Reisebericht Namibia

01.03. - 02.04.2020  Vioolsdrif - Fish River Canyon NP - Keetmanshoop - Lüderritz - Sesriem -
                                      Namib Naukluft Park - Sossusvlei - Walvis Bay - Cape Cross - Etosha NP -
                                      Tsumeb (Kupferquelle Resort) - Windhoek

Der Monat März war geprägt von den Namibischen Wüsten und einer ungewöhnlichen Rückreise
Grenzübertritt Südafrika – Namibia
Als wir gegen Ende Februar den Grenzübertritt zu Namibia mach- ten, kontrollierte eine Beamtin unsere Körpertemperatur. Alles war gut und wir konnten die Pass- und Zollformalitäten problem- los  erledigen. Wir erhalten ein 90-Tag Visum, müssen aber dann auch unseren Camper wieder nach Südafrika zurückfahren. So werden wir, wenn alles gut geht, unser Fahrzeug später in Johannesburg einstellen. Am Grenzübergang in Vioolsdrif hatte es nur wenige Fahrzeuge und fast kein Verkehr.
Wir fahren in den Norden nach Grünau, ein ganz kleiner Ort mit Tankstelle, Takeaway und Campingplatz. Tags darauf fahren wir zu den Canyon Mountains und besuchen Ai-Ais, ein grosses Rast- lager am Fish River. Lodge, Restaurant, Schwimmbad und ein grosser Campingplatz sind sehr grosszügig angeordnet. Der Grund für die Entstehung von Ai-Ais, das in der Wüste liegt, ist eine ergiebige Thermalquelle. „Ai-Ais“ kommt aus dem Khoikhoi und heisst „kochend heiss“. Das 60 Grad heisse Wasser soll ge- gen Rheuma helfen. Es wird auf ein erträgliches Mass herunter- gekühlt, so dass wir trotz der hohen Lufttemperatur ein „kühles“ Bad nehmen.
Die roten Berge in der Umgebung und die auf den Bäumen herum- kletterten Paviane geben unserem Badegenuss eine besondere Note. Am Nachmittag fahren wir auf einer staubigen Naturstrasse durch eine Wüstenlandschaft nach Hobas, wo wir unser nächstes Rastlager aufschlagen. Nun sind es noch 11 km bis zum gross- artigen, eindrücklichen Fish River Canyon. Nach dem Grand Canyon in den USA ist der Fish River Canyon der zweitgrösste der Welt. Wenn auch seine Dimensionen etwas kleiner sind, das gewaltige Schluchtenlabyrinth ist von erhabener Schönheit. Der Fish River Canyon ist 161 km lang und seine Tiefe auf die Hochebene variiert zwischen 450 und 550 m.
Wir besuchen die Aussichtsplattform bei Son- nenuntergang und am frühen Morgen bei Son- nenaufgang. Die steilen Uferböschungen aus dunklem Gestein leuchten bei tiefstehender Sonne besonders schön. Schade, dass man nicht gleich an der grossen Canyon Schlucht übernachten darf. Der Blick aus dem Camper in den dunklen Canyon  und in den prächtigen  Sternenhimmel, ohne Lichtverschmutzung, wäre kaum zu überbieten. Am nächsten Tag fahren wir noch bei Dunkelheit die 11 km lange, sehr schlechte Wellblechpiste zum Canyon. Beim Frühstück im Camper blicken wir aus dem Fenster und sehen den Horizont, der sich im zeitlupen- tempo rötlich verfärbt.
Als die ersten Sonnenstrahlen die Canyon Schlucht errei- chen, stehen wir mit anderen Besuchern an der Kante und bewundern  das Naturschauspiel. Im Minutentakt werden die gewaltigen Canyon-Felswände immer tiefer angestrahlt  und leuchten in den unterschiedlichsten Farben. Als die Sonnenstrahlen den Canyon-Boden erreichen, erstrahlt das ganze Flusslabyrinth in der ganzen Pracht.
 
Von Hobas reisen wir weiter durch den Gondwana Nature Park nach Norden und machen einen Zwischenstopp am Naute Damm. Auf die 40 m hohe und über 450 m lange Staumauer können wir nicht fahren, die Einfahrtstore sind geschlossen. Der drittgrösste Damm Namibias staut den Löwenfluss und versorgt die Stadt Keetmanshoop. 20 km nordöstlich der Stadt besuchen wir ein kleines Gebiet, wo der Köcherbaum sich zahlreich ausgebreitet hat.
Seinen Namen bekam der Baum, weil die San ihre Pfeilköcher aus seinen Ästen fertigten, indem sie den faserigen, schwam- migen Inhalt herausholten. Der Köcherbaum bevorzugt heisse, trockene Felslandschaft. Er übersteht auch mehrere aufein- anderfolgende Dürreperioden und kann bis zu 300 Jahre alt werden. Erst im Alter von 20 – 30 Jahren blühen die Köcher- bäume das erste Mal. Steht die Sonne tief am Horizont, gibt die rissige Rinde ein schönes Fotomotiv. Von Keetmanshoop fahren wir auf der B4 Richtung Westen nach Lüderitz.
Lüderitz
Das Wahrzeichen von Lüderitz ist die Felsen- kirche. Auf einem Felsenberg steht der imposante Bau seit über 108 Jahren. Der Ausblick auf die Stadt und das Meer ist sehr schön. Auf Shark Island liegt der Campingplatz auf einem Hügel, wo wir auf drei Seiten vom Meer umgeben sind. Die Stadt hat eine interessante Geschichte, geprägt unter anderem auch von den Diamanten von Kolmannskuppe. Wir machen eine kleine Reise in die Vergangenheit und besuchen die Ghost Town ausserhalb Lüderitz.
Kolmanskop Ghost Town
Im Jahre 1908 wurde in dieser Umgebung der erste Diamant entdeckt. In den Unterlagen lesen wir, dass der Eisenbahnarbeiter Zach- arias Lewala der Stein gefunden hat, und ihn dem Oberbahnmeister August Stauch über- geben hat. Dieser liess den Stein heimlich überprüfen und erhielt später die Bestätigung, dass er wirklich einen Diamanten in den Hän- den hielt. Stauch erwarb die ersten Schürfrechte  und steckte als Erster seine Felder ab. Damit löste er den grossen Diamantrausch aus, und Kolmannskuppe entwickelte sich schnell zu einer kleinen Stadt. Sie wurde zu jener Zeit auch die „reichste Stadt der Welt“ genannt.
Vor dem Ersten Weltkrieg wurden in diesem Gebiet über 1'000 kg Diamanten gefördert, das entspricht etwa 5'000'000 Karat. Der Ansturm von Schürfern, Handwerkern und Geschäftsleuten ent- fachte auch in der Lüderitzbucht einen ungewohnten Aufschwung der Bautätigkeit. Hotels und Bars erzielten gute Umsätze. Die meisten Häuser die wir sehen, entstanden in den Jahren 1908 – 1910. In der Blütezeit, in den späten 20er Jahren, hatte Kolmanns- kuppe ca. 300 erwachsene Einwohner und 44 Kinder besuchten eine Schule, die im Jahr 1928 bis zur 5. Klasse führte. Ferner waren etwa 800 ungelernte Arbeiter aus dem Norden des Landes angestellt.
Der Boom löste einen Wohlstand aus, dass schon damals die Frei- zeitbeschäftigung wichtig war. Neben einem Restaurant, einer Bar und einer  Bibliothek gab es auch eine grosse Mehrzweckhalle. Diese wurde als Ballsaal, Turnhalle, Theater und auch als Kino  genutzt. Wir stehen in der grossen „Turnhalle“ mit Bühne und Vorhang, neben uns Barren, Pferd und andere Sportgeräte von damals. Uns kommt es vor als seien die Diamantenschürfer erst vor kurzer Zeit weggezogen. Die Mehrzweckhalle wurde 1927/28 in Deutschland vorgefertigt. Im unteren Stockwerk befinden sich zwei alte Kegelbahnen. Im Museum sind zahlreiche Fotos  und Schriftstücke (Anstellungsverträge, Briefe usw.) ausgestellt.
So lesen wir, dass ein Minenarbeiter, der ein Jahr in der Mine ge- arbeitet hat, zwei Wochen bezahlter Urlaub bekam. Dies bereits vor 100 Jahren! Im Jahre 1911 wurde der gesamte Betrieb und auch die Privathäuser mit elektrischem Strom versorgt. In der Minenstadt gab es eine mit Ammoniak  betriebene Eisfabrik. Jeder Haushalt bekam  täglich eine halbe Stange Eis für den Kühlschrank gratis geliefert. Auch ein grosser Kühlraum für das Fleisch ist bis heute erhalten geblieben. Häuser, Spital und die Gebäude der Laden- strasse sind noch sehr gut erhalten, da sie aus Stein sind. Die deutsche Minenstadt wurde für die damalige Zeit in guter Qualität gebaut. Eine elektrische Schmalspurbahn wurde bis ins Jahr 1940 genutzt. Im Jahre 1927 entdeckten Geologen am Nordufer der Mündung des Oranjeflusses neue Dia- mantenfelder. Sie liegen 250 km südlich von Lüderitz. Die dort gefundenen Diamanten waren wesentlich grösser im Vergleich zu den Diamanten in der Gegend von Kolmannskuppe. Im Jahre 1936 wur- de eine Mine bei Oranjemund eröffnet und die Zentralwäsche bei Kolmannskuppe  stillgelegt. Einige Jahre später wurden die Büros verlegt. Als 1956 das Lazarett und auch die Transportabteilung geschlos- sen wurden, verliessen auch die letzten Einwohner die Stadt. Von nun an stand alles leer und die kleine Stadt wurde zur Geisterstadt.
1980 wurde ein Nachtwächter angestellt, geführte Touren wurden erlaubt und es wurde mit der Renovierung begonnen. Auch die Wandmalereien, typisch für die damalige Zeit, wurden entsprechend restauriert. Die Möbel im Haus des Ladenpächters blieben damals zurück, da auch er seine Arbeit verloren hatte und er mit ihnen die Überfahrt nach Europa bezahlte. Diese Möbel schmücken heute wieder stilgerecht dieses Haus. Es dauerte aber noch bis zum Jahr 1990, dass auf Drängen vieler Nachkommen einstiger Angestellter dieser Ort als Touristenattraktion eröffnet wurde. Tja, da gäbe es noch sehr viel zu berichten. Besonders interessant sind die vielen Ausstellungsstücke in den Vitrinen, wo wir sehen, wie die Minen- arbeiter versucht haben, heimlich Diamanten für sich abzuzweigen. Die Verstecke in Körper, Kleider, Schuhe  und Werkzeugen kennt keine Grenzen.
Unterwegs nach Norden in die Tirasberge und zum  Naukluft NP
Von Lüderitz fahren wir zuerst nach Osten auf der B4. Nach dem kleinen Dorf „Aus“ nehmen wir die Naturstrasse C13 in den Nor- den, die in die Tirasberge nach Helmeringhausen und später nach Betta führt. Der Ort Betta besteht nur aus einer Tankstelle, Road- hous mit kleinem Laden und einem sehr schönen Campingplatz. Wir sind mitten in der Wüste. Wir übernachten  auf dem Camping- platz und erleben einen traumhaften Sonnenuntergang. An diesem Ort begegnen uns nur ganz wenige Autos und nach einbrechender Dunkelheit ist niemand mehr unterwegs. Nur 37 km von Betta entfernt, besuchen wir eine Fata Morgana, die sich aber als Schloss Duwisib präsentiert. Wer baut mitten in der Wüste in Namibia ein Schloss?
Schloss Duwisib
Die Geschichte ist auf einem Blatt A4 zusammen- gefasst. Wir können nur staunen, was man hier vor 110 Jahren gebaut hat. Der Deutsche Adelige Hans- heinrich von Wolf und seine Frau Jayata wählten Namibia als ihre neue Heimat. Mitte 1907 kamen sie in Windhoek an und kauften die Farm Duwisib vom Fiskus. Die Bauarbeiten für das Schloss begannen im Jahre 1908. Hansheinrich kaufte noch mehr Land bis die Farm 55'000 Hektar gross war. Hansheinrich war 36 Jahre alt, als sein Schloss 1909 fertig gebaut war.
Das Ehepaar lebte von 1909 bis 1914 im Schloss. Das gesamte Mobiliar liess er aus Deutschland kommen und mit Ochsenkarren in die Wüste bringen. Die Ausstattung im Schloss ist beeindruckend. Rittersaal, Innenhof, Herrenzimmer Bibliothek, Biedermeiersalon, nichts fehlte in diesem Herrenhaus. „Baron“ von Wolf züchtete Pferde aus Australien und England mit importierten Tieren. Er besass Herden von Wollschafen, welche von der Kapkolonie einge- führt wurden. Von Wolf beschäftigte sieben europäische Ange- stellte, die beim Farmgeschäft und Haushalt halfen. Das Schloss hat 22 Zimmer und erstreckt sich über 900 m2.
Italienische Steinmetze bearbeiteten die Steine auf der Bau- stelle. Zimmerleute aus Deutschland, Schweden und Belgien waren für die Holzarbeiten verantwortlich. Wenn man berück- sichtig, dass das Schloss innerhalb von zwei Jahren fertiggestellt wurde, und viel Baumaterial aus Europa über den Hafen von Lüderitzbucht und später mit Ochsenwagen über 300 km in die Wüste transportiert wurden, war das vor über hundert Jahren eine grosse Leistung. Heute kann man im Schloss übernachten oder hinter der Ritterburg auf dem Camping sein Zelt aufschlagen und von vergangenen Zeiten träumen.
Naukluft National Park
Von Betta aus führt uns eine rund 140 km lange Gravelroad durch die Wüste. Ein Teil der Strecke durchquert die Namib Rand Nature Reserve. Die Wüste verändert sich laufend, hinter jeder Kurve, hinter jedem Bergrücken verändert sich die Landschaft. Nur die beidseitig der Naturstrasse erstell- ten Weidezäune verraten, dass hier einsame Farmhäuser abseits der Strasse zuhause sind. Wir fragen uns, was hier in der Wüste die Tiere fressen?
Während wir durch die weite Wüstenlandschaft gemächlich reisen, begegnen wir einer grossen Schafherde mit einem Hirten. Wir halten an und kommen ins Gespräch. Er hütet  für den Besitzer etwa 250 Karakulschafe. Die Sonne brennt unbarmherzig auf den Wüsten- boden, für Mensch und Tier eine Herausforderung. Er fragt uns ob wir Wasser haben. Ich steige aus, öffne den Kühlschrank und überreiche ihm eine 2 Liter Flasche. Er strahlt über das ganze Gesicht. Wir dürfen ein Foto von ihm machen. Seine Frau und sein kleines Kind haben wir ein paar Kilometer vorher in einer Blechhütte gesehen. Tja, ein Familienleben in der einsamen Wüste, abseits jeder Zivilisation, wir können uns das kaum vorstellen.
Die Karakulschafe sind genügsam, ertragen grosse Hitze und Kälte. Für den Besitzer sind sie Gold wert. Besonders kostbar sind die Felle der Neugeborenen. Das Fell der Tiere ist nur kurze Zeit nach der Geburt für die Pelzproduktion verwendbar. So müssen die Karakulzüchter  spätestens 36 Stunden nach der Geburt  die Neugeborenen dem  Schlachter zuführen. Dann haben die Felle jenen strahlenden  Glanz und die weich fallende Locke, die so be- gehrt sind. Für einen modernen Damenmantel werden etwa 20 Felle benötigt. Die Karakulschafe sind aber auch gute Fleisch- lieferanten, sofern sie in der Wüste etwa zum Fressen finden. Eine kurze, aber eindrückliche Begegnung mit einem Schafhirten.
Die Piste führt jetzt etwa 70 km durch das Namib Rand Nature Reserve, wo beidseitig der Strasse die Weidezäune fehlen. So kann das Wild ungehindert die Landschaft durchqueren. Wir entdecken eine grössere Gruppe Oryx-Antilopen auf der linken Strassenseite und halten an. Die Tiere sind sehr scheu. Wir versuchen ein paar Fotos zu schiessen. Die kleine Herde ist immer in Bewegung und überquert später die Strasse vor uns. Es sind stark gebaute Tiere mit einem ausgeprägten Hals und Kopf. Die geraden Hörner werden durchschnittlich etwa 85 cm lang. Der braune Körper, der zum hellen Bauch hin mit einem schwarzen Streifen abgegrenzt wird und  die schwarze Farbe auf dem Nasenrücken, sind weitere Merkmale vom Gemsbock. Immer wenn wir Oryx-Antilopen sehen, ob nah oder fern, steigt unser Puls. Für ein gutes Foto müssen wir aber noch Geduld haben, diese Tiere sind sehr scheu.
Sossusvlei im Namib Naukluft Park
Gegen Abend  erreichen wir das Sesriem Camp im Park. Der kleine Ort ist das Eingangstor  zu den welt- bekannten Dünenbergen. Wir übernachten im Sesriem Camp, das zwar teuer ist (SFR 63.- zwei Personen Camping) aber den Vorteil hat, dass man am Morgen zu den Sanddünen eine Stunde früher losfahren kann. Tagwache um 4 Uhr. Um 4.45 stehen wir vor dem Tor, es ist stockfinster. Ein paar Fahr- zeuge warten mit uns. Pünktlich wird das Tor geöffnet und wir nehmen die 60 km lange Asphaltstrasse unter die Räder. Man darf nur mit 60 km/h fahren, aber durch die dunkle Wüste ist das für uns schnell genug. Um 5.45 Uhr stellen wir das Fahrzeug ab und nehmen den ersten Shuttlebus, der uns die letzten 4 km durch den tiefen weichen Sand bringt. Es braucht gute 4x4 Erfahrung um den wei- chen Sand zu bewältigen. Mitten auf der Strecke hat sich bereits ein erstes Fahrzeug eingegraben. Die Personen steigen um auf unseren Shuttlebus und geben dem Driver ihren Autoschlüssel. Sie werden später das Auto mit entsprechenden Mitteln herausholen.  Für diese 4 km muss man das 4x4 Fahren im tiefen Sand gut beherrschen und nie den Fuss vom Gas nehmen.
Als die Sonne langsam über den Horizont kommt, bin ich auf der Düne unterwegs. Noch nicht ganz oben, aber die Pano- ramasicht im Morgenlicht ist fantastisch. Die mächtigen Dünenberge erscheinen in der Morgensonne glühend rot. Sossusvlei ist die grosse Attraktion. Ein Vlei ist eine Senke, in der sich nach Regenfällen Wasser sammelt. Hier gibt es noch unberührte Schönheiten in der riesigen Wüstenland- schaft. Für den Aufstieg brauche ich etwa eine Stunde. Man geht direkt auf dem Grat hinauf. Mich faszinieren die vielen Spuren im Sand von den kleinen Wüstenbewohnern.
Krabbelspuren aller Art schmücken zierlich die feine Sandober- fläche. Der Abstieg geht rasant und einfacher. Mit dem Shuttle- bus geht es später wieder zurück zum Parkplatz, wo wir unter schattigen Bäumen in unserem Camper frühstücken. Wir ent- scheiden uns noch einen Tag länger im Sesriem Camp zu bleiben. Zu gewaltig sind die Eindrücke von der Dünenlandschaft. So stehen wir am nächsten Morgen wieder um 4.45 Uhr vor dem Tor. Jetzt fahren wir nur 45 km in die Wüste hinein und stellen unser Fahrzeug bei Parkplatz „Düne45“ ab. Noch ist es dunkel, für den Aufstieg auf die Düne45 reicht das Licht. Kleine Gruppen junger Leute sind bereits im Aufstieg.
Dieses Mal bin ich ganz oben, lange bevor die Sonne über den Horizont blickt. Ein unglaublich schönes Erlebnis!  An solchen Orten ist man nie allein. Das Fotoshooting kennt für die jungen Leute keine Grenzen, Sprünge und Selfies zu hunderten, endlos. Mich fasziniert die unberührte Dünen- landschaft, die sich beim Sonnenaufgang laufend ein biss- chen im Farbton verändert. Jetzt stehe ich zuvorderst auf dem Dünenkamm und vor mir gibt es keine Spuren von Touristen. Die Kamera klickt ein paar Mal in alle Richtungen, ein Selfie brauche ich nicht. Später, als die Sonne fingerdick über dem Horizont steht, mache ich noch weitere Fotos.
In der Zwischenzeit fotografiert Regine unten die schönen alten Bäume mit dem Hintergrund der Sanddüne. Ich laufe rassig den Dünenberg hinunter, ein feines Frühstück wartet auf mich. Am Nachmittag besuchen wir noch den Sesriem Canyon. Eine ein Kilometer lange Schucht, die etwa 30 m tief und sehr schmal ist. Leider hat die Schlucht viel Wasser und kann nicht durchquert werden. In der Hitze des Tages hätten wir gerne eine Abkühlung im Canyon genommen. Nun ist sie buchstäblich ins Wasser gefallen. Interessant ist auch der Name „Sesriem“. So lesen wir, dass man früher sechs aneinander geknüpfte Ochsenriemen benötigte um einen Wassereimer in die Schlucht hinabzusenken, um Wasser zu schöpfen. Sesriem Canyon heisst:  se(ch)sriem(en). Nur ungern verlassen wir den Namib Naukluft Park. Die schönen Dünen sind uns ans Herz gewachsen. Vielleicht kommen wir hier wieder einmal zurück.
Von Sesriem fahren wir auf der C19 nach Solitär, wo wir wieder übernachten. Es gibt eine Tankstelle, die Country Lodge und einen Campingplatz. Besonderes Highlight ist die Desert Bakery von Moose McGregors, der täglich frischen Apfelstrudel, Brot und Süssigkeiten herstellt. Seine Bäckerei in der Wüste ist gefragt. Touristen, aber auch die Tourbusse machen hier einen Zwischen- halt. Mitten in der Wüste eine Bäckerei zu führen und feine Back- waren herstellen, ist auch für uns eine Überraschung. Die ganze Strecke von Sesriem durch die Wüste nach Walvis Bay ist gut 300 km lang.  Auf den schlechten Wellblechpisten fahren wir langsam. Wir wollen keine Fahrzeugschäden. Nach dem Gaub- und Kuiseb-Pass geht es kurvenreich in den Kuiseb Canyon hinunter. Von dort führt uns die Strasse am nördlichen Ende des Namib-Naukluft Nationalpark entlang nach Walvis Bay.

Walvis Bay
Die drittgrösste Stadt Namibias hat etwa 30'000 Einwohner. Walvis Bay ist auch für seine vielen Vögel in der Lagune bekannt. Eine lange, sehr schöne Esplanade führt entlang der Lagune, wo wir verschiedene Seevögel und Flamingos sehen. Leider sind  sie weit weg, denn es ist Ebbe. Der flache, nasse Meeresboden kann man nicht betreten, er ist zu weich. Wir fahren der Waterfront entlang, wo Restaurants und Läden, aber auch sehr schöne Häuser direkt am Meer stehen. Nach einer Über- nachtung auf dem Langstrand Camping fahren wir weiter nach Swakop- mund.
Cape Cross und die Zwergpelzrobben
Wir fahren von Swakopmund etwa 115 km der Küste entlang nach Norden. Die „Salt Road“, deren Oberfläche aus einem Salz-Gips-Gemisch besteht, führt durch den Dorob Nationalpark. Eine ebene Wüstenlandschaft, die sehr oft in grauem Nebel gehüllt ist. Als wir am Nachmittag nach Norden unterwegs sind, zeigt sich dieser Küsten- abschnitt in einem „Novembernebel“ wie bei uns zu hause. Der Küsten- nebel ist ein meteorologisches Phänomen, das in erster Linie dem Benguela-Strom zu verdanken ist. Die graue Nebelbank steht wie eine graue Wand über dem Wüstensand und reicht vom Meer etwa 15 km ins Landesinnere.  
Als wir am Abend in Cape Cross ankommen, gibt es einen feinen Nieselregen aus der Nebelbank. Der Ort hat nur eine schöne grosse Lodge mit Campingplatz direkt am Meer. Einzelne  Häuser rund um das Hauptgebäude werden zurzeit frisch gestrichen.
Der erste Europäer, der je die Küste Namibias betrat, war der portugiesische Seefahrer Diego Cáo. Im Jahre 1488 errichtet er hier zu Ehren König Johannes I. von Portugal ein Kreuz. Seither nennt man das Kap „Cape Cross“ – Kreuzkap. Der Ort hat aber nicht nur eine geschichtliche Bedeutung. Hier lebt eine sehr grosse Kolonie der Zwergpelzrobben. Die Pelzrobbe ist auch bekannt als „Seelöwe“ oder Ohrenrobbe, im Gegensatz zu jener Robbenart, die keine Ohren hat. Robben halten sich das ganze Jahr über am Kreuzkap  auf. Obwohl ihre Zahl schwankt, leben in diesem Küstenabschnitt zwischen 60'000 und 100'000 Tiere. Direkt vor Beginn der Brunftzeit sind weniger Robben in der Kolonie, da die Jungen vom Vorjahr auf Nahrungssuche ins Meer hinaus schwimmen.
Ausserhalb der Paarungszeit sind kaum Bullen in der Kolonie zu sehen. Gegen Mitte Oktober kommen sie zurück, um ihr Territorien aufzusuchen und zu be- setzen. Ausgewachsene Bullen wiegen normaler- weise etwa 190 kg. Zu Beginn der Brunft haben sie so viele Nahrungsreserven aufgebaut, dass sie bis zu 360 kg schwer werden können. Später verbrauchen sie während der sechs Wochen, in denen sie ihre Territorien besetzen, verteidigen und den Kühen „den Hof machen“, die angesammelten Reserven wieder.
Ein paar Wochen nach den Bullen kommen auch die trächtigen Kühe an Land, um ein einziges Junges zu gebären. Zwischen fünf und fünfundzwanzig Kühe bilden den „Harem“ eines Bullen. Binnen einer Woche nach der Geburt wird die Mutter wieder von dem Bullen gedeckt. Eine Robbenkuh ist bis auf ein paar Tage nach der Geburt, das ganze Jahr hindurch trächtig. Die befruchtete Eizelle befindet sich jedoch während der ersten drei Monate in einer Ruhephase, ehe sie sich binnen neun Monaten voll entwickelt. Die meisten Jungen werden gegen Ende November oder Anfang Dezember geboren.
Ihr Geburtsgewicht beträgt 4,5 – 7 kg und ihre Pelze sind komplett schwarz. Bereits eine Stunde nach ihrer  Geburt beginnen die Jungen an ihrer Mutter zu säugen. Jede Kuh säugt nur ihr eigenes Junges und ist besonders stark mit diesem verbunden. Die Jungen werden fast ein Jahr lang von der Mutter gesäugt, obwohl sie im Alter von vier bis fünf Monaten auch festere Nahrung, wie kleine Fische und Schalentiere zu sich nehmen. Bereits mit sieben Monaten können die jungen Robben drei bis vier Tage lang in Wasser bleiben. Mehr als ein Drittel aller Robben sterben, bevor sie ausgewachsen sind. Die häufigsten Todesursachen sind: Frühgeburten, Verletzungen, wenn ein grösseres Tier auf ein Junges tritt, Ertrinken oder Verhungern, wenn die Kuh von ihrem Jungen getrennt wird oder stirbt. Der Pelz der Zwergrobbe hat eine dichte Schicht kurzer Haare, unter den längeren und gröberen Schutzhaaren. Während die obere Haarschicht im Wasser nass wird, bleiben die feinen Haare darunter trocken und bilden eine Isolierschicht. Auch die Fettschicht unter der Haut dient der Isolation, so dass die warmblütigen Robben, mit einer Körpertemperatur von 37 Grad, ohne weiteres für längere Zeit im kalten Wasser des Benguela Stroms (10 bis -15 Grad) bleiben können. Robben fressen täglich etwa 8 Prozent ihres eigenen Körpergewichts.
Tja, da gäbe es noch viel zu schreiben. Vor Ort erhalten wir sehr gute Infos über die grosse Robbenkolonie und ihre Lebensweise. Wir blicken über die vielen, unzähligen Tiere und staunen. Überall entdecken wir Jungtiere, die an der Mutter säugen. Den langen Holzplankenweg können wir nicht betreten, die Seelöwen haben ihn in Beschlag genommen. Wir blicken über tausende Seelöwen, dicht beieinander liegend oder aufgerichtet. Die graue Nebelwand der Küste entlang verhindert, dass wir das traumhafte Natur- spektakel in der Morgensonne fotografieren können. Ihre Kämpfe, das Röhren, Dösend und Schmusend,  bleiben uns noch lange in Erinnerung. Cape Cross ist wirklich einen Besuch wert!
Unterwegs nach Norden
Von Cape Cross fahren wir zurück nach Swakopmund. Wir machen eine kleine Stadtrundfahrt. Der Nebel hat sich noch nicht ganz  gelichtet, doch die schönen, restaurierten Häuser erstrahlen in neuem Glanz. Besonders beeindruckt hat uns der Bahnhof, aus dem Jahre 1901. Der Bahnhof mit seiner Grösse und den vielen Verzierungen gehört sicher zu den schönsten der Welt. Heute ist in diesem Gebäude ein Luxus-Hotel untergebracht, das aber keinen Campingplatz hat. Wir suchen in Swakopmund eine Buchhandlung auf. Wir wollen noch eine bessere Karte für Namibia kaufen, wo auch die vielen kleinen Naturstrassen eingezeichnet und detailliert beschrieben sind. Wir finden die älteste Buchhandlung (1911) in Namibia, man spricht deutsch und sie hat auch deutsche Bücher, Bildbände und vor allem gutes Kartenmaterial.
Von Swakopmund  fahren wir auf der B2 bis Okahandja. Dort führt die B1 direkt nach Norden nach Otjiwarongo. Von dort nehmen wir die C38 nach Outijo. Das kleine Städtchen ist für uns die letzte Versorgungsmöglichkeit für Lebensmittel. Wir kaufen einen guten Wochenvorrat ein und füllen unsere fünf 5 Liter Flaschen mit guten Trinkwasser auf. Man weiss ja nie!  110 Kilometer nördlich von Outijo erreichen wir den  Etosha Nationalpark.  Vom Ander- sson’s Gate geht es nochmals 15 Kilometer nordwärts, dann erreichen wir  am Mittag das Okaukuejo Camp, wo wir uns am Abend einrichten  und übernachten. In den Nationalparks Namibias muss man für jeden Tag eine Eintrittsgebühr bezahlen, es gibt keine Jahreskarte für die Nationalparks. Wir entscheiden uns für drei Übernachtungen (Okaukuejo-, Halali- und Namutoni-Camp). So starten wir unsere viertägige Safari-Pirsch im Südwesten der Etosha Pan (Salztonpfanne). Da es in den letzten Wochen viel geregnet hat, treffen wir auf eine Wüste in grün. Das Gras steht vieler Orts 50 cm hoch, bestückt mit gelben Blumen.  Aber auch mit schlechten Strassen, die noch vor kurzer Zeit gesperrt waren. Es gibt nur wenige Tourbusse, und die Touristenzahl geht merklich zurück. Das Coronavirus hat auch hier seine Auswirkungen. Wir lesen in der Zeitung, dass Touranbieter laufend Absagen erhalten. So sind die Camps nur bescheiden besetzt, eine Reservierung ist für uns nicht mehr nötig.
Etosha Nationalpark
Der Etosha Nationalpark erstreckt sich über ein Gebiet von 22'912 km2 und ist etwa halb so gross wie die Schweiz. Das Wort „Etosha“ bedeutet „grosser, weisser Platz“. Bei der Gründung des Parks im Jahre 1907 betrug die Fläche noch etwa 80'000 km2. Der Park wurde mehrmals verkleinert, bis er zuletzt seine heutige Grösse erreichte. Die Etoshapfanne  ist  4'731 km2 gross, mit einer Länge von 110 km und an der breitesten Stelle etwa 60 km breit. Die Salztonpfanne ist meistens trocken, ausser wenn nach schweren Regenfällen die Ekuma- und Oshigamboflüsse im Norden überflutet sind. Im Osten wird die Fischerspfanne von den Omuthiya- und Omuramba-Owamboflüssen  gespeist.
Diese erweiterte Pfanne steht  den grössten Teil des Jahres unter Wasser. Im Süden gibt es zahlreiche permanente Quellen, die von den Wasserreserven  im porösen Dolomit Gestein  gespeist werden. Das Quellwasser  kommt an die Oberfläche und bleibt am Lehmboden der Pfanne stehen. Im Rastlager Okaukuejo gibt es einen Turm, den wir besteigen. Wir blicken auf eine eindrückliche, weite  Wüstenlandschaft. Wir nehmen verschiedene Loops rund um das Okaukuejo Camp unter die Räder und fahren gegen Abend zum Halali Camp. Die Hauptroute durch den Nationalpark verläuft am südlichen Ende der grossen Salztonpfanne. Erst als wir am dritten Tag im Osten die Gegend rund um das Namutoni Camp  erreichen, entdecken wir grössere Tiergruppen. Wegen dem Regen sind die Tiere nicht mehr auf die wenigen Wasserstellen angewiesen und das grüne Gras steht fast überall in grossen Mengen zur Verfügung. So sehen wir oft die Tiere weit entfernt von der Strasse. Doch ab und zu hatten wir auch Glück und  wir konnten die Tier- und Vogelwelt auf dem Chip speichern.
Besonders Glück hatten wir auf dem Dikdik-Drive. Nur wenige Meter von der Strasse entfernt, entdeckte Regine zwei Damara-Dikdiks im hohen Gras. Sie sind die kleinsten Antilopen Namibias. Sie haben eine Schulterhöhe von 40 cm und nur die Männchen haben kleine spitze Hörner. Sie sind in der Busch und Wald- landschaft zuhause. Wildtiere in Gruppen und kleinen Herden sahen wir vor allem Springböcke, Zebras, Giraffen, Gemsböcke (Oryx-Antilopen), Gnus, Kuhreiher, Kuhantilopen und Impalas.
Einzeltiere oder in kleinen Gruppen entdeckten wir Strausse, Riesen- trappe, Gackeltrappe, Schakale, Kampfadler, Weissbürzel, Habicht, eine Zebramanguste Familie mit vielen Jungen, Kudus, Grautokos, Warzenschweine, Nashorn, Flamingos und viele, viele farbige Vögel, denen Namen wir noch zuordnen müssen. In unseren Tier- und Vogel-Identifizierungsunterlagen vom  Etosha Nationalpark sind fast 300 Tiere und Vögel  abgebildet und mit dem englischen und deutschen Namen beschriftet. Gar nicht so einfach,  jeden Vogel zu identifizieren, besonders wenn er davon fliegt und wir noch kein Foto machen konnten. Auch im Etosha Nationalpark ist das Aussteigen aus dem Auto strikte untersagt. Löwen und Leoparden haben wir keine gesehen, aber sie sind gut getarnt im hohen Gras. Für uns aussergewöhnlich ist das viele Grün, das hohe Gras, das weite Teile des Parks bedeckt. Der Regen bringt die Wüste zum Blühen.
Ferientage in Tsumeb
Die Stadt dient auch als Versorgungszentrum für Reisende nach Norden. Bereits im Jahre 1906 wurde die Eisenbahn- linie von Tsumeb nach Swakopmund, die Hafenstadt am Atlantik, in Betrieb genommen um das Eisenerz, Kupfer und Blei an die Küste zu transportieren. Wir sind auf dem Camping vom Minen Hotel Makalani, Kupferquelle Ressort. Die Hotelanlage ist vom Feinsten und bietet auch für Camper eine sehr schöne Parklandschaft mit vielen Bäumen. Sanitäre Einrichtungen wie im 5-Sterne Hotel. Nur wenige  Meter von unserem Stellplatz entfernt, ist ein 50 m Schwimmbecken, das an Sauberkeit und Ausbau nicht zu überbieten ist. Wirklich einmalig! Suites, Doppelzimmer, Restaurant, Free Wi-Fi und schöne Plätze am Pool laden ein zum Verweilen. Das Ressort lässt keine Wünsche offen. Tja, hier können auch gewöhnliche Reisende übernachten und essen. Pro Tag kostet der Aufenthalt für Camper inklusive Schwimmbad, Wi-Fi, Strom und Grillstelle für zwei Personen 240 NAD, umgerechnet SFR 15.-! Wir haben keine Eile und bleiben ein paar Tage.
Als wir auf den Camping fahren, sehen wir ein Iglu Zelt und zwei Fahrräder unter den schattigen Bäumen. Später lernen wir Adrian und Fabian aus der Schweiz kennen. Sie sind unterwegs auf einer aussergewöhnlichen  Velotour unter dem Motto „Cycling from Nordkapp to Cape Town“. Unglaublich! Sie sind im Mai 2018 vom Nordkap (Norwegen) gestartet und über Europa nach Afrika gefahren. Der afrikanischen Westküste entlang durch viele Länder bis nach Namibia. (www.cape2cape.org) Anfangs Juni 2020 wollen sie ihre Velotour in Cape Town beenden. Mit nur je 20 kg Reise- gepäck auf dem Fahrrad meistern sie diese harte Velotour. Am Abend können sie in unserem Camper kochen und zum Frühstück sind sie bei uns zu Gast. Unser Müesli Frühstück mit Früchten, Joghurt und Kaffee schmeckte ihnen. Wenn Reisende zusammentreffen, gibt’s viel zu erzählen, besonders wenn man mit dem Velo durch Schwarzafrika fährt. Vielen Dank für die abwechslungs- reichen  Stunden mit euch, wir bleiben in Kontakt! Bis Cape Town ist noch ein weiter Weg. Save travel!
Eine ungewöhnliche Rückreise!
Das Ende unserer 11.Reiseetappe im südlichen  Afrika planten wir schon im November 2019. Unser Rückflugticket hatten wir auf den 5. Mai 2020 gebucht. Als wir am 25.Februar 2020 die Grenze Südafrika – Namibia überquerten, kontrollierte eine Grenzbeam- tin unsere Körpertemperatur. Alles war gut und wir erhielten ein Visum für 90 Tage Aufenthalt. So reisten wir in den nächsten knapp drei Wochen durch die einsamen, traumhaften Wüsten- gebiete in Namibia (siehe Bildergalerie). Am 15. März 2020 fuhren  wir vom Etosha Nationalpark nach Tsumeb. Auf dem Camping im Kupferquelle Resort richteten wir uns ein. Die grosse Hotelanlage mit zahlreichen Bungalows,  einem parkähnlichen Camping, Restaurant und einem 50 m Schwimmbecken, war nur mit sehr wenigen Gästen besetzt. Weltweit verbreitete sich das Coronavirus sehr schnell. Wir meldeten uns sofort auf der EDA Internetseite für den Rückflug in die Schweiz an.
Dank dem sehr guten Internet und den Zeitungen vor Ort waren wir gut informiert über das Land Namibia und was in Europa ablief. Einen Tag später kamen Ramona und Hans, zwei Langzeitreisende aus Deutschland, von Botswana  nach Tsumeb. Sie waren mehrere Monate im südlichen Afrika unterwegs. Zusammen schauten wir, wie wir einen Rückflug nach Europa buchen konnten. Der normale Flugbetrieb wurde in Namibia sehr schnell eingestellt, wir konnten keine Tickets mehr kaufen. Nach 5 Tagen kam der Manager vom Hotel und bot uns gratis zwei grosse Bungalows an. So zügelten wir vom Camping in ein grosses Haus auf dem Hotelareal.
Nach ein paar Tagen kamen Fabian und Adrian, die bei- den Radfahrer aus der Schweiz, auf den Camping zurück. Adrian hatte die WhatsApp Nummer vom Schweizer Konsul in Windhoek. Wir hörten von den Rückflügen nach Deutschland mit der Luft- hansa. Noch waren über Tausend Deutsche in Namibia, die zurück in ihre Heimat wollten. Plötzlich ging alles ganz schnell. Die Schweizer Koordinatorin in Windhoek für die Rückflüge  forderte uns auf, sofort nach Windhoek ins Hotel Fürstenhof in der Stadt zu fahren. Dort werden alle gestrandeten Schweizer zusammen untergebracht, bis sie zurückfliegen können. Wir packten am Abend sehr schnell unsere Reisetaschen und boten Adrian und Fabian an sie in unserem Camper mitzunehmen. Tags darauf machten wir uns auf den Weg. Auf der 430 km langen Rückreise nach Windhoek  sassen Adrian und Fabian mit ihrem Gepäck in der Camperkabine. Die Strassen waren leer, ausser ein paar Lastwagen und Tankwagen. Namibia hatte sehr schnell rigorose Massnahmen getroffen und ein Ausgangsverbot für zwei grosse Gebiete ausgesprochen.
Am 27. März 2020 lese ich einen Kommentar vom Chef- redakteur in der Allgemeinen Zeitung von Namibia. Er schreibt unteranderem: „Wenn wir das kleine Fenster nutzen, das sich uns bietet, kann sich Namibia als ein Vorbild für Afrika entpuppen. Unsere Regierung hat bisher vorbildlich schnell gehandelt und wenn wir die Ausgangs- sperre richtig handhaben, kann es uns gelingen, diese Krankheit unter Kontrolle zu behalten.“
Ein paar Kilometer vor der Stadt Okahandja, etwa 70 km vor Windhoek, wurde ein Kontrollposten mit Polizei und Militär eingerichtet, die alle Personen kontrollierten. Der Konsul und die Koordinatorin fuhren von Windhoek zum Check- point, wo sie uns und weitere drei Schweizer  mit einem Tourguide abholten. Nach allen Formalitäten samt Tem- peraturmessung konnten wir dann unsere Reise nach Windhoek fortsetzen. Im Hotel Fürstenhof waren bereits zwei Dutzend Schweizer untergebracht, die schon Tage zuvor eingetroffen waren. Nach dem Nachtessen im Hotel orientierten der Konsul und die Koordinatorin über die Situation im Land und über die Rückflüge. So konnte eine kleine Gruppe am nächsten Tag auf einen Rückflug hoffen.
Wir hatten von Adrian eine Adresse in Windhoek erhalten, wo wir unseren Camper für die nächsten Monate einstellen konnten. Nur etwa 3 km vom Hotel Fürstenhof entfernt. So brachten wir am nächsten Tag unser Fahrzeug zum Einstell- patz, wo bereits über ein Dutzend Tour Busse und andere Fahrzeuge abgestellt waren. Ein trauriges Bild, keine Touristen, keine Arbeit, der Tourismus ist zu 100% einge- brochen, dies trifft das Land sehr hart.

Am zweiten Abend im Hotel wurden wir wieder informiert. Für den nächsten Tag stand eine Gruppe von 10 Personen auf der „Standby“ Ausreiseliste. Das heisst, morgens um 6 Uhr auf dem Flughafen Windhoek sein. Dort mussten man warten, bis das Flugzeug mit Deutschen gefüllt war. Hatte es noch freie Plätze, konnten diese mit Schweizern aufgefüllt werden. Wenn es keinen Platz mehr auf dem Flieger gab, musste man ins Hotel zurück und weiter warten.
Adrian und Fabian standen an diesem Abend auf der „Standby“ Ausreiseliste. Sie erklärten uns, dass sie noch nicht reisefertig mit allem Gepäck seien und ins besonders die Fahrräder noch nicht flug- zeugtauglich bereitgestellt haben. Sie boten uns ihre „Standby“ Ausreise an, die wir dankend annahmen. Wir wussten, dass auch noch am nächsten Tag ein Flug nach Deutschland starten wird.
Nach einer fast schlaflosen Nacht standen wir mor- gens um 5.30 Uhr vor dem Hotel. Mit vier Autos fuhr unsere Gruppe mit insgesamt 10 Personen zum  40 km entfernten Flughafen. In der grossen Flughafen- halle warteten schon der Konsul und die Koordi- natorin. Beim Check-In bildete sich eine endlos lange Schlange von Deutschen, die im zeitlupentempo abgefertigt wurde. Drei Stunden warten wir, bis die letzten Deutschen eingecheckt hatten. Hatte es noch Platz auf dem Flieger? Kurz nach 9 Uhr kam die Nach- richt, dass wir noch Platz im Flugzeug haben. Wir bedankten uns herzlich beim Konsul und der Koordinatorin für ihren pausenlosen Einsatz rund um die Uhr. Eine halbe Stunde später sassen wir Schweizer auf den hintersten Sitzplätzen der grossen Maschine. Gegen 10 Uhr rollte der Airbus A340-300 auf die Startbahn mit Ziel Frankfurt.
Da die Bordküche nicht in Betrieb war, lag auf jedem Sitz eine Kartonschachtel mit Verpflegung. Auch der Getränke-Service war eingestellt. Kaffee, Tee und  Wasserflaschen wurden verteilt. Nach einem ruhigen 10-stündigen Flug landeten wir gegen 20 Uhr auf dem Flughafen Frankfurt, der komplett ausgestorben war. Sitzreihe um Sitzreihe wurde der Flieger langsam entleert, kein drängen, ruhig und geordnet. Der 2-Meter Abstand wurde sofort nach dem Verlassen des Flugzeuges auf dem Flughafen einge- halten. Gegen 21.30 Uhr entschied sich unsere Schweizer Gruppe im Hotel gegenüber vom Flughafengebäude zu übernachten, da keine Anschlusszüge mehr in die Schweiz verkehrten. Die Stadt Frankfurt war für Touristen Sperrgebiet. Die gute Nachricht aus Namibia, dass die übrigen 14 Schweizer am nächsten Tag heim- reisen können, freute uns besonders.

Am nächsten Morgen gingen wir gemeinsam zum Fernverkehrsbahnhof, der nur ein paar Minuten vom Hotel entfernt war. In unserer Gruppe waren noch 3 Schweizer mit Fahrrädern, die ihre Velotour durch Namibia abbrechen mussten. Leider konnten sie ihre Fahrräder nicht mit auf den Fernverkehrszug mitnehmen. Eine Voranmeldung für Fahrräder sei zwingend, wurden sie vom Personal informiert. Sie mussten mit den Regionalzügen nach Basel reisen. Durch den Bahnunfall in der Nähe von Basel, mussten wir bis zur Schweizergrenze insgesamt 4-mal Umsteigen. Die Unfallstrecke wurde mit einem Bus umfahren. Mit unserem Flugticket konnten wir gratis weiterreisen bis Basel SBB. Gegen 14.30 Uhr erreichten wir Bern, wo uns Judith mit dem Auto abholte.
Tja, eine aussergewöhnliche Rückreise. Einen grossen Dank an den Konsul und die Koordinatorin, die sich unermüdlich rund um die Uhr für die gestrandeten Schweizer in Namibia einsetzten. Namibia ist fast 20-mal so gross wie die Schweiz, hat aber nur etwa 2.8 Millionen Einwohner. Ein wunderschönes Land, indem wir uns wie zu Hause fühlten.  
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