Reisebericht USA / Mexiko

01. - 30.04.2011 Amado (Tucson, USA) - La Paz (Baja California, Mexiko)
Titan Missile Museum - Visit a Cold War Battlefield...
Besuche ein Schlachtfeld vom Kalten Krieg, steht auf dem Museumprospekt. Das Museum lässt sich nicht mit anderen Ausstellungen vergleichen. Was wir auf unserem geführten Rundgang sehen, erinnert uns an eine Sequenz von einem Science-Fiction-Film aus den 1960-Jahren. Aber alles ist echt und war lange im Einsatz. Die Gelegenheit Requisiten aus dem "COLD WAR" unter kundiger Führung zu besichtigen, liessen wir uns nicht entgehen. So konnten wir mit einer kleinen Gruppe in das Abschusssilo einer Titan-II-Interkontinentalrakete hinabsteigen, die früher mit Atomsprengköpfen bestückt und von 1963 bis 1984 rund um die Uhr einsatzbereit war. Die gewaltigen Ausmasse des unterirdischen Labyrinths mit den vielen Sicherheits-Vorkehrungen muss man gesehen haben, um zu glauben, dass alles echt ist.
Der Kommandoraum gespickt mit Computertechnik und mit dem berühmten roten Knopf der im Ernstfall gedrückt worden wäre lässt uns an die Zeiten des Kalten Krieges erinneren. Insgesamt wurden 33 Raketen für das Entwicklungsprogramm gebaut. Davon wurden 32 für Testflüge eingesetzt und eine Rakete wurde für Trainigszwecke verwendet. Diese Rakete befindet sich heute im Titan Missile Museum in Arizona. Für das operative Programm wurden zwischen 1963 und 1967 108 Titan-II-Raketen gebaut.
Der Komplex bestand aus dem Raketensilo mit der Titan II und einem Startkontrollzentrum. Zwischen Silo und Kontrollzentrum befand sich das Zugangsportal zum Komplex mit Fahrstuhl und einer Explosionsschutzstruktur, welche im Falle einer Explosion, an der Oberfläche oder im Silo, das Startkontrollzentrum schützen sollte. Sie bestand aus zwei Schleusen mit jeweils zwei 3 t schweren hydraulisch bewegten Türen.
Neun dieser Raketenkomplexe bildeten eine SMS, von denen jeweils zwei an den drei operativen Basen zu einer Strategic Missile Wing (SMS) zusammengefasst wurden. Stationiert wurden die SMS an der Little Rock AFB (Arkansas), Davis-Monthan AFB (Arizona) und McConnell AFB (Kansas), was 54 Raketen entspricht. Die erste Titan II wurde am 15. April 1963 in Alarmzustand versetzt...
Das Silo wurde von einer 740 t schweren Betonabdeckung geschützt, welche vor einem Start hydraulisch zur Seite gefahren würde und die Rakete freigab. Auf jeden Komplex hatten Mannschaften von jeweils vier Soldaten für 24 Stunden Bereitschaft. Die Crews bestanden aus zwei Offizieren und zwei Raketentechnikern. Am Schluss der Führung wurde eine Besucherfrage, warum alles zurückgebaut und eingestellt wurde, unter anderem so beantwortet:"... weder die Russen noch die Amerikaner hätten diesen Atomkrieg überleben können!" Ja, dieses alte Schlachtfeld aus dem "COLD WAR" ist ein Beispiel, was sich die Menschen ausdenken, wenn man nicht in Frieden miteinander leben kann.
Organ Pipe Cactus National Monument
Auf der Fahrt zur mexikanischen Grenze, wo das Organ Pipe National Monument liegt, verdauen wir das Gehörte über die Raketensilos und den Kalten Krieg. Unterwegs fällt uns auf, dass fast jedes zweite Auto, das uns überholt, ein "Border Control" Fahrzeug ist. Wir sind sehr nahe an der Grenze zu Mexiko. Rund um die Uhr wird hier zu Land und aus der Luft der Grenzabschnitt zu Mexiko überwacht. Trotzdem übernachten wir alleine im Openland mitten in der Wüste. Alle Begegnungen und Kontrollen mit den Grenz- und Polizeibeamten erleben wir nur positiv. Alle mobilen Strassengrenzkontrollen können wir ungehindert passieren.
Dieses grosse Schutzgebiet, bekannt mit seinen Orgelpfeifen- kakteen, hat bereits seit 1937 den Status eines National Monuments. Der Film im Visitor Center gibt uns einen tollen Einblick über die Flora, Fauna und Geologie. Alle Campground-Plätze sind sehr schön zwischen den Wüstenpflanzen angeordnet. Neben unserem Platz steht ein stattlicher Saguaro Kaktus, der im oberen Bereich mehrere Nistlöcher hat. Der Gila Specht ist bereits fleissig am Nisten, kaum zeigen sich die ersten Sonnenstrahlen über dem Horizont. Die Aufmerksamkeit beim Frühstück gilt den bunten Vögeln, die unentwegt ein- und ausfliegen.
Am späteren Nachmittag fahren wir den 34 km langen Ajo Mountain Drive (Bild oben). Mit Ausnahme eines Grenzkontroll-Fahrzeuges welches uns überholt, sind wir alleine auf der Gravelroad unterwegs. Mit 4x4 lässt sich die zum Teil rauhe Strecke gut bewältigen. Dieser "one-way" Rundkurs ist für uns eine Entdeckungsreise, denn wir benötigen über vier Stunden. Bei anbrechender Dunkelheit kehren wir müde auf den Campground zurück, müde vom über hundert Mal ein- und aussteigen...! Wir sehen in solchen einzigartigen Wüstengebieten immer wieder Pflanzen, Tiere oder Spuren die uns neugierig machen. Schade, dass die Wüste noch nicht blüht.
Die zweite Strasse heisst North-, resp. South Puerto Blanco Drive. Sie ist ca. 85 km lang und führt über weite Strecken im Süden direkt an der Grenze zu Mexiko entlang. Wir fahren 10 Meilen, dann heisst es Road closed! "The rest of this 53-mile loop is closed indefinitely." Regine wäre diese Route gerne noch gefahren, doch wie lange hätten wir gebraucht? Wer die Einsamkeit in einer kahlen, ruhigen und wunderschönen Wüstenlandschaft sucht, ist hier am richtigen Ort. Um uns herum ist alles voller Kakteen. Vor lauter Begeisterung laufen wir oft ohne gezielt auf den Boden zu schauen. Dies hat dann zur Folge, dass auch mal die kleinen heimtückischen Stachelballen des Teddy Bear Chollas an unseren Füssen und Hosen haftet. Schon der feinste Kontakt genügt, um sie x-fach in der Haut zu haben. Wanderschuhe sind Pflicht, wenn wir lange querfeldein gehen. Nach drei Tagen fahren wir Richtung Tucson zurück. Auf halber Strecke tauchen wir aber in eine ganz andere Welt ein.

Kitt Peak National Observatory - ein Blick in die Sonne
Schon von weitem sehen wir die weissen Gebäude auf der obersten Bergkuppe des 2095 m hohen Kitt Peak. Wir nehmen die kurvenreiche Bergstrecke gemächlich in Angriff. Wir sind am späteren Vormittag alleine unterwegs und geniessen mit jedem Höhenmeter der grossartige Ausblick ins umliegende Flachland. Das Kitt Peak Nationalobservatorium beherbergt 22 optische Teleskope, darunter auch das grösste Sonnenteleskop der Welt (Bild links). Die zweistündige Besichtigungstour, geführt von einem ehemaligen Dozenten, bringt uns von der Wüste ins Weltall zu den Sternen.
Die Bergkette Kitt Peak wurde im Jahr 1958 als Standort für das National Observatorium ausgewählt. Der Berg liegt etwa 65 km (Luftlinie) südwestlich von Tucson, Arizona. Ein Grund für den Standort war, dass es kaum eine Lichtverschmutzung in der weiten Umgebung und eine sehr trockene, klare Atmosphäre gibt. Die über 300 Sonnentage im Jahr, meist mit blauem Himmel, erlauben die Einrichtungen entsprechend zu nutzen. Als wir einen Blick in den Tubus des Sonnenteleskops machten, stand direkt vor uns hinter Glasscheiben der grosse Spiegel. Wir schauten im Tubus nach oben und nach unten und waren überrascht von den grossen Dimensionen.
Im Beobachtungsraum des Sonnenteleskops war ein Wissenschaftler an der Arbeit. Er erklärte unserer Gruppe die einzelnen Einrichtungen. Bilder von der Sonne schmückten den Raum. Die Erklärungen unserers Tourführers entführte uns ins unendliche Weltall, in ferne Galaxien. Später besuchten wir das kleine Spezialteleskop, das ein Mitarbeiter exakt auf die Sonne ausrichtete. Jetzt konnten wir mit eigenen Augen der Sonne direkt ins Gesicht blicken. Deutlich sahen wir die Sonnenflecken, die Sonnenkorona und Eruptionen. Ein Erlebnis, unvergesslich!
Ja, hier wird nachts gearbeitet und am Tag ausgeruht, meinte unser Guide und zeigte auf eine Tafel mit dem Hinweis: Bitte Ruhe! Gerne hätten wir auch einen Blick unter die Kuppel des Mayall- und des WIYN Teleskop gemacht. Mit ihren Hauptspiegeln von 4 m bzw. 3,5 m Durchmesser gehören sie zu den grössten auf Kitt Peak. Auf einer grossen Holztafel sind über 20 Universitäten als "Member" aufgelistet. Auf unseren Unterlagen steht: "For an in-depth experience, visit Kitt Peak at night." Wir sind uns einig, das nächste Mal verbringen wir hier auf Kitt Peak eine Nacht und tauchen ein von der heissen Sonora-Wüste ins unendliche Weltall.

Overland Expo 2011 - Amado Territory Ranch
Etwa 50 Meilen südlich von Tucson besuchten wir eine Ausstellung für Expeditionsfahrzeuge, 4x4 Geländewagen und dessen Zubehör. Unter dem Motto: No Limit im Outback! Der gute Hinweis für die Expo bekamen wir von Ingrid und Jürg, die mit einem traumhaften Unimog resp. selbst ausgebauten Expeditionsfahrzeug auf der Panamericana unterwegs sind (Bild links). Sie wurden eingeladen, ihr Fahrzeug auszustellen.  So treffen wir Ingrid und Jörg am ersten Ausstellungstag in der schönen Wüstenlandschaft. Amado ist ein ganz kleines Dorf, hat zwei Campgrounds und ein paar Häuser. Es liegt an der Interstate 19  Richtung Nogales.
Die Ausstellung findet unter freiem Himmel statt, da gibt es keine Hallen oder Büros, dafür eine grosse Anzahl 4x4 Fahrzeuge aller Art. Vom Anhänger über den Zeltdach-Camper bis zu den exklusivsten Expeditionsfahrzeugen die mehrere Hunderttausend Dollar kosten, ist hier eine vielfältige Auswahl zu besichtigen. Der Zubehör-Markt ist klein. Auf  einer speziell präparierten hügeligen Piste  konnten die 4x4 Fahrer  das Feeling spüren, wenn die Strasse aufhört und der ausgetrocknete Fluss anfängt.  Die Ausstellung findet zum dritten Mal statt. Sie  wird mit verschiedenen Vorträgen von Reisenden, z. B. „Motorcycling through China“ oder „Exploring Canadas Northwest“, usw. interessant gestaltet. Ja, hier dreht sich alles um das Reisen im Outback, abseits der normalen Strassen. Die Freiluftausstellung ist sehr professionell organisiert. Wir bummeln durch das Ausstellungsgelände und sehen viele gute Ideen, wie man in der Wildnis reisen kann. Mit den Besitzern eines kleinen 4x4 Mitsubishi-Van  plauderten wir länger. Sie sind seit über 11 Jahren in Europa, Afrika, Süd- und Nordamerika unterwegs auf kleinstem Raum. Jetzt fahren sie Richtung Alaska. Die Strassen die sie in Südamerika gefahren sind, zeigen sich als grosses Spinnennetz auf der Karte. Unglaublich!
Der Unimog von Ingrid und Jörg begeisterte uns, perfekt ausgebaut, in hoher Qualität und  mit vielen interessanten Details. Ihre gute Homepage ist einen Besuch wert, grossartige  Fotos und tolle Berichte. (www.arminius-on-tour.de) Mit einem solchen Fahrzeug kann man auf abgelegenen Routen durch Flüsse, über Stock und Stein fahren, da gib es kaum ein Limit, ausser wenn die Tafel „Road closed“ aufgestellt ist. Wie meinte Regine: "Du müsstest ein paar Jahre jünger sein, dann könntest du mit dem Ausbau eines solchen Fahrzeuges beginnen...!"

Joshua-Tree National Park
Unser nächster Reiseabschnitt  bringt uns nach Westen. Wir sind auf der Suche nach blühender Wüstenlandschaft. Wir fahren vom Ort Twentynine Palms in den über 3200 km2  grossen Park und sehen nach kurzer Zeit  die ersten skurrilen Joshua-Palmlilien (baumhohe Yuccapalmen). Auf dem Weg zum Keys View, Höhe 1750 m, begegnen wir den ersten blühenden Joshua-Bäumen, die bis zu 13 Meter hoch werden, bei einer sehr gemächlichen Wachs- tumsgeschwindigkeit von 2 bis 3  cm pro Jahr. Wie andere Pflanzen in der Wüste haben sie wachsartige glatte, dornige Blätter, die wenig Oberfläche zeigen und daher sehr sparsam mit der Feuchtigkeit haushalten. Die Blüten sind cremefarbig und von erstaunlicher Grösse.
Die Campgrounds sind sehr gut besetzt, besonders beliebt der Jumbo Rock. Wir finden noch eine kleine Nische zwischen den grossen Felsen. Besonders schön leuchten einzelne, kahle Felsbrocken im Schein der kleinen Lagerfeuer. Wir legen ein feines Stück mariniertes Filet auf den Grill und der feine Geruch macht uns hungrig. Ja, wenn ein grosses Filetstück gerade mal soviel kostet wie bei uns in der Schweiz etwa vier Servelats, dann ist die Auswahl schnell getroffen. Mit einem gemischten Salat, ein Stück Brot und einem fein gegrillten Filetstück schauen wir in den traumhaften Sternenhimmel... wirklich einfach himmlisch!
Wir bleiben drei Nächte im Park und wechseln jeweils den Campground. Auf dem Wanderweg zur "Lost Horse Mine" entdecken wir blühende Kaktusarten und verschiedene Wildblumen. Die Wüste wird langsam aber sicher täglich ein bisschen farbiger. Das alte Bergwerk mit seinen 10 Stossstangen, um die Gesteinsbrocken zu pulverisieren, hält uns die Geschichte der Goldsuche in dieser Gegend vor Augen. Die "Geology Tour Road" eine rund 30 km lange Naturstrasse veranlasst uns den 4x4 einzuschalten. Gerade mal zwei Fahrzeuge begegnen uns, denn auf Tafeln wird ein Geländewagen empfohlen. Die Gravelroad ist so schmal, dass wir eine One Way Route fahren müssen.
Als wir auf der Pinto Basin Road Richtung Süden fahren begegnen wir einer Schildkröte mitten auf der Strasse. Ein gefährliches Überqueren in ihrem Tempo. Eine überfahrene Klapperschlange haben wir schon vor Tagen gesehen. Wir tragen das Tier sicher über die Strasse und blicken ihr nach, wie sie im nächsten Busch in Deckung geht. Kurz nach dem Wilson Canyon taucht der grossartige Cholla Cactus Garden im Abendlicht auf. Ein kleiner Lehrpfad führt uns quer durch die stachelige, blütenreiche Jumping Cholla Welt von grandioser Schönheit.
Wir verbringen noch eine Nacht auf dem Cottonwood Spring Campground. Der Wanderweg am nächsten Tag führt uns zur Lost Palms Oasis, wo sehr hohe Fächerpalmen stehen. Gemäss Beschreibung befinden wir uns auf einer Bruchstelle der Erdkruste. Diese Bruchlinien gehen kreuz und quer durch den Park. Grundwasser sammelt sich an in der Tiefe, kommt an die Oberfläche und erstellt so Bedingungen für eine Oase. Oberflächenwasser, auf das die Pflanzen sich verlassen können, nährt üppige Vegetation. Auffällig das laute Vogelgezwitscher in den hohen Palmen und der breite, saftig grüne Streifen beidseits des kleinen Baches. Der Joshua Tree National Park ist sehr beliebt für Ferien, Radfahren, Klettern und Wandern.
Nun heisst es Abschied nehmen von den amerikanischen National Parks. Sie sind uns ans Herz gewachsen. Insgesamt haben wir über 30 National Parks und National Monuments ausgiebig besucht. Hinzu kommen viele State Parks und National Recreation Areas (Erholungsgebiete). Dagegen haben wir die Städte vernachlässigt. Wir gaben den natürlichen Sehenswürdigkeiten im einsamen Hinterland den Vorrang. Die traumhaften, einfachen Campsites in den Parks werden wir vermissen. Sie sind für uns ein gutes Beispiel, wie wir in der grossartigen Natur unterwegs sein können, ohne gleich mit Hotelkomplexen, Ferienhaussiedlungen und anderen Infrastrukturbauten die Landschaft zu verschandeln. Ein Abstecher in die nächste Millionen Metropole holt uns in die Realität zurück.
Los Angeles - unser Domizil an der Long Beach
Auf Umwegen führt unsere Route vom Joshua Tree N.P. zum Salton See nach Borrego Springs. Die Anza-Borrego Desert steht in herrlicher Blütenpracht. Eine gewaltige Wildnis voller Kakteen und anderen Wüstenpflanzen. Wir parken mitten drin und starten ganz spontan zu einem Fotoshooting der Blütenpracht. Auf kleinen Strassen erreichen wir später den Lake Elsinore. Noch sind wir eine Tagesetappe von Los Angeles entfernt. Eine schöne Passstrasse über die Elsinore Mountains bringt uns an den Pacific Ocean. Der Küste entlang gehts nach Norden. Die Stadt wird grösser, die Spuren verdoppeln sich, das Häusermeer ist gewaltig, der Verkehr fliesst und wir mitten drin. Dank Navi stellen wir unseren Camper direkt vor dem Eingang des einzigen Campgrounds an der Long Beach ab.
Die Formalitäten sind schnell erledigt. Kaum ausgestiegen auf unserem Platz begrüsst uns der Nachbar mit einem feinen Drink. Brad und Val heissen uns herzlich Willkommen. Sie laden uns ein auf eine Velotour entlang der Long Beach und zeigen auf ihre Velos. Ihre Herzlichkeit ist überwältigend. Kurze Zeit später radeln wir zusammen auf sehr schönen Velowegen entlang der Küste. Vom Leuchtturm aus erblicken wir die Queen Mary, der nostalgische Ozeanriese verbringt ihre alten Tage als Hotelschiff. Breite sandige Strände laden ein zum Verweilen. Aus der Ferne sehen wir viele farbige Tupfer über dem Meer. Der Strand eine Hochburg der Kitesurfer. Brad führt uns durch ein Villenquartier namens "Klein Venedig". Beidseits der Wasserstrassen liegen prächtige Jachten und Boote vor den Häusern. Nach über zweieinhalb Stunden kehren wir mit vielen Eindrücken und guten Tipps auf den Campground zurück. So hat uns Los Angeles begrüsst. In der Stadt und ihren Vororten leben ca. 18 Millionen Einwohner. Für uns nicht mehr überblickbar!
Tags darauf unternehmen wir mit dem Metro- und Stadtplan in der Hand einen Ausflug ins Zentrum. Die einstündige Bahnfahrt nach Downtown gibt uns einen Eindruck über die Grösse der City. Einfach gigantisch! Die Tageskarte zum Preis von 6 Dollar scheint kaum der grösse der Stadt zu entsprechen. Aber zu Fuss unterwegs sein ist hier begrenzt. Nach dem Besuch der Walt Disney Concert Hall und der Cathedral of our Lady of the Angels fahren wir zum Hollywood Boulevard. Unsere Schritte gleiten über einen Teil der 2500 eingelassenen Messingsterne. Wir lesen bekannte Namen des Showgeschäfts und erinnern uns an grosse Filme.
Go "behind-the-scenes"! Ein Blick hinter die Kulissen bei den Warner Bros. Studios wollten wir uns nicht entgehen lassen. Das bekannte Kürzel "WB" auf dem Filmvorspann ist uns ja gut bekannt, gehört es doch zu den sieben grössten Filmunternehmen in den USA. Die vier Brüder Jack, Samuel, Harold und Albert Warner gründeten dieses Unternehmen. Sie überredeten ihren Vater sein Pferd und eine goldene Uhr zu verkaufen, um sich einen der ersten Filmprojektoren, das Edison-Kinetopskop zu erwerben. Damit führten sie in den USA auf dem Jahrmarkt beliebte Filme vor, denn es gab damals keine Kinos im heutigen Sinn. Später begannen sie eigene Filme zu produzieren und konnten 1918 mit dem Erlös ein Filmstudio auf dem Sunset Blvd. errichten. Die Warner Brothers Pictures, Inc. wurde 1923 in Hollywood gegründet.
Warner Bros. brachte 1927 mit Al Jolson als "The Jazz Singer" den ersten Tonfilm heraus. Es wurden bekannte Zeichentrickfilme und während des Zweiten Weltkriegs auch politische Filme gedreht, der bekannteste unter ihnen der Film "Casablanca". Bereits in den 1950er Jahren drehte das Studio auch eine Reihe von 3D-Filmen. Zu den neuesten Erfolgsproduktionen zählen unter anderem die Filmreihen von Harry Potter. Wir fahren mit kleinen Fahrzeugen durch das sehr grosse Filmstudio-Areal und erhalten Infos zu den Häuserfassaden, Strassen und Plätzen, die in bekannten Filmen eine wichtige Rolle spielten.
Unsere Tour führte uns durch riesige Hallen, mit einer Vielzahl von Werkstätten, wo an Kulissen und Aufnahmeräumen gearbeitet wurde. Eine kaum überblickbare Handwerks-Industrie ist hier am Werk um die Film- und TV-Serien ins richtige Rampenlicht zu stellen. In der grossen Halle mit den vielen Requisiten findet man wirklich jeden Gegenstand. Zum Beispiel Vasen, Bilder, Figuren, Uhren, Möbel, Geschirr usw. in allen Formen, Farben und Grössen, passend auf die jeweilige Zeitgeschichte.
Ganz besondere Figuren und Gegenstände, die in Filmen einen Kult-Status erreichten, sind in einem kleinen Museum ausgestellt, wo wir keine Fotos machen durften. Immer wieder entdeckten wir Gegenstände die Filmgeschichte geschrieben haben und sagten, weisst du noch...! Wir bekamen einen recht authentischen Blick hinter die Kulissen und bestimmt werden wir uns beim nächsten Film, wo das Signet "WB" im Vorspann abläuft an unsere geführte Tour hier in Hollwood erinneren.
Der Farmers Market, ein kleiner fussgängerfreundlicher Ort in der Mega-City brachte uns von der Filmwelt wieder in den realen Alltag zurück. Kleine Läden und Restaurants lassen kaum Wünsche offen für die vielen Besucher. Wir schlendern durch die Blumen- und farbenprächtige Mainstreet und nehmen auf dem Nostalgie-Tram im oberen Stock platz. Alles ist hier gepflegt, sauber und auch sehr schön restauriert. Spät in der Nacht erreichen wir mit der Metro die Long Beach und verarbeiten die eindruckvollen Bilder beim Einschlafen. Los Angeles bietet über Wochen den Besuchern Sehenswürdigkeiten. Wie heisst es so schön: Los Angeles findet man nicht in fetten Schlagzeilen oder auf Kinoleinwänden. Es zeigt sich erst auf den zweiten Blick, durch ganz persönliche Begegnungen und Erfahrungen. Wir sind eingetaucht und haben es genossen.
Unser dreimonatiges Visum lässt uns langsam aber sicher dem Ende der USA entgegen sehen. So suchen wir den Automobilclub AAA (Triple A) an der Long Beach auf. Nach kurzer Zeit verlassen wir das Gebäude mit einer Versicherung für Mexiko. Der Versicherungsschutz für die nächsten 9 Monate umfasst Haftpflicht, Rechtsschutz, Pannenhilfe und weitere Dienstleistungen und kostet etwa die Hälfte im Vergleich zu Europa. Der Hinweis vom AAA-Berater, auf Mexikos Strassen vorsichtig unterwegs zu sein, nehmen wir ernst. Wir verlassen Los Angeles in südlicher Richtung und besuchen die Queen Mary. Der Ozeanriese verbringt ihre alten Tage als Restaurant- und Hotelschiff. Seit Ende der 1970er- Jahre liegt der Luxusliner an der Long Beach.
Bei schönstem Wetter erreichen wir nach kurzer Zeit San Diego. Wir beschränken uns auf einen Schwerpunkt, den wir in der Schweiz kaum besichtigen können. Am Harbor Drive blicken wir auf den gigantischen Flugzeugträger Midway, der uns klein erscheinen lässt. Trotz allen Bemühungen gelang es uns nicht, das 300 Meter lange Ungetüm auf ein Foto zu bringen. Vier Stunden verbrachten wir auf der schwimmenden Flugzeuginsel, vom Maschinenraum bis in den Turm zum Kommandoraum des Kapitäns konnten wir alle interessanten Räume und Abteilungen besuchen. Der Audio-Guide fütterte unsere Ohren mit Zahlen und Infos, die uns einen Einblick in den mit 4760 Mann bestückten Gigant gab. Volunteers, meist ältere Leute, ergänzten auf dem Rundgang die technischen Details und beantworteten Besucherfragen.
Die Midway wurde wenige Tage nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in den Dienst gestellt und nahm noch am zweiten Golfkrieg teil. Als eines der wenigen Schiffe, das in der Lage war, atomwaffenbestückte Flugzeuge einzusetzen, stellte sie ein Kernelement der Abschreckung der US-Marine im Kalten Krieg gegenüber der Sowjetunion dar. Durch zahlreiche Umbauten und Modernisierungen wurde der Flugzeugträger während seiner Dienstzeit in seinem Aussehen stark verändert. 1992 wurde die Midway nach fast 47 Jahren in die Reserveflotte überführt. Seit 2004 ist sie als Museumsschiff in San Diego für die Öffentlichkeit zugänglich.
Der Antrieb der Midway erfolgte durch vier Getriebeturbinen, die ihren Dampf aus 12 Dampfkesseln bezogen. Die vier sehr grossen Propeller übertrugen eine Gesamtleistung von 212'000 PS und brachten den Flugzeugträger auf eine Höchstgeschwindigkeit von 33 Knoten. Das Schiff verfügte über sehr geringen Komfort für die Mannschaften, so war nur die Befehlszentrale klimatisiert. Mit 4760 Mann Besatzung wurden die Wasserkapazitäten später zu klein, so dass das Trinkwasser an Bord rationiert werden musste. Die sechs Kombüsen und Messen gaben täglich etwa 13'000 Mahlzeiten aus. Oben im Turm, im Kommandoraum des Kapitäns, hatten wir einen weiten Blick über das gepanzerte Flugdeck. Ein Stück US-Geschichte zum Anfassen, Erleben und Nachzudenken. Ja, und dann sehen wir wieder Bilder und lesen Berichte über die vielen Konflikte in Nordafrika oder Syrien. Manchmal fragen wir uns: "Warum schaffen wir es nicht in Frieden und Freiheit zusammen zu leben?"
Bye bye USA
Unsere Reise durch die USA in den vergangenen Monaten ist so entspannt, sicher und reibungslos verlaufen, dass wir mit einem weinenden Auge Abschied nehmen. Wir fühlten uns täglich wohl und frei in diesem grossartigen Land. Wir erlebten ein Land, das uns keinen Reisetag unangenehm, schlecht oder gar versaute. Nein, im Gegenteil! Wir begegneten Menschen die gastfreundlich, herzlich und mit ganz wenigen Ausnahmen immer sehr hilfsbereit waren. An vielen Orten fühlten wir uns daheim. Orte, ja ganze Landstriche haben wir ins Herz geschlossen und manchmal fiel uns der Abschied wirklich schwer.
In den rund sechseinhalb Monaten (USA und Alaska) hatten wir eine einzige Polizeikontrolle, und diese nur, weil sich der Beamte für unser Nummernschild interessierte. Da unsere Reise hauptsächlich durchs Hinterland, meist abseits der grossen Strassen führte, sind unsere Eindrücke und Erlebnisse nicht mit einem Städtetrip zu vergleichen. Dass wir bis heute ohne Pannen, Unfall, Krankheit oder andere Zwischenfälle reisen konnten, ist auch für uns nicht selbstverständlich und betrachten dies als grosses Geschenk. Nun wollen wir ein neues Land, eine andere Kultur und auch seine Sprache kennen lernen. Und wie immer auf unseren Reisen tun wir dies ohne Vorurteile und Klischees im Kopf. Mexiko venimos!
Mexiko - Baja California
Bei strahlend blauem Himmel erreichen wir am Morgen gegen 10.30 Uhr die Grenzstadt Tecate. Wir füllen den Diesel- und Wassertank auf und erneuern unser Trinkwasser-Vorrat. Es ist Samstagmorgen, an der Grenze kaum Verkehr auf der Einreise-Seite. Wir werden freundlich beiseite gewunken. Ein Zollbeamter kontrolliert kurz unsere Camperkabine, macht das Küchenschränkli auf, schaut unter den Lättlirost vom Bett und fertig ist die Inspektion. Schneller gehts kaum! Wir parkieren ca. 50 Meter vom Zoll entfernt und laufen zurück ins Einreisebüro, wo uns ein freundlicher Beamte begrüsst. Wir beantragen ein Visum für 6 Monate. Er liest unsere Pässe elektronisch ein und reicht uns ein kleines Formular zum Ausfüllen. Er freut sich, dass wir sein Land besuchen und Spanisch lernen wollen und gibt gleich ein paar Kostproben in Spanisch.
Es hat keine anderen Reisende in seinem Büro, so dass alles recht locker und mit Spass vor sich geht. Er gibt uns zwei Kopien A4 mit dem Hinweis, den Visa Betrag von 262 Peso (SFR 20.-) pro Person auf der Bank einzuzahlen. Heute sei Samstag, die Bank hier am Zoll ist geschlossen, aber wir können den Betrag auch später in La Paz einzahlen. Nun ja, La Paz liegt ja nur ca. 1300 km von seinem Einreisebüro weg. Er wünschte uns einen schönen Aufenthalt in Mexiko und wir verlassen sein Büro. So dauerte für uns der Grenzübergang insgesamt etwa 20 Minuten.
Auf Tecates Strassen suchen wir den Supermercato. An die vielen "Alto" Schildern (Stopptafeln) gewöhnen wir uns schnell. Für uns noch unklar, ob diese Alto-Tafeln an Kreuzungen nur für Touristen gelten oder für alle Autofahrer, denn für viele Mexikaner erfüllen die Strassenschilder lediglich dekorative Zwecke. Wir finden uns gut zurecht im Strassenverkehr und fühlen uns bereits nach wenigen Kilometern recht wohl. Kurze Zeit später fahren wir zum Supermercato "Calimax", wo uns der Parkplatzboy mit seiner Trillerpfeife den einzigen freien Parkplatz zuweist. Seine Begrüssung, ein herzhaftes Lachen. Kundenfreundlich! Regine kauft ein paar Vorräte für die nächsten Tage und ich geniesse den Kontakt mit der neuen Umgebung. Jetzt heisst es wieder umstellen. Gallonen, Meilen, Pounds und Fahrenheit raus aus dem Kopf und das meterische System einschalten. Wir wechseln zum Kurs von 100 Peso = SFR. 7.60. Um einen ersten Einblick in die Lebensmittelkosten zu erhalten, nehmen wir Regines erster Einkauf unter die Lupe, resp. in den Umrechner.
Der erste Kassazettel entziffert sich wie folgt:
5 Brötchen für Sandwiches                12 Peso = SFR   0.91
4 Yogurt (klein)                                    12 Peso = SFR   0.91
1 Flasche Mineralwasser 2,2 Liter   9.4 Peso = SFR   0.71
1 Flasche Mineralwasser 3 Liter        10 Peso = SFR   0.76
1 Milch 1,892 Liter                                23 Peso = SFR   1.74
Mexikanischer Salami 250 gr       19.49 Peso = SFR   1.48
Fleisch Rindsplätzli 465 gr            40.83 Peso = SFR   3.10
1 Pack Corn-Flakes 620 gr            53.75 Peso = SFR  4.08
Aepfel 770 gr                                   21.95 Peso = SFR  1.67
2 Gurken 715 gr                               16.37 Peso = SFR  1.24
4 Orangen 685 gr                              5.27 Peso = SFR  0.40
Bananen 1,45 kg                             17.19 Peso = SFR  1.30
Rüebli 5 Stück                                    8.90 Peso = SFR  0.68
geriebener Käse 145 gr                 14.53 Peso = SFR  1.10
Total Einkauf                                 284.68 Peso = SFR 21.60
Für Diesel bezahlen wir zur Zeit etwa 75 Rappen pro Liter. Da der Rückenwind uns oft auf der Fahrt nach Süden tatkräftig unterstützte, haben wir zur Zeit einen durchschnittlichen Verbrauch von 8.7 - 9 Liter Diesel auf 100 km.
Die Halbinsel  Baja California hängt wie ein dünner Finger südlich von San Diego am Festland. Die Nord-Südausdehnung erstreckt sich über ca. 1300 km und ihre Breite variiert  zwischen 45 und 170 km. Wir fahren auf der Mex 3 Richtung  Ensenada und von dort auf der Mex1 nach El Rosario. Dort zweigt die Route ins Landesinnere ab, wo uns die Strasse über 100 km durch den Parque Natural del Desierto Central führt. In Cataviña übernachten wir bereits zum dritten Mal auf mexikanischem Boden.
Am vierten Tag sind wir dann schon recht gut vertraut, was die neuen Verkehrsregeln betrifft. Der Verkehr ist gering und wir lernen den mexikanischen Fahrstil schnell. Ist die Strasse breit genug, wird grundsätzlich überholt. Überholverbote, Doppelte-Sicherheitslinie und unübersichtliche Kurven sind Nebensache. Die Angaben auf Tafeln 20 resp. 40 km/h können die meisten Fahrer  nicht lesen, denn sie brausen mit doppelter Geschwindigkeit  an uns vorbei. Das Anhalten rechts der Strasse ist sehr schwierig, meist unmöglich. Links und rechts des schmalen Teerbandes geht’s oft steil runter. Mit den rechten Rädern vom Teerbelag abzukommen hat fatale Folgen. An gefährlichen Stellen gibt es eine Serie „Bumps“, wobei die letzte Erhöhung ganz beachtlich ist.
Um diese zu umgehen, fährt der Mexikaner, resp. ein paar Verrückte, einfach auf die Gegenseite und behält die Geschwindigkeit bei. Wenn zwei grosse, breite Sattelschlepper kreuzen, ist das hier Präzisionsarbeit. In den Dörfern ist meist nur die Hauptstrasse geteert. An den Tankstellen werden wir freundlich bedient und oft will man „Cash“ statt Kreditkarte. Wir sind Richtung Süden unterwegs und erleben eine andere Welt. Einfacher, ärmer und viel, viel bescheidener. Gegen Ende April erreichen wir La Paz. Für kurze Zeit sind wir auf dem Camping ausserhalb der Stadt. Über die Fahrt auf der Baja California nach La Paz berichten wir im nächsten Monat. Nun heisst es die Schulbank drücken. Am 2. Mai beginnt unser Spanischkurs in La Paz. Eine neue Herausforderung!
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