Reisebericht Kanada / USA

01. - 31.07.10 Jasper (Rocky Mountains) - Anchorage
Der perfekte Schnappschuss von Regine!
Seit wir in den Rocky Mountains unterwegs sind, begegnen uns täglich Wildtiere. Wenn es die Verkehrssituation erlaubt bringen wir uns am Strassenrand mit Kamera und Stativ in Stellung und versuchen ein paar brauchbare Aufnahmen zu machen. Sind wir am Morgen sehr früh unterwegs, stehen die Chancen gut, dass nicht noch weitere Fahrzeuge anhalten und die Wildtiere aufscheuchen. So konnten wir eine Gruppe Bighorn-Sheep in der Früh direkt am Strassenrand lange beobachten, ohne dass sich ein anderes Fahrzeug näherte.
Sehen wir von Weitem ein Fahrzeug am Strassenrand stehen, fahren wir sehr langsam und halten in einem entsprechenden Abstand. Zu Fuss nähern wir uns den Wildtieren, oft aber sagen uns die Leute, was sie gerade gesehen haben. Dann gibt es auch "Spezialisten". Zum Beispiel der junge Mann mit dem Nummernschild aus Alberta. Er stieg aus dem Fahrzeug, liess die Wagentüre offen und versorgte mit seinem Big-Sound aus den Lautsprechern die ganze Umgebung. Er zückte seine Kamera, erschreckte die Wildtiere, so dass sie mit Fressen aufhörten und sich in den Wald zurückzogen. Auch so kann man Wildtiere beobachten!
Ein paar Ferientage in Jasper.
Die Rocky Mountains sind zu spektakulär, dass man in zwei, drei Tagen einfach nur durchbraust. Der Banff- und der Jasper National Park zeigen so viele Naturschönheiten und sind mit wenigen Ausnahmen unverbaut, dass wir eine gute Woche Zeit einplanen. Zum Glück sind wir vor dem Kanada-Day unterwegs. Nach dem verlängerten Wochenende Anfangs Juli beginnen die Sommerferien. Dann werden sich die Fahrzeuge zwischen Banff und Jasper fast in Kolonnen bewegen. Und an manchen Orten wird es echt schwierig, die schöne Naturlandschaft ohne Touristenverzierung auf ein Foto zu bringen.
Columbia Icefield / Athabasca Glacier
Von Jasper fuhren wir nochmals zum Columbia Icefield zurück, denn die Wetterprognosen meldeten Sonnenschein. In den frühen Morgenstunden waren wir fast alleine unterwegs. So stellten wir unterhalb der Gletscherzunge unseren Camper ab und frühstückten. Nur zwei Autos waren vor Ort. In ein paar Stunden wimmelt es hier von Fahrzeugen, Motorhomes und Touristen. Der kurze Aufstieg bis kurz vor dem Gletscher war schnell geschafft und ein grosses weisses Panorama begrüsste uns. Die Schilder und Jahreszahlen, die den Rückgang der Eismassen in den letzten hundert Jahren markierten, stimmten uns nachdenklich. Was sieht man hier noch in hundert Jahren, fragten wir uns. Über eine lange Geröllhalde, die mit vielen farbigen, grossen und kleinen Felsbrocken und Steinen übersät war, suchten wir den Weg zu den Snow-Coaches. Nach einer Stunde erblickten wir die grossen Spezialfahrzeuge, die über die südöstliche Gletschermoräne auf das Icefield fahren.
Alle 15 Minuten bringt ein Reisecar die Besucher vom Icefield Center zur Umsteigestation. Etwas erstaunt, dass wir zu Fuss unterwegs sind, meinte einer der Angestellten, dass wir weiter vorne noch ein paar Fotos machen können. Doch auf den Gletscher dürfen nur zahlende Gäste. Zehn solche Snow-Coaches fahren in der Hochsaison im Kriechgang auf die Hochebene, wo ein riesiges planes Eisfeld präpariert ist. Bestimmt ein einmaliges Erlebnis dank moderner Technik. Wir schauten dem bunten Treiben eine Weile zu... doch pro Person $ 49.- hinblättern, um ein paar Minuten auf dem Icefield zu stehen, tja, das brauchten wir nicht.
Auf der Rückfahrt besuchten wir die Sunwapta Falls, wo sich ein Regenbogen in der aufstiebenen Gischt zeigte. Flussabwärts leuchteten die hohen, farbigen Felswände dem Sunwapta River entlang. Etwas später standen wir bei den Athabasca Falls, die sich in der Abendsonne präsentierten. Nach soviel Wasser wollten wir einen Abstecher in die Höhe unternehmen und die engen Serpentinen zum Mount Edith Cavell hochfahren. Doch die Bergstrasse ist infolge Unterhaltsarbeiten den ganzen Sommer gesperrt.
Dass die Campgrounds andere Dimensionen haben als bei uns in der Schweiz, wussten wir schon. Nun verstehen wir die Einheimischen, weshalb sie mit dem Auto zur Dusche fahren. Wir gingen zu Fuss, das versteht sich, zu den Dusch- und Waschräumen. Ein Weg dauerte volle 15 Minuten. Ja, andere Länder, andere Dimensionen.
Im Banff- und Jasper-Nationalpark kann man auf den meisten Campplätzen ein Feuer entfachen. Schon beim Anmelden wird gefragt „with firewood“? Für ein paar Holzscheite zwischen 8 und 10.49 Dollar ausgeben, wenn zwei feine Steaks im Laden nicht einmal die Hälfte kosten, ist für uns „preisverkehrt“. Was soll’s. Ausserhalb den National Parks, oft auf kleinen sehr schönen Plätzen, ist das Feuerholz im Übernachtungspreis von 12 – 15 Dollar inbegriffen. Da wir meist irgendwo unterwegs an einem idyllischen Ort campen, ist das Feuerholz kein Thema. Es liegt in grossen Mengen auf dem Boden, man muss es nur noch auflesen.
Wir nehmen Abschied von den Rocky Mountains. Über Grande Caché – Grand Prairie erreichen wir Grimshaw, wo der „Mile 0 – Marker" vom Mackenzie HWY steht. Bis Wrigley, nordwestlich von Fort Simpson, ist der Mackenzie HWY ca. 1200 km lang. Unser Ziel ist vorerst Yellowknife. Ein abgelegener Ort in der Wildnis, der aber für uns einen Abstecher Wert ist.
Unsere erste Polizeikontrolle endete mit guten Tipps für Yellowknife und San Francisco...
Die Stadt Grande Prairie liegt nördlich von Edmonton. Sie bietet keine besonderen Sehenswürdigkeiten ausser den riesigen Bergen von Baumstämmen für die Holzverarbeitung. Von der 4-spurigen Mainstreet aus sehen wir die gewaltigen Holzlager. Unser Navi zeigte auf dem Display 1160 km nach Norden an, als wir der Stadt nach dem Einkaufen den Rücken zukehrten. Plötzlich, wie aus heiterem Himmel, ertönte hinter unserem Fahrzeug die Polizeisirene. Ich blickte in den Rückspiegel und sah die Bubblegum Lights, eine rotierende rot-blaue blinkende Beleuchtung. Wir verlangsamten das Tempo, bogen rechts in eine Seitenstrasse ein und stoppten. Ich erinnerte mich sofort an die Ratschläge der Reiseführer was das Verhalten betrifft, wenn es eine Polizeikontrolle gibt. Hatte ich die Vorschriften doch fast auswendig gelernt.
"Der Autofahrer steigt nicht aus, sondern wartet mit den Händen am Steuer bis der Offizier kommt. Auf keinen Fall darf man bereits vor dessen Eintreffen hektisch nach Papieren suchen, es könnte als Griff nach der Schusswaffe missdeutet werden." Diesen Abschnitt hatte ich mir zu Hause gut eingeprägt als ich meine Hände am Steuerrad hatte. Ich schaute Regine an und sagte: „Wir sind nicht zu schnell gefahren, Licht ist eingeschaltet, wir sind angegurtet, was soll’s!“ Eine Minute verging, eine zweite und eine dritte Minute verstrich und es bewegte sich nichts. Wir warteten, was blieb uns anderes übrig, denn die Bubblegum Lights blinkten noch immer.
Doch dann kam Bewegung auf. Ein Polizeiofficer trat an unsere Wagentüre, ich drückte auf den Fensterknopf und begrüsste ihn freundlich. „Where do you come from, from which country is your number-plate”, fragte er freundlich. Wir beantworteten alle Fragen und erklärten ihm, dass wir unterwegs nach Yellowknife sind. In der Schweiz kennen wir keine „Outback-Villages“, die über 1000 km entfernt in der Wildnis liegen. Ein Lachen auf seinem Gesicht erstrahlte. „Have you an insurance for Canada“, fragte er weiter. Ich holte die Papiere aus meinem Rucksack hinter dem Sitz und sagte, dass die Versicherung für Kanada, USA und Mexico für 9 Monate gültig ist. Er blätterte die Versicherungsformulare sorgfältig durch und gab sie mir zurück. Dann hatte er Zeit für „Smalltalk“. Er gab uns gute Tipps für Yelloknife und San Francisco. Wie es uns in Kanada gefällt, ob wir schon in den Rockys gewesen seien, wollte er wissen. Etwas später sagte ich lachend zu ihm: „You know, I’m retired and to old to work in Switzerland." Nun war der Bann ganz gebrochen und er lachte zurück. Nachdem er uns eine gute Reise wünschte, verabschiedete er sich sehr freundlich und brauste mit dem Polizeifahrzeug davon. Etwas später fragte ich Regine: „Wann hatten wir das letzte Mal eine solche Begegnung mit der Polizei in der Schweiz?“
Wenig Verkehr hatte es auf dem Mackenzie HWY. Das riesige Agrarland und weiter nördlich die grossen Waldgebiete brachten wenig Abwechslung. Kurz nach dem 60. Breitengrad im Nord-West-Teritories besuchten wir die Alexandra- und Louise-Falls. Der High River hat eine tiefe Schlucht mit Wasserfällen und Stromschnellen geschaffen und sind uns als schöne Fotomotive willkommen.
Bald sind die Tage der kostenlosen Fähre über den breiten Mackenzie-River gezählt, stehen doch alle Pylone der neuen Brücke im breiten Fluss. Ein gewaltiges Bauwerk um die Gegend von Yellowknife ganzjährig zu erschliessen. Wegen Eisgangs kann die Strecke bis Mitte May gesperrt sein.
Kaum haben wir die Fähre verlassen, begegnen uns die ersten Wood-Bisons. Jetzt auf dem Yelloknife HWY liegen noch 340 km einsame Wildnis vor uns. Wir nehmen uns Zeit, entdecken immer wieder Tiere und beobachten sie. Die Fähre bringt pro Mal ja nur wenige Fahrzeuge über den Fluss und so sind wir fast alleine unterwegs.
Yellowknife
Die Stadt rühmt sich mit über 1000 Stunden Sonnenschein im Juni – August. Wir hatten nur wenig davon gespürt. Bedeckter Himmel, zwischendurch ein bisschen Blau und Sonne wechselte mit Regen ab. Das Heritage Center, ein Geschichts–, Naturkunde- und Kunstmuseum gab uns einen grossartigen Einblick über das Leben, die Flora und die Fauna des Nordens. Der Einblick in die Kultur und Kunst der Indianer und Inuits faszinierte uns. 
Von oben sieht Yellowknife tatsächlich wie ein Messer aus, dessen Klinge nach Norden zeigt. Mit ca. 20'000 Einwohner hat die Stadt eine moderne City, wo es zurzeit um Mitternacht noch hell ist. „Land of the Midnightsun“ steht im Visitorguide. Die Old Town auf der kleinen Halbinsel zwischen Back Bay und Yellowknife Bay gibt uns vom Hügel Pilots Monument einen Rundblick über die Umgebung. Alte restaurierte und verfallene Holzhäuser geben uns einen kleinen Einblick in die Geschichte. Im Wildcat Cafe, ein Blockhaus gebaut im Jahr 1937, gabs zum ersten Mal im 1939 Ice Cream.
Der Abstecher nach Dettah, einem kleinen Dorf wo sich kaum Touristen verirren, führte am verfallendem Gelände der Giant-Mine vorbei. Wir fanden dort eine sehr kleine Dene-Siedlung mit ganz einfachen Holzhäusern, spielenden Kindern auf der Strasse und eine Road die ins Wasser führt, die aber „closed“ war. So sieht das einfache Leben in der Wildnis aus. Kein Vorzeigedorf, purer harter Alltag. Eindrücklich!
Am Sonntag Morgen herrschte in der Laundromat Hochbetrieb. Fast alle Waschmaschinen und Tumbler waren besetzt, obwohl die Geräte Dutzendweise nebeneinander standen. Laufend parkten Autos vor dem Waschsalon und die Einheimischen brachten ihre Wäsche in grossen Körben und Säcken. Waschen kostet $ 2.50 und der Tumbler zwei Dollar. Wir hatten den Eindruck, dass das Waschen am Sonntag hier üblich ist und viele Leute keine Waschmaschine zu Hause haben. Natürlich ist ein solcher Ort auch ein Treffpunkt wo man Small-Talk macht. So auch wir. Man wartet vor der Waschmaschine um sicher zu sein, dass man später auch noch seine Wäsche hat und auch nicht plötzlich fremde Wäsche in der Maschine findet. Der Waschgang und das Trocknen dauerte je 30 Minuten. So verliessen wir den Waschsalon mit einem Berg sauberer Wäsche und nahmen nach drei Tagen Abschied von Yellowknife.
Auf dem Rückweg machten wir einen Zwischenstopp in Fort Providence, ein 750 Seelen-Dorf, mit überwiegend Indianischer Bevölkerung. Ein idyllischer Ort, wo die Bisons friedlich vor der Haustür grasen. Auf dem Picknickplatz am Flussufer kamen wir mit Leon ins Gespräch. Als er hörte, dass wir von der Schweiz kommen, kam er ins Plaudern. Er erzählte uns, was er über unser kleines Land wusste. Und wir staunten nicht schlecht! "Warum weisst du soviel über unser kleines Land", fragten wir ihn. Er lachte und meinte, er schaue TV und da sieht man viel. Zum Glück fragte er nicht, was wir alles über seine Heimat, die Northwest Territories wissen. Die Fläche beträgt stolze 1'346'106 km2 und die Bevölkerungsdichte von weniger als 0,03 Einwohner pro Quadratkilometer zeigt ein kaum besiedeltes Gebiet. Dafür hat die fast unberührte Wildnis viele Tiere und Naturschönheiten. Eine spontane Begegnung mit Einheimischen, interessant und bereichernd.
Auf dem Fort Liard Highway nach Fort Nelson
Durch eine einsame Waldlandschaft führt die 447 km lange Gravelroad nach Fort Liard. Dank trockenem Wetter war die Strasse in gutem Zustand. Im knapp 600 Einwohner zählende Dorf füllten wir Diesel auf und besuchten das Visitor Center, bekannt für Indian Handicraft wie Mokassins, Körbe, Taschen und kleine Schachteln in verschiedenen Formen. Sie sind aus Leder und Birkenrinde kunstvoll hergestellt und fein gearbeitet. Für uns müsste aber der kleine Shop an der Zürcher Bahnhofstrasse liegen, denn hier wird Einheimisches Kunsthandwerk zu fürstlichen Preisen vermarktet. Leider durften wir nicht einmal ein Foto von den kunsthandwerklichen Gegenständen machen! Doch wer gibt den mitten in der Wildnis für eine kleine Handtasche aus Birkenrinde schon 850 Dollar aus? Mit Bestimmtheit erklärte uns die Managerin, nur was wir kaufen, dürfen wir auch fotografieren. Die perfekte Vermarktung, man lernt nie aus!
Etwa 40 km nach Fort Liard passierten wir die Grenze zu British Columbia. Die Gravelroad wurde durch eine gute Asphaltstrasse abgelöst. Keine fliegende Steine mehr, keine Staubfahne entgegenkommender Fahrzeuge, noch ist unsere Windschutzscheibe ohne Risse. Kurz vor Fort Nelsen stiessen wir auf den bekannten Alaska Highway. Nun heisst es wieder den Verkehr im Auge behalten, wir sind nicht mehr alleine unterwegs. In Fort Nelson hatte unser Fahrzeug einen Waschgang nötig, denn wir wollten wieder Ein- und Austeigen, ohne dreckig zu werden. Besonders die Unterseite hatte es bitter nötig, von der zum Teil feuchten Gravelroad. Jetzt lernten wir sogar beim Autowaschen sparen, kostete doch die Minute, nur mit Wasser abspritzen, volle zwei Dollar. Hier würde ich sofort eine Car-Wash-Anlage eröffnen...
Auf dem Alaska Highway über Watson Lake nach Whitehorse...
... und Müller's Bärenbeobachtung.
Bereits haben wir über ein Dutzend Schwarzbären gesehen und die Meisten im Bild und Video festgehalten. Doch so wie heute noch nie. Eine neue Variante? Kaum unterwegs, etwa 20 km nach Fort Nelson sahen wir einen Schwarzbären auf der linken Strassenseite. Auto rechts abstellen, mit Stativ und Tele über die Strasse und aus sicherer Distanz beobachten und fotografieren.
Doch dieser schwarze Kerl ist immer in Bewegung. Er sucht im grünen Rasenstreifen nach seinen Lieblingskräutern, anscheinend ist er hungrig. Regine stieg ebenfalls aus, blieb aber auf der rechten Strassenseite beim Fahrzeug stehen und beobachtete das Geschehen. Der Bär bemerkte uns, aber sein Futter in der Wiese interessierte ihn mehr. Soweit so gut! Wir schauten dem fressenden Bären auf der linken Strassenseite eine Weile zu und waren einmal mehr fasziniert.
Während wir beide dem Treiben auf der linken Strassenseite zuschauten, lief ein zweiter Schwarzbär auf der rechten Strassenseite hinter Regines Rücken vorbei und suchte ebenfalls im Grünen seine Pflanzen... und wir bemerkten diesen vorerst nicht! Erst als er vorbei war, machten wir grosse Augen. Zum Glück war dieser auch auf Futtersuche... und Regine ist ja kaum noch ein zartes Pflänzlein! Nun wissen wir's. Wenn wir aussteigen, immer zuerst beidseits der Strasse auf Bären achten. Wie gesagt, hinter Regines Rücken kann ein Bär ganz schön entzücken.
Warum halten sich die Bären am Strassenrand auf?
Die Bären, die wir an den Strassenrändern beobachten können, wühlen meistens nach Wurzeln oder essen Gräser und andere Pflanzen. Dort wachsen die Pflanzen früh und schnell, da sie durch die offene Lage viel Sonnenlicht bekommen. Viele Strassen, so auch der Alaska Highway, führen durch Täler und entlang von Fluss- und Bachläufen. Hier suchen Bären nach pflanzlicher Nahrung, die 90% ihrer Ernährung ausmacht.
Übernachten am Summit Lake
Der höchste Punkt des Alaska HWY erreichen wir am Summit Pass. Auf 1295 m Höhe am Summit Lake fahren wir auf den schönen Campground und richten uns ein. Auf dem Platz ist es ungewohnt windig und kühl, dafür werden wir mit einer tollen Fernsicht belohnt. Gleich fünf Schweizer-Reisende treffen wir auf dem kleinen Camp. So tauschen wir nach dem Nachtessen Reise-Erfahrungen aus und erhalten gute Tipps. Zur später Stunde, als wir noch ein paar Schritte am See machten, entdeckten wir nur ein paar Meter entfernt eine grosse Moose-Mama, die leise durch das Sumpfgras schritt. Der Summit Lake ist bekannt für kalte Temperaturen und Wetterwechsel. Es kann jeden Monat im Jahr auch mal schneien und die Umgebung in Weiss erstrahlen lassen. Wir haben Glück, es bleibt trocken und wir ziehen uns in den warmen Camper zurück.
Am nächsten Morgen unternehmen wir eine kleine Wanderung in die Höhe. Mit einer herrlichen Rundsicht werden wir belohnt. Kaum sind wir wieder auf dem Alaska HWY unterwegs, sehen wir am Strassenrand Stone Sheeps.
In der hohen steilen Felswand klettern sie auf und ab, andere liegen auf ganz kleinen Fels- Vorsprüngen und geniessen die Morgensonne. Die Jungtiere laufen in der fast senkrechten Wand hinter ihren Müttern her, als sei es das reinste Kinderspiel. Die schnelle und perfekte Klettertechnik bringt uns zum Staunen. Wir schauen dem Treiben eine Weile zu und sind froh, dass keine grösseren Steinbrocken auf die Strasse donnern.
Die Konstrukteure des Alaska Highways mussten den unzugänglichen Grand Canyon des Liard Rivers umgehen. Deshalb führt die Strasse dem Muncho Lake entlang. Der jadegrüne See erstreckt sich auf einer Länge von 12 km. Dieser tiefe kalte Gletschersee ist ein Segen für Fischer. Die sehr schöne Northern Rockies Lodge, mit vielen kleinen Häuschen und RV-Park am See, laden ein zum Ferien machen und Verweilen in unberührter Natur. Auf unserem Rundgang durch das sehr gepflegte Hotelareal sahen wir am See gleich drei Wasserflugzeuge, die auf Gäste warteten. Hier werden Ferienträume war. Geführte Touren zum Fischen oder Jagen, mit dem Wasserflugzeug abheben und den Gletscher und die Rocky Mountains von oben zu bestaunen oder "2 Nights outpost cabin stay" lassen keine Wünsche offen. Vorausgesetzt man hat das nötige Kleingeld.

Liard River Hot Springs
"Stop and relax in the soothing hot springs after a long days journey!" Die heissen Quellen liegen im Liard River Hot Springs Provincial Park. Obwohl wir uns eher eine angenehme Abkühlung wünschten, spazierten wir über den Holzsteg. Dieser führte über ein Sumpfgebiet zu den warmen Quellen. Zwei Badepools stehen dem Besucher offen, wobei der untere in drei kleinere Becken unterteilt ist. Wir badeten in einer fast tropischen Umgebung mitten im Wald. Das unterste und kälteste Becken mit 39 Grad warmen Wasser bot kaum eine Abkühlung. Aber im klaren Wasser auf den Rücken liegen und in den blauen Himmel schauen, ist in dieser Wildnis doch ein tolles Erlebnis. Im oberen Becken war es für uns zu warm. 53 Grad warm ist das mineralreiche Wasser. Kaum eine Abkühlung! Aber im Winter muss es hier traumhaft schön und angenehm sein...
Unterwegs nach Watson Lake
Dort wo der Elch "Moose" heisst und der Hirsch "Elk". Die Wildnis ist voller Leben. Über 60 Arten von Säugetieren und über 200 Vogelarten können wir im Yukon entdecken... nur soviel Zeit haben auch wir nicht. Ganz einfach macht's die Fauna uns nicht, wir brauchen immer ein gutes Quentchen Glück, um in den riesigen Waldgebieten, entlang von Flüssen oder in der Tundra einen Blick auf die Tiere in der freien Wildbahn zu erhaschen. Nur die oft lästigen Moskitos sind in der wärmeren Jahreszeit überall vorhanden.
Die Elch-Population im Yukon ist mit ca. 70'000 gut doppelt so gross wie die Einwohnerzahl. Ein ausgewachsener "Moose-Bulle" kann eine Körperhöhe von zwei Metern erreichen, über 650 kg wiegen und sein Schaufelgeweih eine Spannweite von bis zu 1.80 m haben. Bei Tagesanbruch und in der Abenddämmerung trifft man sie in flachen sumpfigen Gebieten und auf Weiden in Flussnähe an. Dieses Prachtsexemplar konnten wir sehr nahe am Strassenrand beobachten, wo es im Sumpfgebiet nach Nahrung suchte.  So nahe an die Tiere heranzukommen ist auch für uns eher eine Ausnahme. Wir waren alleine unterwegs, hatten das Auto entfernt am Strassenrand abgestellt und gingen langsam und ruhig auf den Moose-Papa zu. So konnten wir ein paar traumhafte Aufnahmen machen, doch ohne Tele und Stativ sind die Tiere meist zu weit weg. Ruhig und ohne schnelle Bewegungen beobachteten wir eine Weile das schöne Tier. Später lief der Bulle vor uns gemütlich über die Strasse und Regine hatte die "Moose-Sequenz" perfekt im kleinen Video. Wie gesagt, ein Quentchen Glück brauchts halt immer.      
Kurze Zeit später erblickten wir noch eine Moose - Mama, die aber mit zügigen Schritten durch das hohe Sumpfgebiet ging.
Im südlichen Teil des Territoriums gibt es rund 25'000 Waldkaribus, die sich in verschiedene Herden aufteilen. Im Norden des Yukon leben die Tundrakaribus. Man schätzt ihre Zahl auf etwa 120'000 Tiere. Das Karibu, in Europa und Asien, Rentier genannt, gehört zu den Wandertierarten. Als einzige Wildtierart tragen bei Karibus beide Geschlechter Geweihe.
Auch das kleinste Dorf hat eine sehr schöne Ortstafel. Sie ist meist aus Massivholz hergestellt. Schrift und Bilder sind reliefartig gestaltet. Mit der Sandstrahltechnik arbeitet man das tieferliegende Holz weg, und es entsteht eine natürliche Holztextur im Hintergrund. Form, Farben und Sujet laden ein, schon beim Ortseingang die ersten Infotafeln zu studieren.
Watson Lake... dort wo der heimwehkranke Soldat im Jahre 1942 ein Schild seines Heimatortes aufstellte...
Watson Lake, das Tor zum Yukon, ist der erste grössere Ort mit einer guten Infrastruktur und einem hervorragenden Visitor Center. Fast wie Hotelgäste sind wir im Infozentrum begrüsst und mit sehr vielen guten Reiseunterlagen und Karten vom Yukon beschenkt worden. Eine interessante Ausstellung mit Filmdokumenten zeigte uns einen Einblick in die Zeiten, als der Alaska Highway gebaut wurde. Die meisten Besucher nutzen diesen Ort zum Volltanken und Einkaufen. Doch der bekannte "Sign Post Forest" (Schilderwald) ist ein Must-Stopp.
Der grosse Schilderwald mit zahlreichen Holzmasten liegt direkt am Alaska Highway und ist ein Touristenmagnet. Der heimwehkranke Soldat Carl K. Lindley aus Danville hatte während der Bauarbeiten am Alaska Highway mit einem Schild seines Heimatortes den Start zu diesem grossen Schilderwald gegeben. Besucher aus aller Welt haben Wegweiser, Autonummern, Orts- und andere Schilder aufgehängt. Die Stadt stellt laufend 3 - 4 m hohe Pfosten auf um die Schildermenge aufzunehmen. Bis heute "over 68'000 signs are hammered row upon row on the signposts". Auch unsere Ortstafel in Originalgrösse entdeckten wir im Schilderwald (Bildergalerie), doch unser Heimweh hielt sich in Grenzen. Wir fragten uns: "Wer hat diese grosse Ortstafel von Uettligen nach Watson Lake gebracht?"
Im Northern Lights Center besuchten wir eine eindruckvolle Laser Shows zum Thema "Nordlicht". Das Polarlicht können wir zu dieser Jahreszeit nicht sehen. Doch auf der riesigen, runden Grossleinwand sahen wir die zarten Lichtspiele am nächtlichen Himmel. Sie gleiten lautlos über den Himmel , verschwinden und tauchen unvermittelt in veränderter Form und überraschender Leuchtkraft wieder auf. Ein bezauberndes Formen- und Farbenspiel. Einmalig! Leider können wir hier nicht bis zum Herbst, resp. Winter verweilen...
Teslin... und die Geschichte vom ersten Auto
In der kleinen Indianersiedlung, zwischen Watson Lake und Whitehorse, besuchten wir ein Kultur- und Versammlungszentrum des Tlingit-Stammes. Die holzgeschnitzten, sehr fein bearbeiteten Masken, der farbenprächtige Schmuck und die schönen Lederwaren zeigten uns einen tollen Einblick in das Kunsthandwerk. Im ganz kleinen George Johnston Museum folgten wir der Geschichte eines Mannes, der 1928 das erste Auto auf dem Fluss nach Teslin brachte, obwohl es keine Strassen im Ort gab.
Dieses verrückte Abenteuer aus der damaligen Zeit ist mit Filmausschnitten, Fotos, Gegenständen und dem Original- Fahrzeug sehr interessant dokumentiert. Der Trapper George Johnston träumte vom eigenen Auto, obwohl sein Ort keinen Meter Strasse hatte. Er kaufte einen 4 Zylinder Modell AB Chevrolet in Whitehorse. Dort nahm er eine kurze Fahrlektion auf dem Flughafen bevor er das Fahrzeug auf dem Fluss nach Teslin brachte. (Bild oben) Er war einige Hundert Meilen auf dem Yukon- und Teslin- River unterwegs, bevor er sein Dorf erreichte. George wusste, dass die längste Strasse vor seiner Haustüre war, 78 Meilen auf dem gefrorenen Teslin Lake. So konnte er nur im Winter fahren und eine Tankstelle gabs nicht. Später fällten sie Bäume um die ersten paar Meter Strasse im Ort zu bauen. Dorfbewohner sassen zum ersten Mal in seinem Auto und fuhren ein paar Meter...
Er träumte von einem Fahrzeug und erfüllte sich den Traum. Wir träumen vom Reisen und sind unterwegs...
14 First Nations, wie Indianerstämme heute bezeichnet werden, leben im Yukon. Nicht in Reservaten und nicht in Tipis, sondern integriert in die multikuturelle Bevölkerung des Territoriums. Doch auch im Zeitalter von Internet und Satellitenfernsehen werden jahrhundertalte Traditionen gepflegt und aufrechterhalten. Während Tausenden von Jahren überlebten sie mit Jagd, Fallenstellen und Fischfang. Diese traditionelle Lebensweise wird zum Teil noch heute gepflegt. Im Yukon identifizieren sich rund 25% der Bevölkerung als First Nation, Inuit oder Métis, in ganz Kanada sind es dagegen nur 4%. Die Mehrheit der Ureinwohner gehört zu einer der beiden grossen Sprachfamilien: Athabaskan oder Tlingit. Diese 14 Stämme verteilen sich auf insgesamt acht Sprachregionen. Heute sind Bestrebungen im Gang, die traditionell nur mündlich überlieferten Sprachen vor dem Aussterben zu retten. Mit Hilfe von Elders (Stammesälteren) werden die Sprachen schriftlich und audiovisuell festgehalten und den Kindern in der Schule als Zweitsprache oder Wahlfach angeboten.
Whitehorse... die Stadt in der Wildnis
In der Hauptstadt des Yukon machten wir für ein paar Tage Ferien. Das Stadtzentrum ist zwar klein, doch die Stadtgrenze liegt ca. 20 km ausserhalb der City. Für uns aber auch eine wichtige Versorgungs- und Informations-Station. So vernehmen wir kurz vor unserer Weiterreise, dass der Taylor Highway in der Nähe von Chicken gesperrt ist. Der starke Regen hat ein grosses Stück Strasse weggeschwemmt. Kein Durchkommen! Für eine Woche bleibt der Übergang von Dawson City nach Chicken geschlossen. So gibt es für uns eine Routenänderung, Dawson City besuchen wir später auf der Rückreise vom Norden.
Bei der schönen Ortstafel entdeckten wir unseren ersten Weisskopf-Adler auf einem Horst in den Bäumen. Im Nest sassen noch zwei Jungtiere, die sich ab und zu mit ein paar Flügelschlägen bemerkbar machten. Manchmal streckten sie den Kopf über den Nestrand und blickten in die Umgebung. Der blaue Himmel als Hintergrund und das Abendlicht liessen noch manche Fotografen eine Weile ausharren... so vergehen oft Stunden, die aber lange in Erinnerung bleiben. Wir besuchten diesen Ort in den nächsten Tagen immer wieder, doch der blaue Himmel zeigte sich nicht mehr.
Der Miles Canyon erreichten wir über die Miles Canyon Road westlich des Yukon River. Der Fluss verengt sich an dieser Stelle zu einem Canyon, dessen Ufer von schwarzen Basaltsäulen gesäumt werden. Wir wanderten über die Hängebrücke und flussaufwärts. Im Canyon mussten früher die Goldsucher auf ihrem Weg nach Dawson City mit dem Tragen der Boote beginnen. Die gefürchteten Stromschnellen waren ein gefährliches Hindernis. So geht die Ortsbezeichnung Whitehorse auf die hochaufschäumdende Gischt der einst gefürchteten Miles Canyon-Stromschnellen zurück. Sie erinnerte an die wehende Mähne eines Schimmels.
Am Yukon River liegt der Sternwheeler SS Klondike II. Der Heckraddampfer, gebaut im 1937, gehörte zu den grössten Schiffen die auf dem Yukon River verkehrten. Er ging 1955 auf die letzte Fahrt den Fluss hinauf nach Dawson. Im gleichen Jahr wurde dann der Klondike Highway fertiggestellt. Aus den Klondike Unterlagen entnehmen wir, dass der Raddampfer auf der 740 km langen Reise von Whitehorse nach Dawson flussabwärts etwa 36 Stunden brauchte. Sie machte ein bis zwei "Stops" um Holz mitzunehmen. Dabei verbrauchte sie rund 40 Klafter Holz.
Auf der Rückreise flussaufwärts dauerte die Fahrt bis fünf Tage. Der Raddampfer benötigte dann 120 Klafter Holz. Das Schiff und die alten Fotos lassen uns die vergangenen Zeiten fast ein wenig lebendig werden...
Whitehorse Fishway, Fish Ladder (Fischleiter)
Auf dem Weg entlang der Fischleiter konnten wir im verglasten Abschnitt Fische beobachten, wie sie die Stufen der Leiter überwinden. Die 366 m lange, hölzerne Fischleiter ist die Längste der Welt und man kann den Lachsen dort wirklich tief in die Augen schauen. Die Anlage besteht aus einer Reihe von Stufen, die sich vom Fluss über 15 Meter hoch bis zum Schwatka-See erstrecken. Die Fischleiter ist während der Laichzeit der Lachse von Mitte Juli bis anfang September besonders interessant.
Beim Bummeln durch die Stadt fragten wir uns, wo den die rund 26'000 Einwohner, gut drei Viertel der Gesamtbevölkerung des Yukons, alle leben. Verwaltung, Bergbau und Tourismus sind hier die Eckpfeiler der lokalen Wirtschaft. Die Wohnviertel sind weit auseinander gezogen verstreut und von den Hauptverkehrsstrassen kaum sichtbar. Die flächenmässige Grösse von Whitehorse wird deutlich, wenn man vom Zentrum aus über 20 km fahren kann, um an die Stadtgrenze zu gelangen. Durch den kleinen Stadtkern gehen wir zu Fuss und bestaunen da und dort alte Häuser. Die Main Street mit ihren an die Goldrauschzeit erinnernden Fassaden lassen uns ein bisschen Vergangenheit spüren. Im Visitor Center sahen wir einen guten Kurzfilm über den Yukon.
Besuch aus der Schweiz...
Helen, die Schwester von Regine, und ihr Mann Günter sind mit einer kleinen Reisegruppe für zwei Wochen im Yukon und in Alaska unterwegs. Da wir zur gleichen Zeit in dieser Gegend unterwegs waren, überraschten wir sie bereits mit dem Empfang am Flughafen Whitehorse. Das Wiedersehen wurde begleitet von einer grossen Freude. Besuche aus der Schweiz sind ja für uns wirklich eine Seltenheit! Nach dem Hotelbezug unternahm die Reisegruppe einen kleinen Stadtbummel zudem auch wir eingeladen wurden. So vernahmen wir von ihrem Reiseleiter Wissenswertes über Whitehorse und von Helen und Günter die neusten News aus unserer Heimat. Beim Nachtessen auf der Veranda im Klondike Korner stiessen wir mit einem Glas Wein auf unser Wiedersehen an. Später spazierten wir dem Yukon River entlang zu ihrem Hotel. Bei der "Müller's Lodge" im Freien durften wir Helen und Günter noch mit einem Kaffee verwöhnen, bevor sie dann ihren langen Reisetag beenden konnten. Wir wünschen euch sonnige Tage und eine unvergessliche Reise mit vielen schönen Tierbegegnungen.
Whitehorse - Fairbanks - Deadhorse
Die Strecke von Whitehorse - Dawson City nach Tok war immer noch gesperrt. Nach dem Grenzübergang zu Alaska, in der Nähe von Chicken, wird an der Strassen-Instandstellung fleissig gearbeitet. So ändern wir unsere Reiseroute und fahren über Fairbanks in die einsame Wildnis und Tundra nach Deadhorse. Mit genügend Lebensmittel und Treibstoff machen wir uns auf die rund 850 km lange Reise in den Norden. Auf dem Dalton Highway wollen wir über den Polarkreis hinaus in die einsame Tundra eintauchen. Bereits nach Livengood beginnt es zu regnen und bei der langen Brücke über den Yukon River lassen wir die Kamera im Rucksack.
"Traveling this farthest-nord road involves real risks and challenges," so stehts im "The Dalton Highway Visitor Guide", der die Strecke auf 24 Seiten beschreibt. Der Highway verläuft entlang der Trans-Alaska-Pipline. Er dient als Versorgungsstrecke für die Ölfelder in der Prudhoe Bay. Die Strasse war bis 1981 nur für den Werkverkehr offen. Erst im Jahre 1994 gab man den Highway frei für den Public-Trafic. Der längste Abschnitt ohne jegliche Versorgungsmöglichkeit liegt zwischen Coldfoot und Deadhorse, zwar nur 239 Meilen (385 km). Doch der Highway, zum Teil eine recht rauhe, mit Schlaglöchern überzogene Piste ist die längste unbediente Strecke in Nordamerika. Wir stellen uns dieser Herausforderung bei strömendem Regen. Die wunderschöne Landschaft zeigt sich grau-weiss.
Auf der recht glitschigen Strasse fahren wir vorsichtig. Ab und zu kommt uns ein Lastwagen entgegen, dann wird unsere Windschutzscheibe mit einem Wisch Strassenmatsch verdunkelt. Eine echte Herausforderung an Fahrzeug und Insassen. Bei Begegnungen mit schweren Lastern fahren wir nach rechts, soweit es die Piste zulässt, oft halten wir an und hoffen, dass die Windschutzscheibe heil bleibt. Warum fährt man nach Deadhorse? Gute Frage! Unser kleines Geheimnis verraten wir nicht. Doch in dieser nördlichsten noch fahrbaren Gegend gibt es zwischen dem 10. Mai und dem 2. August keinen Sonnenuntergang. Somit beträgt die längste Periode Sonnenlicht 63 Tage, 23 Stunden und 40 Minuten... ein ganz schön langer Tag! Doch von der Sonne sehen wir noch nichts!
Wir überqueren den Polarkreis und füllen unseren Dieseltank in Coldfoot auf. Mit dem vollen Tank können wir fast 800 km zurücklegen, das beruhigt. Andere Fahrzeuge füllen noch ihre Kanister auf, so auch die Motorrad-Fahrer, die recht zahlreich unterwegs sind. Fahrer, Töff und Gepäck, alles in der Einheitsfarbe vom Strassen-Matsch. Wir nehmen Abschied von den letzten Fichten und Büschen und tauchen in eine karge Tundra ein. Hier wachsen die Bäume kaum noch einen Millimeter im Jahr und selbst kleine dünne Fichtenstämme haben Jahresringe, die man nur mit der Lupe zählen kann. Hier herrscht Permafrost. Der Boden ist ganzjährig gefroren und auch das warme Sommerwetter kann den Boden nur oberflächlich aufweichen. Als wir über die steinige, steile Piste zum Atigun-Pass auf 1422 m hinauf klettern, verschwindet die Strasse in der weiss-grauen Nebelwolke.
Am dritten Tag auf dem Dalton HWY wird die Gegend flacher und beidseits der Strasse blühen die Fireweed, doch von der Sonne keine Spur. Am Nachmittag erreichen wir Deadhorse. Das Ende des Dalton Highway. Keine toten Pferde begrüssen uns. Eine Stadt der Piplines, Container, Rohre, Maschinen und Fahrzeuge. Eine Stadt wo über tausend Leute arbeiten, aber es gibt keinen Shop mit Lebensmittel.
Hier arbeitet man zwei Wochen am Stück, dann hat man zwei Wochen frei. Hier wohnt man in Containern und ist bestrebt, in den grossen Ölförderanlangen in der Prudhoe Bay seinen Job gut zu machen. Wir fahren durch das grosse Gelände von Werkshallen, gestapelten Containern, durch lange Reihen von Trucks und Maschinen, über Pipelines und durch riesige Rohrlager. Alles dreht sich hier um Erdöl. Täglich werden, so entnehmen wir aus den Unterlagen, eine Million Barrel (160 Millionen Liter) nach Valdez in den Golf von Alaska (Prince William Sound) gepumpt. Die 1287 km lange Pipeline wird permanent Tag und Nacht überwacht. Eine Lebensader von sehr grosser Bedeutung. Sehr viele Servicefahrzeuge kreuzten auf dem Weg nach Deadhorse unseren Weg.
Mit der "Deadhorse map" fahren wir um den Lake Colleen. Vorbei am Artic Oilfield Hotel, dem General Store, dem Post Office und fragen im Prudhoe Bay Hotel, was der Parkplatz für eine Nacht kostet.
Ein Parkplatz vor dem Hoteleingang kostet $ 10 , mit Strom kommen noch $ 15 Dollar dazu. Das Zimmer im Container $ 199 pro Nacht und eine Dusche kostet 12 Dollar. Wir wollten zuerst eine Nacht hier verbringen, doch der Himmel klarte auf und innert kurzer Zeit hatten wir blauen Himmel und Sonnenschein. Wir schauten in die weite Tundra und wussten sogleich, die nächte Nacht wollen wir zusammmen mit der Sonne verbringen.

Etwas ausserhalb Deadhorse treffen wir auf eine Gruppe Moschusochsen. Sie weiden abseits der Strasse mit ihren Jungen. Der nur im hohen Norden der arktischen Tundra vorkommende Moschusochse lebt in Herden und zeigt einen ausgeprägten sozialen Instinkt. Bei Bedrohung, zum Beispiel durch Wölfe, formieren sich die ausgewachsenen Tiere schützend rund um ihre Jungtiere. Der Moschusochse muss auch bei den kältesten Winterstürmen keinen Schutz suchen, ist er doch des langen, zotteligen Fells wegen kälteunempfindlich. Die isolierende, feine Unterwolle, Qiviut genannt, gilt als beste, aber auch teuerste Strickwolle und ist achtmal wärmer als Schafwolle. Wir beobachten die Tiere von der Strasse aus und fragen uns, wie man hier einen Winter überleben kann.
Auf der Rückfahrt geniessen wir die Sonne um Mitternacht. Sie beleuchtet die wunderschöne einmalige Landschaft wie ein Bühnenbild. Immer wieder halten wir an, staunen über die grossen langen Streifen von den Fireweed Blumen entlang der Strasse. Die Berge im Hintergrund erscheinen uns als Gemälde wie auf einer riesigen Leinwand. Wir fahren in der Nacht bis um 2.30 Uhr und können uns kaum statt sehen von den farbenprächtigen Bildern unterwegs.
Die flachstehende Sonne zauberte immer wieder neue Bilder vor unsere Windschutzscheibe. Es kam uns vor, als sitzen wir in einem Kino und schauen uns einen Panoramafilm dieser unberührten Wildnis an. Wir hatten wirklich grosses Glück. Als wir den Atigun-Pass überquerten meinte Regine, es wäre an der Zeit um nach einem Übernachtungsplatz Ausschau zu halten. Doch erst als wir keine beleuchteten Berggipfeln mehr sahen, parkten wir etwas Abseits des Dalton Highways und richteten unser Nachtlager ein. Wir sind uns bewusst, eine solche Nacht, beleuchtet von der Mitternachtssonne werden wir kaum mehr sehen.
Zwischen Sukakpak Mountain und Coldfoot wird ein Streckenabschnitt von ca. 25 Meilen saniert. Die Notiz, dass der Dalton HWY am Donnerstag von 7 Uhr bis 19 Uhr gesperrt ist, nahmen wir schon bei der Hinfahrt zur Kenntnis.
Mit der "Stop-Tafel-Frau" plauderten wir eine Weile und erhalten die neusten News zur Baustelle. Sie wohnt in Wiseman, ein ganz kleines Dorf nach der Baustelle mit gerade mal 14 ständigen Bewohner. Der Ort wurde 1907 bekannt, als die Fallensteller und Jäger im nahen Nolan Creek Gold entdeckten. Ihre Mutter lebt hier noch das ganze Jahr in dieser einsamen Wildnis. So besuchten wir dieses Kleinod und glaubten uns fast um 100 Jahre zurückversetzt. Auf dem Rundgang sahen wir die alten Häuser und staunten über die Requisiten aus der Goldgräberzeit. Auf dem Vorplatz der kleinen Lodge sassen zwei Feriengäste, über dem Kopf ein Mückennetz gestülpt. Während wir auf kleinen Fusswegen um die Häuser gehen, spüren wir förmlich eine Ruhe und Abgeschiedenheit, wie wir sie nur von den Bergen her kennen. Nur dass der nächste Lebensmittelshop ein paar hundert Meilen entfernt liegt...
Denali National Park... und die ersten Grizzlies
Wenn ein Einwohner von Alaska sagt: "The Mountain is out", besteht kein Zweifel, welchen Berg er meint. Es ist der Mount McKinley, oder "Denali", wie die Meisten in Alaska sagen. Denali bedeutet "der Hohe" und ist die indianische Bezeichnung für den immer schneebedeckten Gipfel. Mit einer Höhe von 6194 m ist er der höchste Berg Amerikas. Die Idee für einen Park begann 1906, als Charles Sheldon ankam, um die Dall Sheeps zu studieren.
Um die Wildtiere zu schützen, entwickelte er ein Konzept für den Park. Mit 6 Millionen acres ist der Park Heimat für Mooses, Caribous, Dall Sheeps, Wolves, Golden Eagles und Grizzly Bears. Eine schmale Gravelroad führt über 148 km durch eine hügelige Landschaft entlang von Flüssen, bis zur alten Minenstadt Kantishna. Der einzige Weg um dorthin zu gelangen ist der Shuttlebus. Privatfahrzeuge dürfen nur die ersten 15 Meilen bis Savage River fahren, ausser man hat einen reservierten Platz auf dem Teklanika River Campground. Nachher gehts nur noch mit dem Shuttlebus, mit dem Velo oder zu Fuss weiter. Der Park ist für Tiere, nicht für Menschen geschaffen.
Deshalb buchten auch wir sofort bei der Ankunft im Wilderness Access Center eine Bustour. Am Morgen um 9 Uhr standen wir vor dem Schalter und schauten auf die grosse Shuttle-Bus-Tafel. Für den nächsten Tag gabs noch freie Plätze für eine Tour nach Kantishna. Glück gehabt, besonders dann, wenn auf dem Wetterprognosen-Aushang für den nächsten Tag die Sonne abgebildet ist. Die Tour nach Kantishna dauert 12 Stunden und wir sitzen am nächsten Tag in einem alten Schulbus.  Die Fahrerin machte uns gleich bei der Begrüssung darauf aufmerksam, dass wir jederzeit "stopp" rufen können, wenn wir Tiere sehen. Wir sahen den ganzen Tag viele Tiere. Die Fahrerin meinte auf der Rückfahrt, dass wir mit 15 Grizzlies bereits 5% des Bestandes von etwa 300 Bären gesehen haben. Für uns waren es die ersten Grizzlies, die wir erblickten. Für gute Aufnahmen waren sie aber für unser Tele zu weit weg von der Strasse.
Das Bussystem ist sehr gut ausgebaut. Besteht doch auch die Möglichkeit unterwegs auszusteigen, eine Pause einzulegen oder ein paar Kilometer zu wandern. Später kann man den nächsten Bus anhalten und wieder mitfahren. Vorausgesetzt er hat noch freie Plätze. Will man den hohen Berg ganz sehen, muss man Glück haben. Er zeigte sich nur halbherzig und die Bergspitzen waren in den Wolken. Laut Statistik zeigt sich der Denali im Hochsommer nur jeden dritten Tag ganz.
Wir hatten Glück mit dem Wetter, den ganzen Tag schien die Sonne, aber der Berg war immer ein wenig in Wolken gehüllt. Tags zuvor und einen Tag nach unserer Bustour regnete es. Mit vielen farbenprächtigen und tierischen Bildern im Kopf kehrten wir nach genau 12 Stunden zum Eingang des Parks zurück. Soviele Tiere wie heute haben wir noch nie an einem Tag gesehen.

 

 

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