Strand samt Campingplatz. Sauberes Wasser und kaum Touristen sind das Marken- zeichen, dafür kein Nachtleben. Ca. 150 km südlich liegt eine der wichtigsten Barockstädte des Landes, Olinda. Im 17. Jahrhundert war die Kleinstadt Olinda die Wiege der brasilianischen Kultur. Die Bildhauerkunst, die Malerei, die Literatur und das Theater standen in der Blütezeit, als die heutige Millionenstadt Recife nebenan noch ein kleines Fischerdorf war. Das historische Zentrum besitzt 22 Kir- chen, 11 Kapellen und viele zweigeschossige Villen mit maurischen Balkonen und portugiesischen Azulejos (Kacheln). Das Museum unter freiem Himmel ist Weltkulturerbe und trägt den Titel „Kulturhauptstadt Brasiliens“. Die steilansteigenden Kopfsteinpflaster-Gassen muss man zu Fuss ersteigen. Was hier einst die reichen Plantagenbesitzer an Kirchen und Palästen erbauten, gibt einen faszinierenden, aber auch einen nachdenklichen Einblick in die Kolonialzeit.
Das Land Brasilien ist gross – sehr gross!
Für 100 km sind auf unserer Brasilienkarte gerade mal 25 mm eingezeichnet. Würde man im gleichen Massstab die Schweiz darstellen, hätte die Strassenkarte ungefähr eine Grösse von 10 x 5 cm. Tja, zum Vergleich, unsere Brasilien-Strassenkarte hat eine Grösse von 100 x 70 cm und ist beidseitige bedruckt. Erst wenn man mit dem Fahrzeug unterwegs ist, werden die riesigen Distanzen greifbar. Schauen wir am Abend auf unsere Strassenkarte, haben wir oft den Eindruck, dass wir uns in diesem grossen Land kaum bewegt haben. Im Durchschnitt schaffen wir pro Stunde zwischen 50 und 60 Kilometer auf den Hauptrouten in ländlicher Gegend. Die Strassen, oft auch mit vielen Schlaglöchern, und in den Dörfern und Städten mit unzähligen „Lombadas“ bestückt, lassen kaum eine schnellere Fahrt zu. Diese Achsbrecher, Lombadas oder Quebra mola genannt, sind Betonschwellen, die quer zur Fahrbahn ange- ordnet sind. Um die Lombadas schadlos zu überqueren, müssen wir praktisch anhalten und im ersten Gang langsam darüber fahren. Normalerweise werden diese Betonschwellen mit 3 bis 5 Warnschildern angekündigt. Oft tauchen sie aber in ländlicher Gegend unverhofft, auch ohne einen Warnhinweis, auf, was sehr gefährlich ist. Oft sehen wir neuere Fahrzeuge, die die Lombadas ein wenig diagonal queren, damit sie das Fahrzeug auf der Unterseite nicht beschädigen.  Je nach Dorf und Strasse liegen diese Schwellen  nur 80 – 100 m auseinander. An diesen Stellen kommt dann der Strassenverkehr zum Stillstand und die Einheimischen  stehen auf der Strasse und bieten Getränke, Lebensmittel und andere Produkte zum Verkauf an.
Unterwegs in den Grossstädten
Ob São Luis, Teresina, Fortaleza, João Pessoa oder Olinda, alle diese grösseren Orte sind im Stadtzentrum an einem Werktag „zugemüllt“ mit Autos. Gelangt man nach grossem Zeitaufwand ins kleine  historische Zentrum, lässt sich meist kein Parkplatz finden. Manchmal finden wir einen be- wachten, ummauerten Parkplatz, wo wir das Auto sicher abstellen können, doch sehr oft ist die Einfahrtshöhe auf knapp 2 m beschränkt. Besonders auffallend, über den Mauern der Häuser, Hotels, Restaurants, Läden oder Parkplätzen, ist ein Elektrozaun von zirka  60 - 100 cm Höhe montiert. In der Längsrichtung sind 4 bis 6 Elektrodrähte gespannt, die die Diebe und Einbrecher abhalten sollen. Dadurch verstärkt sich der Eindruck für uns, dass wir in einer unsicheren Gegend unterwegs sind. Tja, wenn wir dann ganze Strassen und Gassen voll mit Elektrozäunen über den Mauern erblicken, wird es Zeit, auch den bekannten Orten den Rücken zu kehren.
Unterwegs auf dem Lande
In allen besuchten Ländern Südamerikas haben wir ausserhalb den Städten in der freien Natur über- nachtet. Viele der traumhaften Übernachtungsplätze bleiben unvergesslich. Hier in Brasilien sind wir vor- sichtiger geworden. Meist suchen wir gegen Abend eine sehr grosse Überlandtankstelle. Diese sind 24 Stunden offen und bieten eine gute und sichere Übernachtungsmöglichkeit. Oft stehen 20 - 40 gros- se Lastwagen, auch Sondertransportfahrzeuge,  auf dem riesigen, beleuchteten Parkplatz und wir stellen uns irgendwo dazwischen. Dann interessieren sich die Chauffeure für unseren Camper, und wir können einer ruhigen, sicheren  Nacht entgegenblicken. Die grossen Tankstellen haben ein Restau- rant, ein Tankstellen-Shop, Internet und für alle Gäste wichtig, WC und Duschen. Der Ausbau der Infrastruktur an den grossen Tankstellen hängt meist mit derem Jahrgang zusammen. Neuere Tankstellen wirken mit entsprechendem Reinigungspersonal sehr sauber und gepflegt, oft besser als ein kleines Hotel. Mit wenigen Ausnahmen sind die Tankstellen-Übernachtungsplätze gratis. An einigen Orten werden 2-3 Reales (ca. SFR 0.65.- bis 1.-) für die Duschen verlangt, für die Frauen sind die „banheiro“ meist gratis. So geniessen wir immer am Morgen und am Abend eine angenehme kalte Dusche in dem warmen Tropenklima. Besonders willkommen ist für uns an vielen Tankstellen das gekühlte und gefilterte Trinkwasser. Je nach Bedarf füllen wir unseren Wassertank im Camper auf. Morgens um 6 Uhr machen sich die ersten Chauffeure auf den Weg, dann wird es für uns Zeit zum Aufstehen.  
Nationalpark Chapada Diamantina – Lençóis, ein Zeugnis der Vergangenheit
Der Nationalpark ist eine grosse, schluchtartige Gebirgs- landschaft  mit zahlreichen Tafelbergen, Wasserfällen, Seen und Tropfsteinhöhlen.  Es wird empfohlen die Wanderrouten zu den Sehenswürdigkeiten nur mit einem ortskundigen Führer zu begehen. Es gibt keine Karten und die Wander- wege sind nicht gekennzeichnet. In diesem unübersicht- lichen, mit Wald bewachsenen Gelände, hat man ohne Kartenmaterial keine Chance den Rückweg zu finden. Hinzu kommen die grossen Distanzen und es fehlen jegliche Zeitangaben. Auf Tageswanderungen immer einen Begleiter im Schlepptau zu haben, der nur portugiesisch spricht, ist nicht unser Ding.
Noch weniger können wir uns für den Tourbus begeistern, der die Besucher über Stunden zu zwei, drei Sehenswürdigkeiten karrt. So besichtigen wir das kleine Städtchen Lençóis, das einst im Zentrum des Diamantenbooms stand. Als man 1820 südlich von Lençóis die ersten Diamanten entdeckte, kamen mit der Zeit viele Diamantenschürfer in die Region. Als wir später Richtung Süden weiterfahren, sehen wir an einigen Orten eine umge- pflügte, hügelige Landschaft, wo die Schürfer am Werk waren. Der Reichtum bescherte dem kleinen Dorf einen ge- wissen Wohlstand. Kleinere Paläste und Gebäude, eine Brücke über den Rio Lençóis, die mächtige Markthalle sowie ein paar schöne, schmale, steinge- pflasterte Gassen schmücken heute noch den denkmalgeschützten Ort. Die Diamanten-Boom-Jahre waren von kurzer Dauer. Nach 25 Jahren war die Region ausgebeutet und Lençóis wurde uninteressant. Erst als man im Jahr 1985 den Nationalpark schuf, blühte das Städtchen wieder auf. Der Ort ist sehr sauber, gemütlich und lebt heute vorwiegend vom Tourismus.
Unterwegs zur Hauptstadt Brasília
Wo werde ich meine Nierensteine los?
Nein, wir dürfen uns nicht beklagen.  4 ½  Jahre durften wir bei bes- ter Gesundheit ein kleines Stück der grossen Welt entdecken. Von anderen Reisenden haben wir immer wieder Ereignisse und Ge- schichten gehört, deren Gesundheit zur Unterbrechung oder gar Abbruch der Reise führte. Nun sind wir in der Hauptstadt Brasília mit einem blauen Auge davongekommen!  Nach dem Besuch des Nationalparks Chapada Dimantina, wo die Umgebung des Städt- chens Lençóis uns ein Stück der grossen Gebirgslandschaft  präsentierte, war unser nächstes Reiseziel die Stadt Brasília. Noch drei Tagesetappen entfernt, näherten wir uns auf guten, aber auch auf sehr schlechten, Schlagloch-Asphaltstrassen der Hauptstadt. Tja, wenn die Autobusse und Lastwagen den grossen, tiefen Schlaglöchern ausweichen, brauchen sie die ganze Strassenbreite. Diesmal geht es nicht um kleine Vertiefungen, sondern echte Löcher von einem Quadratmeter Grösse und zwischen 10 und 15 cm Tiefe. So reihten wir uns in den schlangenförmigen Verkehr ein und zählten die Kilometer auf der Hauptroute.
Zirka 230 Kilometer vor Brasília machten sich seit Jahren wieder meine Nierensteine bemerkbar. Vor über 20 Jahren, so erinnern wir uns,  war es das letzte Mal. Wir mussten ein paar zusätzliche Zwischenstopps einlegen, um die Schmerzen in Grenzen zu halten. Um 17 Uhr erreichten wir die Stadt, wo uns das grosse, mehrspurige Strassennetz überraschte. Fast leere Strassen, keine Staus, nein,  keine Stadt  die mit Autos „zugemüllt“ ist! Mitten im Zentrum, ganz in der Nähe vom „Torre de Televisão“ (Fernsehturm), stellen wir unser Fahrzeug auf dem Hotel- parkplatz „Bitter Inn“ ab.
Wir konnten gerade noch unser Hotelzimmer beziehen, als die Schmerzen unerträglich wurden. Um 18 Uhr brauste das Taxi innert  5 Minuten zum nächstgelegenen Spital, wo wir bei der Anmeldung den Zettel mit der Aufschrift „cálculo  renal“ (Nierenstein)  unter der Glasscheibe durchstossen. Kurz nach den Anmeldeformalitäten bekam ich eine Infusion mit Schmerz- linderung. Eine junge Ärztin empfahl uns morgen in die Klinik Prontonorte zu gehen und eine „Tomografia“ zu machen. Die schmerzfreie Nacht im Hotel wusste ich zu schätzen,  doch am frühen Morgen brachten mich die Nierensteine erneut in ein Schmerzdelirium. Mit dem Taxi fuhren wir quer durch die Stadt in die empfohlene Klinik.
Das Anmeldeprozedere wiederholte sich. Auch hier wollten sie den Namen meiner Mutter in das PC-Programm eintippen. „Johanna“, erklärten wir den freundlichen Angestellten und fügten hinzu, dass sie schon viele Jahre in Frieden auf dem „Cemitério“ ruht. Ein Lachen auf ihren Gesichtern gab uns zu verstehen, dass sie unser Portugiesisch verstanden haben. Auf Regines Nachfrage, warum der Name meiner Mutter so wichtig sei, kam die Antwort prompt. „Das PC-Programm verlangt den Namen“, sonst könne die Anmeldung nicht erfolgen, wurden wir informiert. Alles klar!   
Diese Klinik stufen wir ein paar Sterne höher ein, als die von gestern Abend. Nach ca. 10 Minuten lag ich auf dem fahr- baren Untersatz, vor mir eine moderne, kreisrunde Röntgen-Einrichtung. Mit ganz wenigen Ausnahmen können die Spitalangestellten nur portugiesisch. Nun es gibt ja auch noch die Zeichensprache. Ein Finger  bedeutet einatmen, Luft anhalten, zwei Finger  bedeuten ausatmen!  Nach der Verabreichung vom  Kontrastmittel blicke ich zum Büro, wo der Röntgen-Spezialist hinter einer Glasscheibe am Bild- schirm sitzt. Er hebt einen Finger, ich atme ein, halte die Luft an, und der fahrbare Untersatz setzt sich in Bewegung und schiebt mich in die Apparatur. Den ganzen Vorgang führt er vier Mal durch. Beim letzten Umgang lacht der Röntgen-Spezialist  mir entgegen, er ist zufrieden. Hat er den Übeltäter in meinem Körper entdeckt?  
Nun erhalte ich wieder eine schmerzlindernde Infusion und warte auf die „Tomografia computadorizada do abdome total, informação clínica“. Warten ist angesagt. Wir sind nicht die einzigen Patienten. Das Schmerzmittel macht es erträglich. Um 15 Uhr kommt Dr. Sidney de Castro Abreu mit einer Skizze in der Hand und erklärt uns in perfektem Englisch mein Problem. Zwischen Niere und Blase blockiert ein 8 mm grosser Stein die „Leitung“. Auf der Skizze hat er die Position des Steines exakt eingezeichnet. Dieser Stein ist zu gross, er muss zertrümmert werden. Ok, wir haben begriffen. Wie geht es weiter, war unsere Frage an den Facharzt. Neben der Röntgen-Klinik liegt das topmoderne Hospital Santa Helena. Dr. Sidney de Castro Abreu erklärt uns, dass er gegen Abend im Hospital Santa Helena den Stein entfernen wird, und ich eine Nacht zur Kontrolle im Spital bleiben muss.
Eine junge Pflegefachfrau begleitete uns zur 200 m entfernten Klinik und regelte mit den Papieren vom Arzt die Anmeldung. Eine Stunde später lag ich im OP und  Dr. Sidney und ein anderer Arzt begrüssten mich freundlich. Ein paar Minuten später lag ich im Reich der Träume und wachte erst zweieinhalb Stunden später wieder auf. In der Zwischenzeit zeigte Dr. Sidney Regine einen kurzen Film auf seinem iPhone über die Steinentfernung. Im Hospital verbrachte ich dann eine ruhige Nacht. Nach dem Früh- stück erkundigte sich Dr. Sidney über meinen Gesundheits- zustand. 15 Minuten später verliessen wir das Hospital Santa Helena, absolut schmerzfrei! Einen grossen Dank an Dr. Sidney  de Castro Abreu für die grossartige Betreuung und Hilfe. In ein paar Tagen will er noch den Katheter entfernen und wir dürfen unsere Reise fortsetzen. Tja, wir hatten Glück!
Brasília – eine Stadt die ihre Architektur wie Schmuckstücke präsentiert und das Grün dominiert!
Wir haben ausreichend Zeit um die Stadt zu entdecken. Meist sind wir zu Fuss unterwegs, um die interessanten Sehenswürdigkeiten zu besuchen. Nicht nur die Handschrift des grossen Architekten Oscar Niemeyer beeindruckt uns. Diese Stadt ist nicht über Jahrhunderte natürlich gewach- sen. Sie wurde auf dem Reissbrett entworfen, als in den 1950-Jahren das Auto immer beliebter wurde. Noch nie sind wir durch eine „automobilfreundlichere“ Stadt kreuz und quer gefahren. Nicht dass es hier keinen öffentlichen Ver- kehr gibt, im Gegenteil. Die vielen Busse transportieren pausenlos Fahrgäste, jedoch meist auf einer separaten Spur. Was einmal für ca. 500'000 Menschen konzipiert wurde, funktioniert  auch heute noch verkehrstechnisch.  Im April dieses Jahres wird Brasília 55 Jahre alt und mit gut 2,6 Millionen Ein- wohnern dominiert immer noch das Grün im Zentrum.  
Am Stadtrand sieht es anders aus, wie fast überall in den Grossstädten. An den Bauarbeiten, die im 1957 begannen, arbeiteten bis zu 30'000 Arbeiter. Am 21. April 1960 konnte die Stadt eingeweiht werden. Dass heute noch täglich viele Touristen aus aller Welt nach Brasília pilgern, hat seinen Grund. Es ist die einzige futuristisch wirkende Hauptstadt der Erde. Die modernen Betonbauten der 1960-Jahre wirken auch heute noch wie ein Touristenmagnet. Heimelige Gassen, schmucke Plätze oder Fussgängerzonen sucht man hier vergebens. Es sind die eindrucksvollen, futuristischen Betonbauten der damaligen Zeit von Oscar Niemeyer und anderen Architekten.
Nachdem wir die Bauten vom „Congresso National“, be- stehend aus zwei Bürotürmen,  die oben offen erscheinende Schale (Câmara dos Deputados Abgeordnetenhaus) und die kleinere Kuppel (Senado Federal) von aussen besichtigt haben, besuchen wir mit einer Führung die Gebäude innen. Was sich von aussen nur mit konvexen und konkaven Linien präsentiert, ist innen reich geschmückt. Wir konnten nur im Abgeordnetenhaus fotografieren, da im Senado Federal Politiker anwesend waren. Die von aussen klein wirkende Kuppel ist innen reich verziert und schmuckvoll ausge- stattet.

Längere Zeit verbrachten wir in der „Catedral Metropoli- tana“. Ungewöhnlich der kreisrunde Grundriss der Kirche. Durch einen unterirdischen Zugang gelangt man ins Innere der Kirche. Die dominierenden, farbigen Glasfenster zwischen den eleganten, geschwungenen Betonpfeilern sind eine Augenweide. Wie eine Krone wirkt die Dach- konstruktion, von der drei grosse, abgehängte Engel fast frei in der Luft schweben. Was von aussen eher klein erscheint, wirkt im Innern wirklich gross. Der Raum bietet Platz für 4‘000 Menschen. Weder Kirche noch Glockenturm erinnern an eine Kathedrale, doch der grosse Raum lädt ein zur stillen Einkehr.
Auf der linken Seite des Praça dos Três Poderes (Platz der drei Gewalten) können wir den Palácio do Planalto (Amtssitz des brasilianischen Präsidenten) nur von aussen besichtigen. Die strengen Wachen in Uniform lassen keine Besucher ins Gebäude. Auf der rechten Seite vom Platz bestaunen wir das moderne Gebäude des Obersten Bundes- gerichts, des Supremo Tribunal Federal. Auch hier haben Touristen keinen Zutritt, verständlich! Mitten auf dem grossen Platz zwischen den weit auseinanderstehenden  Gebäuden dürfen wir dafür die zwei 8 Meter hohen Bronze-Skulpturen von Bruno Giorgi anfassen. Sie ehren die früheren Bauarbeiter der Stadt und symbolisieren Verbun- denheit. Der 108 Meter hohe Fahnenmast ganz in der Nähe kann man nicht übersehen. Die grosse Staatsflagge hat ein beachtliches Ausmass: 20 x 14,3 Meter, passend zum grossen Land!  Wenn der Präsident anwesend ist, wird die Nationalflagge gehisst.
Tja, da gibt es noch viele weitere interessante Bauten, die alle eines gemeinsam haben. Sie werden dem Betrachter wie ein Schmuckstück präsentiert, stehen frei in einer grossflächigen Umgebung und haben interessante Formen. Da kann der Karneval von Brasília kaum mitreden. Fast ein bisschen fantasielos, langweilig und kaum erwähnenswert ziehen in dieser  Woche zwei kleinere Umzüge durch die Stadt. Für den Karneval in Rio de Janeiro sind wir zu spät dran. Rio liegt noch weit entfernt!



Nach so viel Architektur besuchen wir am Stadtrand von Brasília den Parque Nacional de Brasília. Das mit Quellwasser gefüllte grosse Schwimmbecken lassen wir links liegen und machen einen grös- seren Rundgang durch den Dschungel. Die Ameisenbären und die Gürteltiere liessen sich nicht blicken. Doch hoch in den Bäumen entdeckten wir eine grössere Gruppe Gehaubter Kapuzineraffen. Verspielt springen sie von Baum zu Baum, hängen mit ihrem Greifschwanz in der Luft und suchen Bäume und  Äste mit Blüten, Knospen und Früchten.

Nach 6 Tagen wird es Zeit für meine Nachkontrolle bei Dr. Sidney de Castro Abreu. Er entfernt den Katheter ambulant und meint mit einem Lachen: „Walter, you have now no stones!“ Er wünscht uns noch viele schöne Reisetage in Brasilien und wir verabschieden uns herzlich von ihm. Muito obrigado Dr. Sidney!  Mit dem Einblick in drei Krankenhäuser in der Stadt Brasília sind wir eine Reiseerfahrung reicher geworden und mit einem blauen Auge davongekommen.
Wir verabschieden uns auch von der freundlichen Hotel-Crew  „Bittar Inn“. Das gepflegte, einfache Hotel mitten im Zentrum verlangte 135 Reales (SFR 44.-) für das Doppelzimmer mit WC/Dusche und einem Frühstücksbuffet. Der Parkplatz für unser Fahrzeug war direkt vor dem Hoteleingang und somit gut bewacht. Tja, die Stadt Brasília werden wir nicht so schnell vergessen. Nun sind wir unterwegs Richtung Rio de Janeiro.
Schon wieder eine neue Stimme?
Eben haben wir uns an die charmante Navigationssprecherin gewöhnt, die uns  mit ihren Anweisungen durch die grossen Städte mit bester Zufriedenheit und Humor führte, da war sie schon wieder verschwunden. Wo war die vertraute Stimme? Regine hat sie heim- lich ausgewechselt. Zur Abwechslung mal einen Mann als Sprecher, meinte sie kühl. Versuchen wir es doch. Schon bei den einfachen Strassen-Anweisungen meldet sich jetzt die Stimme: „Schön wär’s, wenn sie zur markierten Route fahren.“ Ob wir durch eine Millionenstadt oder durch ein kleines Dorf fahren, der neue Sprecher macht seine Sache gut. Wenn er arbeitslos ist, meldet er sich unerwartet zu Wort: „Es ist langweilig, redet jemand mit mir“, meint er dann ganz schelmisch. Wir blicken in den blauen Himmel und prompt erwacht seine Stimme: “Zu dem Wetter heute muss man glaub ich nichts sagen, oder?“ Tja, der Mann ist kreativ und hat Humor. „Ich meld mich nur mal nicht, wenn sich was tut, sag ich schon Bescheid.“ Sind wir flott unterwegs, meint er: „Es ist alles in Ordnung.“ Und ab und zu macht er ein Kompliment an den Fahrer und sagt: „Es macht echt Spass mit ihnen zu fahren!“
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