01. - 29.02.2012 Yojoa-See (Honduras) - Managua (Nicaragua)
Grenzübertritt Guatemala - Honduras
Reisen auf dem Busdach! Die grosse Freiheit unterwegs zu sein macht den Hondurianer wirklich Spass! Ob im oder auf dem Bus, so löst man hier die ÖV-Probleme effizient, preisgünstig und ohne endlose Vorschriften. Hauptsache man ist unterwegs, alles andere ist Nebensache. Wir bevorzugen unsere zwei bequemen Sitze in unserem Auto. Zwischendurch fahren wir auch mit dem Chicken-Bus, meist aber nur kürzere Strecken in die Stadt. Auf das Dach haben wir es bis jetzt noch nicht geschafft. Jetzt sind wir an der Grenze zu Honduras ganz im Norden des Landes. Der Grenzübergang bei Corinto, zwischen Puerto Barrios und Puerto Cortés, ist sehr grosszügig ausgebaut und zurzeit sind die Beamten fast arbeitslos. Im Ausreisebüro von Guatemala sitzt ein gut uniformierter Beamter und blättert unser Pässe durch. Wir waren die einzigen Grenzgänger und hatten Zeit zum Plaudern. Wir berichteten ihm über die schönen und interessanten Orte, die wir in seinem Land besucht haben.
Da wir viel Positives erzählten freute er sich und sein Gesicht erstrahlte. Der Ausreisestempel war nur noch Formsache und kostenlos. Er stand von seinem Schreibtisch auf, kam auf uns zu und streckte die Hand aus zum Abschied. Eine persönliche Verabschiedung mit Händedruck und guten Wünschen für die Weiterreise hätten wir nie erwartet. Er begleitete uns zur Tür und mit einem freundlichen Lachen verabschiedeten wir uns. Ja, so hat jede Grenze andere Prioritäten. In Guatemala fühlten wir uns wohl. In abgelegenen Dörfern lernten wir eine freundliche und hilfsbereite Bevölkerung kennen, auch wenn die Auskünfte über Strassen und Wege nicht immer der Wirklichkeit entsprachen. Manchmal haben wir auch vergessen, dass hier noch viele Leute kaum schreiben und lesen können. Da nützt auch die beste Karte, resp. der beste Reiseführer nichts, wenn wir sie den Einheimischen unter die Augen halten. Adios Guatemala.
Um 11.30 Uhr stehen wir am Hondurianischen Zoll und füllen die Einreisepapiere aus. Die Gebäude- und Parkanlage ist grosszügig ausgebaut, aber fast menschenleer. Rasch erhalten wir die notwendigen Stempel in den Pass und müssen für die Fahrzeugeinfuhr ins andere Gebäude wechseln. Die Formalitäten hier laufen im Zeitlupentempo ab. Mit unserer Hilfe konnte der Beamte alles im PC eintippen und auf weitere Formulare übertragen. Im etwa 200 m entfernten Büro druckte ein Angestellter die not- wendigen Kopien für uns. Diesmal waren es 16 Stück. Jetzt durften wir noch 37 US$ für die Fahrzeugeinfuhr-Bewilligung hinblättern, dafür erhielten wir den Sticker für die Windschutzscheibe. Nach dem Desinfektions-Prozedere fuhren wir zum Grenzbeamten, der sich aber nur für unsere Wohnkabine interessierte. Er blickte sich in der Kabine um und war fasziniert. Eine Abwechslung im Grenzalltag, wo er meist nur viele Lastwagen und Busse kontrollieren muss. So dauerte unser Grenzübergang etwa 1 ½  Stunden und verlief problemlos.
Unterwegs in Honduras
Hier gibt es immer noch sehr grosse Gebiete von primärem, teilweise unerforschtem Regenwald. Die Moskitia  ist das grösste zusammenhängende Regenwaldgebiet Zentralamerikas. Doch nicht Strassen sondern grosse Flüsse haben die Landschaft geprägt. Das riesige Regenwaldgebiet, so lesen wir, verfügt über keinerlei Infrastruktur. Der Transport findet über die Flüsse auf Einbaum- booten oder Flössen statt. Das Gebiet umfasst ca. ein Viertel des Landes, ist aber sehr dünn besiedelt.

Wir fahren Richtung Puerto Cortes, dann über San Pedro Sula in den Süden. In Peña  Blanca am Yojoa-See suchen wir am Abend die D&D Brewery Lodge. Es ist bereits stockdunkel. Aussichtslos! Keine Schilder, keine Wegweiser! Da hilft nur ein Tuc-Tuc , das sich auf den dunkeln Strassen in der Gegend auskennt. Priska und Urs sind bereits schon in der Lodge und begrüssen uns herzlich. Wir feiern unser Wiedersehen mit einem gemeinsamen Nachtessen. Am Schweizertisch, mit uns gleich sieben Reisende aus der Schweiz, gibt es viel zu erzählen und eine Menge Reiseinfos auszutauschen. Mitten in den exotischen Pflanzen sind sehr  schöne Cabañas untergebracht. Im Restaurant  kann man sich verwöhnen lassen und der kleine  Pool kühlt ab. Ein Ort wo man sich gut vom Reisestress erholen kann. Priska und Urs haben sich bereits erkundigt, was es in der Umgebung vom Yojoa-See Interessantes zu sehen gibt.
Am nächsten Tag fahren wir früh mit zwei kleinen Booten, ohne Motor, auf dem Canaveral-Kanal zum Yojoa-See. Das beliebte Brutgebiet für viele Vogelarten lässt sich so leise, fast geräuschlos erkundigen. Ausser den Ruderschlägen und den wenigen Er- klärungen unseres Guide hört man ausschliesslich Vogelge- räusche. Der See ist spiegelglatt. Das Boot gleitet entlang dem immergrünen Regenwald durch eine Überschwemmungsebene. Einheimische sitzen in alten Booten und gehen dem täglichen Fischfang nach. In der Ferne erblicken wir in den Bäumen die ersten Tukane. Ein Iguana-Prachtsexemplar ist beim Frühstücken hoch oben im Baum und lässt sich nicht stören. Unser Boot gleitet am einem Urwaldriesen vorbei, der mit Louisiana-Moos reichlich geschmückt ist.
Der Ausflug zum Pulhapanzak-Wasserfall bot ein anderes Aben- teuer. Priska, Urs und Simon machten sich auf den Weg hinter den Wasserfall. Auf der glitschig, nassen Tour mit einem Guide beobachten wir das Spektakel von oben bis sie hinter dem 42 m hohen Wasserfall verschwanden. Wir bewundern den schönen Wasserfall mitten im Dschungel und verzichten auf ein Bad in der tosenden Flut. Hier sollte man sich gut festhalten, sonst geht es im kühlen Wildwasser mit kräftiger Strömung Richtung Karibik.
Mit einem Führer besuchten wir das ein- drucksvolle und grosse Maya-Museum, sowie anschliessend die Ausgrabungsstätten. Im Museum befinden sich prächtige, reich verzierte Original-Stelen und zahlreiche Fundstücke von grosser Bedeutung für die Maya-Geschichte.  Inmitten des Museumskomplexes steht eine eindrucksvolle Kopie der Fassadendekoration, die 1992 von Honduranischen Archäologen unter Tempel 16 gefunden wurde. Ein „beerdigter“ Tempel, der Rosalila genannt wird. Unser Guide, ein visierter Fachmann der Maya-Kultur kann uns begeistern, hatte er doch schon US-Präsidenten durch die Ausgrabungsstätten geführt. Er nimmt sich Zeit und erklärt uns auf dem grossen Platz, dass sich hier alles um den Herrscher von „18 Kaninchen“  dreht. Der 13. Herrscher, genannt „18 Kaninchen“ kam 695 an die Macht und wurde 738 umgebracht. Die kunstvoll behauenen Stelen und das grösste in Stein gehauene Schriftwerk der Maya, die so genannte Hieroglyphentreppe sind wirklich einmalig. Das Schriftwerk wurde im Jahr 753, in der Regierungszeit von „Rauch Muschel“, errichtet.
Die 63 Stufen erzählen die Geschichte in über 2200 Zeichen vom 7. bis zum 15. Herrscher von Copán, eine Zeit von gut 200 Jahren (553-753). Viele Zeichen sind sehr stark  erodiert, dass sie nicht mehr oder kaum lesbar sind. Zum Teil ist die Treppe so eingefallen, dass  Hieroglyphenblöcke verrutsch sind. Unser Guide ist ein wandelndes Maya-Lexikon. Er kennt die Ausgrabungsstätten, als wäre er hier vor langer Zeit geboren.   
Nun nehmen wir Abschied von der Welt der Maya. Seit Mexiko sind wir ihren Spuren gefolgt. Wir haben einen sehr interessanten Einblick in ihre Geschichte, Kultur und Bauwerke erhalten. Ihre Schrift, hauptsächlich in Stein gehauen, ist bis heute erhalten geblieben, ebenso der Kalender des Sonnenjahres. Und wie wir gehört haben, glaubten die Maya, das die Welt alle 13 Baktun (ca. 5200 Jahr) komplett zerstört wird und am selben Tag neu entsteht. Diesem Glauben zufolge leben wir im 4. Weltzeitalter, das am 23.12.2012 endet. Wo werden wir dann unterwegs sein? Kulturen kommen und vergehen, ihre Geschichte kennen zu lernen, gehört für uns zum Reisealltag. Die Maya haben uns immer wieder in Erstaunen versetzt.

Vogel – und Naturpark Macaw Mountain
Etwas ausserhalb von San José de Copán besuchen wir in einer kleinen Schlucht den Naturpark. Wir spazieren am Fluss entlang durch eine üppige Vegetation. Neben   sehr grossen Vogel-Volieren, die der Fortpflanzung und Zucht dienen, treffen wir auf   Aras, Papageien, Tukane und anderer einheimischer Vögel, die frei in den Bäumen rund um den Besucherplatz auf ihren Ästen sitzen. Pracht-volle, farbige Vögel blicken auf die Besucher herab. Jederzeit kön- nen sie in den Dschungel entschwinden, doch der Vogel- und Naturpark ist ihr zuhause.
Priska und Urs reisen Richtung Norden, wir nach Süden
Bereits am Morgen um 6 Uhr steigen Priska und Urs in den kleinen Reisebus, der sie in 6 Stunden nach Antigua in Guatemala fährt. Ihre grossen Rucksäcke werden auf dem Dachträger festgebunden und nach einer kurzen Verabschiedung verschwindet der Bus in den schmalen Gassen von Copán Ruinas. Wir hatten schöne, erleb- nisreiche Ferien- und Reisetage miteinander verbracht. Gesprächs- stoff hatten wir genug und auch das Spiel „Yaniv“ kam nicht zu kurz. Uns hat es grossen Spass gemacht mit ihnen unterwegs zu sein. Wir durften sie ein kleines Stück auf ihrer langen Hochzeitsreise be- gleiten. Wir wünschen euch von Herzen noch viele unvergessliche Reisetage auf eurer Weltreise.
Regine programmiert das Navi. Es soll uns quer durch Tegucigalpa (ca. 1 Mio. Einwohner) nach El Rosario zum National Park La Tigra lotsen. Tegucigalpa liegt im zentralen Hochland auf 930 m Höhe. Unsere Lust auf den Besuch der Millionenstadt hält sich in Grenzen. Unser Reiseführer schreibt: „Dem europäischen Reisenden, der geordnete Innenstädte mit bürgerlichem Publikum gewöhnt ist, schreit Tegucigalpa wie ein stinkendes Chaos entgegen.“ Uns zieht es in die Höhe mit frischer Luft, Ruhe und grünem Bergnebelwald. Das Auffinden eines grösseren Supermarktes ist hier bereits ein kleines Abenteuer. Unsere Vorräte müssen ergänzt werden, so dass wir wieder einen Wochenvorrat haben. Der bewaffnete Uniformierte liess unser Fahrzeug auf dem Parkplatz nicht mehr aus den Augen und so konnten wir im Ein- kaufszentrum gemütlich shoppen. Der Wocheneinkauf (ca. SFR 50.-) füllte den Einkaufswagen, doch mit diesem dürfen wir nicht auf den Parkplatz fahren. Nur mit Personal vom Laden ist es erlaubt, die Lebensmittel mit dem Wägeli zum Fahrzeug zu bringen. Andererseits hätte der Supermarkt am Abend keinen Einkaufswagen mehr...!!! Oder anders formuliert: Was nicht angekettet, eingeschlossen und mit einer Waffe überwacht wird, verschwindet schneller als man denkt! Vielleicht auch ein Grund, warum wir den grossen Orten eher den Rücken kehren. Durch Umwege, schmale Gassen und verkehrtes Fahren in einer Einbahnstrasse finden wir auf die Hauptroute zurück.
Am Stadtrand weist uns der Wegweiser nach Santa Lucia, Valle de Angeles und San Juancito. Der letzte Streckenabschnitt nach El Rosario bewältigen wir nur im kleinsten Geländegang, ohne 4x4 keine Chance. Der Weg ist sehr steinig, schmal, steil und rau. 300 m Höhenmeter auf kurzer Strecke sind zu bewältigen. So klettern wir im Schritttempo in die Höhe und in den engen Kurven wird rangiert. Es gibt wenige Stellen, wo die Fahrzeuge kreuzen können. Etwa 600 m vor dem Dorf macht  Regine zu Fuss eine Weg-Inspektion, klärt ab, ob der Rest für uns überhaupt noch fahrbar ist. Wir können es versuchen, meinte sie. Unterhalb der Schule gebe es einen kleinen Ausweichplatz, wo wir unser Fahrzeug parken können. Sie hat bereits mit den Einheimischen gesprochen und die Sachlage abgeklärt. Nach einer weiteren Klettertour erreichen wir das kleine Dörfchen. Die wenigen Häuser kleben an dem sehr steilen Berghang zwischen kleinen, noch steileren Kaffee- und Bananenfeldern. Der kleine Ort Rosario am Eingang zum National Park La Tigra hat Geschichte geschrieben.

Auf der 500 Limpira Banknote ist der Historische Ort von 1893 abgebildet. Eine der wichtigsten Minenstätte Honduras, welche zur Blütezeit über 10'000 Einwohner zählte. Und heute, erzählt uns Josef, gibt es etwa 150 Bewohner, davon 22 Kinder, die die Schule besuchen. Am späteren Nachmittag wandern wir zum Besucher- zentrum, lösen zwei Tickets für den National Park und erholen uns in der guten Bergluft von der Anreise. Wir sind auf 1600 m Höhe und einzelne Berggipfel hat der Nebel noch fest im Griff. Der Nebelwald ist Heimat seltener Tierarten. Quetzale, Pumas, Gürteltiere, Ameisenbären, Ozelots, Pekaries und Opossums leben in dieser Berggegend. Doch bei den wenigen Wanderrouten durch den Park ist jede Tierbegegnung ein Glücksfall. Am nächsten Tag sind wir über fünf Stunden im Nebelwald unterwegs. Wir überqueren Bachläufe, steigen auf über 2000 m Höhe und durchstreifen einen sehr schönen Nebelwald. Moosbewachsene Stämme, gewaltige Farnbäume, Lianen und Sträucher begegnen uns. Wir entdecken farbige Vögel, Spinnennetze, Schmetterlinge und anderes Kleingetier, doch die Suche nach den Exoten bleibt erfolglos. Der Quetzal ist im Mai – Juni hier anzutreffen, wenn die Bäume seine Früchte tragen.
Der National Park La Tigra wurde 1980 gegründet um ein 7500 ha  grosses  Bergnebelwald-Gebiet zu schützen. Auf dem steilen Bergpfad zwischen San Juancito und El Rosario sahen wir bei der Auffahrt eine Rauchfahne. Ein grosses, steiles Waldstück wir durch Feuer gerodet und urbar gemacht. Wir fahren etwas oberhalb der brennenden Waldfläche vorbei. Es stinkt und vernebelt die Sicht. Bis zur National Park Grenze wird ein weiteres Stück Bergwald zum Opfer fallen und der vielfältigen Tierwelt entzogen. Aus den Unter- lagen entnehmen wir, dass El Rosario und El Mochito (Lago de Yojoa) einst führend in den Gold- und Silberexporten waren. In den 72 Jahren wurden viele US-Millionen erwirtschaftet und dabei die weitgehende Abholzung von La Tigra in Kauf genommen. Ein Nebelwaldgebiet zu schützen ist das Eine, der armen Bergbevölkerung verständlich zu machen, dass hier eine grossartige Flora und Fauna schützenswert ist, das Andere. Der Eintritt in den National Park von ein paar Hundert oder Tausend Besucher im Jahr reicht kaum, dass die Einheimische Bergbevölkerung profitiert, oder wenn, nur ganz bescheiden.
Ein grosser, gut erhaltener Kolonialbau steht nur unweit von uns und passt schlecht in das arme Berghüttendorf. Josef, ein Ein- heimischer, erklärt uns, das Gebäude stamme aus der Gold- rauschzeit und gehöre den Amerikanern. Vielleicht erhalten wir einmal ein kleines Museum, meinte er hoffnungsvoll. Ich frage nach Wasser für unseren Camper und er zeigt auf ein Bretterhaus am Hang. Quellwasser von den Bergen, doch der defekte Wasser- hahnen kann die junge Frau nur mit einer Zange bedienen. Ihre Wasserstelle liegt hinter dem Haus. Ein paar Jungs spielen Fussball auf einer kleinen eingezäunten Ebene. Vor über Hundert Jahren einst  der Tennisplatz vom Direktor. Der Ball, alles andere als Rund, wäre bei uns schon lange auf dem Müll gelandet, doch hier hält er sich tapfer für ein Feierabendspiel. Es ist dunkel, drei kleine Lampen leuchten auf das Spielfeld. Wir sind keine fünf Meter vom Spielfeld entfernt, doch sehen wir kaum die Spieler, noch weniger den Ball. Ja, in El Rosario gibt es Einiges zu entdecken, nicht nur eine grossartige Flora und Fauna.  
Am nächsten Morgen steht Jörg bei unserem Auto. Monika und Jörg aus Deutschland  sind vor über 13 Jahren ausgewandert und haben hier ein grossartiges Natur- und Erholungsparadies erschaffen. Sie vermieten einfache Cabañas mit warmer Dusche und einem sehr schönen Ausblick auf das Tal und die Umgebung. Jörg ist auf dem Weg ins Tal und wir besuchen noch seine Frau. Monika lädt uns ein zu Kaffee, feinem Gebäck und hat Zeit zum Plaudern. Und so er- fahren wir Einiges über das Dorf und ihre Bewohner. Herzlichen Dank für die tolle Gastfreundschaft. El Rosario werden wir nicht so schnell vergessen. Die Herzlichkeit der Bewohner, die Berg- und Talfahrt und der Nebelwald ist allemal einen Besuch wert.
Nach dreieinhalb Wochen in Honduras nähern wir uns der Grenze zu Nicaragua. Rückblick: Der Streifzug durch den tropischen Regenwald bei La Ceiba, die Insel Utila in der Karibik, die Fahrt in den Südwesten zu den Ruinen von Copán, das grüne, einsame Gebiet am Lago de Yojoa, auf Umwegen zur Hauptstadt Tegucigalpa und der Besuch vom National Park La Tigra gaben uns einen sehr viel- seitigen, interessanten Einblick in ein für uns unbekanntes Land. Wir sind sehr positiv überrascht. Wir begegneten freundlichen und hilfsbereiten Menschen. Die Polizei- und Militärkontrollen winkten uns meist zügig durch und waren uns wohlgesinnt.  Die grossen, tiefen Schlaglöcher auf einzelnen Strassenabschnitten gehören zum Reisen in Mittelamerika. Auf unseren Streifzügen quer durch Honduras wurde uns einmal mehr bewusst, dass wir in der Schweiz in einem Paradies leben. Das tägliche Strassenbild in Honduras werden wir nicht vergessen. Es sind die Frauen die mit ihren Kindern versuchen mit einem kleinen Essstand am Strassenrand über die Runden zu kommen.

Grenzübergang Honduras – Nicaragua bei Las Manos
Um 8.30 Uhr nähern wir uns dem Grenzübergang. Die Zufahrt ist über weite Strecken beidseits der Strasse mit Lastwagen verstopft. Durch eine Gasse fahren wir vorsichtig zur Grenze. Kaum erblicken wir die ersten Häuser beim Grenzübergang, kommen die Grenzhelfer auf uns zu. Wir wollen es alleine versuchen, doch die Helfer kleben an uns bis vor das Ausreisebüro von Honduras. Das Chaos ist hier reiner Alltag. Geldwechsler mit dicken Bündeln Banknoten, Beamte in Uniformen, Lastwagen-Chauffeure, Grenzhelfer, Bustouristen, Zollkontrollbeamte, alle sind beschäftig mit dem  Papierkram. Ein Bauer führt seinen Esel beladen mit Futter zum Grenzübergang. Weder er noch Esel kümmern sich um die Zollformalitäten. Warum auch?
Wir kommen zügig voran was die Ausreise von Honduras betrifft. Bei der Desinfektions-Station, wo die Räder einwenig angefeuchtet wurden, wollte der „Gauner“ uns  400 Gordobas abknüpfen (ca. SFR 16.-). Aber ohne uns. Für den Einreisestempel in Nicaragua verlangte der Beamte 12 US$ pro Person. Das war korrekt. Bevor wir beim Fahrzeug-Einfuhrschalter anstehen konnten, mussten wir noch eine Versicherung für das Fahrzeug abschliessen. Für zwei Monate bezahlten wir 800 Cordobas (SFR 32.-) Beim Schalter Fahrzeugeinfuhr hiess es warten. Vor uns ein Lastwagen-Chauffeur mit einem Papierstapel. Wie lange hat er wohl an der Grenze gewartet bis er an der Reihe war? Wir wissen es nicht. Unsere Fahrzeugeinfuhr ging speditiv. Mit dem neuen Papier suchten wir den Beamten, der alle Fahrzeugdaten überprüfen musste. Der Helfer, der uns ständig begleitete, zeigte auf einen Zollbeamten, der mit einem grossen Lastwagen beschäftigt war. Warten!
Die Kontrolle bei uns beschränkte sich auf die Kabine innen, wo der Beamte sich für die Inneneinrichtung interessierte. Camper pas- sieren ja hier nicht täglich die Grenze. Deshalb haben wir Ver- ständnis für sein Interesse. Mit seinem Visum auf dem Papier ging es zurück an den Fahrzeugschalter. Es folgten die letzten Ein- tragungen im Pass und dann haben wir es wieder einmal geschafft, in knapp zwei Stunden. Übrigens für die Desinfektion haben wir eine Quittung erhalten über 78 Cordobas (SFR 3.20) Was den Grenzhelfer betrifft, wir haben ihn nicht bestellt oder beordert, und doch lief er uns jeden Schritt nach. Dass aber der Zollbeamte sofort nach der Lastwagenkontrolle zu unserem Fahrzeug kam, war sein Verdienst. Ja, vielleicht bekommt er ja auch etwas vom Trinkgeld des Grenzhelfers. Wer weiss.   
Ja, vielleicht könnten die vielen Zoll-Angestellten und Bürokraten einen Aus- bildungskurs in Europa besuchen. Thema: Organisierte, speditive Gepäck- ausgabe am Zoll. Rechne: Wenn die Nicaraguaner zum Abholen für ein kleines Gepäckstück  aus dem Ausland gleich einen Tag oder mehr benötigen, wie effizient ist dann ihre Wirtschaft im Alltag?
Nun ein paar Details zu unserer Gepäckausgabe. Am Morgen um 10 Uhr parkierten wir auf dem Zoll-Areal bei der „Puerta 6“. Für das Parkieren muss man den Fahrausweis und die Fahrzeugpapiere abgeben und eine Parkgebühr berappen. Wir suchen in einem Hinterhof unseren Spediteur (Copa Airlines), den wir nach mehrmaligem Nachfragen finden. Da kaum etwas angeschrieben ist, gleicht das Auffinden einer Lotterie. Der Spediteur händigte uns die Frachtpapiere und die Zollpapiere schnell und kompetent aus. Nun gingen wir zu Fuss ca. 100 Meter auf der Strasse zur „Puerta 5“. Vor dem Eingang der Türe 5 stand bereits auf dem Trottoir eine Menschenschlange. Wir stehen hinten an und warten. Es ist 10.20 Uhr. Noch wussten wir nicht, dass die Wartenden heute nur ihren Papierkrieg über die Runden bringen können und morgen wieder hier in der Schlange stehen. Etwas später wurde die Gittertüre aufgeschlossen und drei Personen konnten das Zoll-Areal betreten. Der Wachmann an der Türe schloss sofort wieder ab. Wir warten weiter.
Eine Stunde lang ging es tröpfchen-, resp. Personenweise auf das Areal. Die Zeremonie mit Türe öffnen, aufschliessen, verriegeln wurde zum Absurdum zelebriert. Nach über einer Stunde warten öffnete sich die Türe auch für uns. Wir wurden zu einer grösseren Halle geführt, wo wir mit andern wieder in einer Schlange warteten. Vor dem Eingang stand ein weiterer Wachmann und wir konnten durch die grosse Glaswand das emsige Treiben im Warteraum beobachten. Gegen 12 Uhr erhielten wir eine Nummer –A45- mit der Auf- forderung, hier weiter zu warten. Zum Glück wussten wir nicht, dass diese Nummer erst in vier Stunden auf der Anzeige erscheinen würde, die dann berechtigt, zum ersten Mal die Frachtpapiere vorzuweisen. Etwa eine Stunde später konnten wir den Warteraum betreten und stürzten uns ins Chaos. An einem offenen Schalterkorpus stand eine Beamtin und traubenförmig herum, zwei Dutzend Leute. Jeder fächerte mit Papieren und Dokumenten in der Hand und drängte sich vor. Wir lernten schnell und machten es den Einheimischen gleich. Als die Beamtin die Frachtpapiere und den Pass in den Händen hielt, wurde alles Mögliche kontrolliert. Sie suchte nach Stempeln, Nummern, Namen und weiss der Teufel was, und meinte, es fehle ein Stempel im Pass, wir sollen zurück zum Flughafen. Unverständlich blickte sie in die Runde, als wir ihr erklärten, dass wir mit dem eigenen Auto von Honduras nach Nicaragua eingereist seien. Wir haben die Grenze bei Las Manos passiert, der eingelegte Passzettel belege Ort, Datum und Aufenthaltsdauer. Nein, einen solchen Fall hatte sie noch nie in ihrer Karriere. Zum Glück half uns eine Englisch sprechende jüngere Frau, weil wir den Bürotisch  blockierten. Alle Dokumente wurden nun durchgesehen, visiert und mit unserer Warte- nummer A45 zusammengeheftet mit der Aufforderung zu warten.
Einer der vielen Zoll-Helfer meinte, wir müssen jetzt Kopien machen. Kopien von allen Papieren, Kopien vom Pass, Kopien von..., obwohl die Frachtpapiere bereits in dreifacher Ausführung vorlagen. Eine absolute krankhafte Kopiergesellschaft! Regine setzte sich in der Zwischenzeit auf einen Stuhl, wobei die rund 80 Stühle fast alle besetzt waren mit Personen die warteten und warteten und warteten..! Viele von ihnen sind seit dem frühen Morgen, resp. seit 7 Uhr am Warten. Mit dem Papierkram in der Hand suche ich im hinteren Gebäudeteil das vergitterte Spediteur Abteil auf. Der zuständige Chef habe Lunchtime und komme später. Warten! Ich unterhalte mich mit jungen Angestellten, die dauernd irgendwelche Kartonkisten und Pakete umher- schieben. Die Uhr rückte auf 14 Uhr vor. Ich stehe in einer langen Schlange, als mir ein Beamter ein weiteres Formular zum Ausfüllen hinstreckte. Gegen 14.30 Uhr brach ein Tumult aus, wo sich die Einheimischen wortlaut und handfest über die langen Wartezeiten beschwerten. Ich konnte aus nächster Nähe zuschauen, wie die Arbeit von den kontrollierenden Zollbeamten abläuft. Vor mir war ein Einheimischer, der zwei Kartonkisten aus den USA nach Nigaragua schickte. Inhalt: Viele gebrauchte Kleider und Schuhe, kleine elektrische Geräte, wie Föhn, Toaster, Lautsprecherboxen, usw. Der ganze Inhalt wurde auf einem langen Tisch ausgebreitet und von allen Geräten Nummern und Daten aufgeschrieben, es wurde begutachtet, nachgefragt und notiert. Ist alles bis ins Detail kontrolliert wird der Inhalt wieder in die Kartonkiste verstaut und mit viel durchsichtigem, breitem Klebband zusammengebunden. Auf dem Klebband notiert der Beamte Buchstaben, Zahlen und sein Visum. Nun verschwindet das kontrollierte Packet wieder in den Zoll-Hallen. Nein, es wird nicht ausgehändigt, der Papierkrieg nimmt eine weitere Hürde.
Erneut bricht ein Tumult aus, einige warten seit gestern, und heute wieder das gleiche Chaos. Nun kam der Chefbeamte und beorderte alle mitzukommen in ein Büro, wo junge Frauen an den PCs arbeiteten. Der Chefbeamte gab den Tarif durch. Auf Spanisch gab er Anweisungen und Befehle. Kurz gefasst tönte es so: Alle gehen nach Hause und kommen morgen wieder. Eine aufbrausende Gruppe verliess das Büro und entfernte sich, während ich auf den Chefbeamte zuging. Ich erklärte ihm, dass ich aus der Schweiz sei, und ob er mir alles ins Englische übersetzen könne, was er gerade auf Spanisch erklärt habe. Etwas verdutzt schaut er mich an. Ich bat ihn, in diesem Zoll-Dschungel-Chaos-Haus ein bisschen Hilfe zu leisten. Sogleich befahl er einem jüngeren Mitarbeiter sich unserem Problem anzunehmen. Endlich kam Bewegung in unsere Gepäckausgabe. Ein Blick auf die Uhr, es ist 15.15. Wir verliessen den Gebäudekomplex und liefen zu einer entfernten Halle, wo Tausende von Gepäckstücken in allen Grössen herumlagen. Unser Gepäck mit einem stabilen Holzverschlag und dem breiten Klebband „Vorsicht Glas“ wurde ausfindig gemacht und auf eine Ablage gelegt. Ein weiterer Zollbeamter überprüfte den Holzverschlag. Die sauber verschraubte Kiste in sehr guter Qualität wurde kurzerhand mit einem Schraubenzieher aufgebrochen, resp. aufgewürgt. Dass man die paar Schrauben auch herausdrehen könnte, war bereits zu hohes Niveau. Perfekt verpackt kam unser Ausstellfenster und die WC Service-Türe samt Montagematerial zum Vorschein. Die beiden Beamten sahen diese Produkte zum ersten Mal und wir erklärten ihnen deren Verwendungszweck. Es wurde notiert, gelesen und jede Dichtstoffkartusche dreimal umgedreht. Alles wurde wieder eingepackt, mit viel Klebband umwickelt, signiert und an einen neuen Standort getragen.
Nun konnte der nächste Bürokratie-Ablauf in Angriff genommen werden. Wir gingen zur Wartehalle zurück, wo sich die Menschen- menge kaum verringert hatte. Der ganze Innenraum glich einem Ameisenhaufen. Unsere Frachtpapiere wanderten in das PC-Büro der Sekretärinnen. Nach 30 Minuten warten kam die PC-Frau und verlangte wieder meinen Pass, sonst könne sie den Fall nicht bearbeiten. Später kamen alle Papiere im Pass eingeklemmt zur Beamtin vor dem PC-Büro. Sie stempelte geräuschvoll den Kassenzettel und die drei Kopien. Nun musste ich zum Einzahlungsschalter gehen, wo niemand in der Schlange stand. Wieder wurde gestempelt, Abschnitte herausgerissen, geschrieben und nun konnte ich die Zollgebühren von 318 Cordobas (SFR 12.80) bezahlen. Ich kehrte an den Bürotisch zurück. Hier wiederholte sich das gleiche Prozedere, Kontrolle, Kontrolle von der Kontrolle, signieren und die weiteren Belege zu den Zollpapieren heften. Jetzt stehen wir wieder neben dem jungen Paar aus Russland. Sie arbeiten hier in Nicaragua für ein Jahr. Die junge Frau bestellte in den USA ein Bikini und jetzt wollten die das 500 gr. Päckli  abholen. Sie haben mit uns am Morgen nach 10 Uhr draussen in der Schlange vor dem Arealeingang gewartet. Auf die Frage von Regine, wie weit ihre Fortschritte in der Gepäckausgabe gediehen seinen, meinte er, gerade jetzt hätten sie zum ersten Mal ihre Frachtpapiere abgeben können. Sie haben bis jetzt 6 Stunden gewartet. „Vielleicht morgen können wir das Päckli abholen, wenn’s rund läuft“, lächelte sie.
Unser Kassenzettel haftete zuoberst auf dem Papierstapel. Wie kommen wir jetzt an unser Gepäckstück, war die nächste Frage. Unser Gehilfe nahm uns mit zur Gepäckausgabe, wo unser Holzverschlag lag. Der zuständige Torwachmann verkündete laut und unüberhörbar, dass hier in ein paar Minuten geschlossen wird. Zeit für Feierabend, meinte er. Hier unser Papierkram, drei Meter entfernt unser Gepäckstück. Ein weiterer Beamter blätterte in den Papieren und bemängelte, dass hier noch Kopien fehlen. Unser Zollgehilfe versicherte ihm, dass alles OK sei, doch der „König“ der Gepäckausgabe liess sich nicht bewegen und schickte den Zollgehilfen zurück. Es war 16. 30 Uhr. Später kehrte der Zollgehilfe zurück mit den notwendigen Papieren und die Kontrollen wurden fortgesetzt. Alles wurde noch einmal gründlich durchgecheckt, Klebbänder-Signaturen, Frachtpapiere, Quittungen, Passkopien, Nummer, Namen...usw. Jetzt machte der König der Gepäckausgabe auf mehrere Papiere sein Visum, entfernte vom Papierstapel diverse Papiere und überreichte uns die Übriggebliebenen. Nun schulterte der Zollgehilfe die Kiste und trug sie durch das Zollareal zum Ausgang. Wir kehrten zurück zur Puerta 6 wo das Fahrzeug stand. Die Holzkiste hatte ein Ausmass von 120 cm Länge, 70 cm Breite und in der Höhe 21 cm. Der Zollgehilfe freute sich über das Trinkgeld und wir, dass wir es endlich geschafft hatten.
Um 17 Uhr nahmen wir den Heimweg unter die Räder und waren müde vom stundenlangen Herumstehen. Nebenbei: Für Essen und Trinken gibt es nirgends eine Möglichkeit! Das nächste Mal nehmen wir Picknick für zwei Tage mit. Leider durften wir auf dem Zoll-Areal keine Fotos knipsen, überall hingen Plakate: Fotografieren verboten! Wieder sind wir ein Erlebnis reicher geworden und unser Reise-Schutzengel hat uns einen weiteren Tag in den Zollhallen und Büros erspart. Vielleicht haben wir wirklich einen guten Draht zu ihm.
Und wie sagte Coco: "Warten, Chaos, warten, Chaos, warten..."