Reisebericht USA

13. - 28.02.2017 Miami - Fort Lauderdale - Palm Beach - Daytona Beach - St. Augustine -
                               Ocala National Forest - Osceola National Forest - Jacksonville - Brunswick
Eine Reise ist – auch für uns – immer eine Momentaufnahme
Vor dem Start zu unserer 8. Reiseetappe hatte ich ausgiebig Zeit um im Internet nach interessanten Reiseberichten und Fotos zu suchen. Die Webseite von Panamericana-Infos www.panamericanainfo.com bietet eine Vielzahl von Homepages von Reisenden, die von Nord nach Süd oder umgekehrt unterwegs sind. Viele haben ihre Reise bereits abgeschlossen, andere sind noch auf dem amerikanischen Kontinent  unterwegs. Ich las ihre spannenden und kurzweiligen Berichte, ihre Betrachtungsweise zu berühmten Sehenswürdig- keiten, studierte ihre Reiserouten und freute mich an vielen schönen Bildern. Sehr häufig stiess ich auf bekannte Orte und Städte, aber auch auf Landschaften, Nationalparks und Strände, die wir auch auf unserer Reise in den vergangen vier Jahren besucht haben. Sehr oft huschte ein Lachen über mein Gesicht, wenn ich mich an unsere Reiseerlebnisse zurückerinnerte.
Faszinierend wie Jung und Alt, Kurz- und Langzeitreisende, unter- wegs mit Fahrrad, Motorrad oder Camper in allen Grössen- und Gewichtsklassen, ihre Reiseerlebnisse für andere zugänglich machen und somit für Interessierte das Fernweh steigern. Eindrücklich wie viele Reisende den gleichen Ort oder die gleiche Sehenswürdigkeit wahrnahmen und das Gesehene und Erlebte festhielten und mit Fotos illustrierten. Je länger ich in der virtuellen Reisewelt surfte, spürte ich die Freude oder den Frust und Ärger aus ihren Zeilen. Je nach Jahreszeit, Wetter und Temperaturen wird eine Landschaft, eine Besichtigung oder auch eine Begegnung unter- schiedlich in der Beschreibung ausfallen. Im Gegensatz zu unseren Reisebüchern kann ein einziger Reiseort durchaus sehr viele unterschiedliche Ansichten und Randbemerkungen  aufweisen. Jede Reise ist ein persönliches Erlebnis, vor allem wenn man individuell auf eigene Faust unterwegs ist. Eine solche Reise lässt sich nicht einfach kopieren. Wir sind uns bewusst, auch unsere Reise ist nur eine Momentaufnahme. Wir versuchen,  sie für uns in Worte und Bildern festzuhalten, für spätere Tage… ,wenn uns die persönlichen Reiseerlebnisse nicht mehr so locker von den Lippen gehen…!!!
Jetzt sitzen wir  im vollen Flieger über dem Atlantik nach Miami. Am frühen Morgen wehte  uns noch ein eisiger Wind ins Gesicht, als wir unseren Haustürschlüssel drehten. Am Nachmittag des gleichen Tages ziehen wir T-Shirt und kurz Hosen an. Miami empfängt uns mit sommerlichen Temperaturen von 28 Grad, meldet der Kapitän. Dass er auch noch die neusten Resultate der Kombinationsabfahrt von der Weltmeisterschaft in St. Moritz durchgibt, erfreut  zahlreiche Fluggäste. Wir sind zwar eine Stunde später in Kloten abgeflogen, aber pünktlich um 14.45 Uhr in Miami gelandet. Mit dem Zug geht’s nach Fort Lauderdale und für die letzten paar Kilometer nehmen wir ein Taxi, das uns zum Camping bringt. Unser Camper steht gut eingepackt auf dem Abstellplatz, so wie wir ihn letzten Sommer abgestellt haben. Die 8. Reiseetappe kann beginnen. Welche Überraschungen hat sie für uns?
Der Kozy-Kampers RV Park ist gut ausgebucht. Viele Dauer- camper, zum Teil mit schönem Blumengarten, aber auch grosse Reisemobile, belegen den Platz. Wir entfernen die Abdeckplachen von unserem Camper, schliessen die Batterie an und fahren auf den reservierten Stellplatz. Noch rasch die Reisetaschen auspacken, eine Dusche geniessen, und schon liegen wir in unserer Schlafkoje. Am nächsten Tag kaufen wir ein, Lebensmittel, Getränke und Vorräte für die ersten Reisetage. Die alte Mischbatterie beim Spülbecken  wird aus- gewechselt, da sie nicht mehr dicht ist. Fahrzeug innen und aussen noch gründlich reinigen, Wasser auffüllen… und bereits sind wir wieder reisefertig.
Der Küste entlang von Fort Lauderdale nach St. Augustine
Der „Florida Scenic Highway“  A1A  führt uns am Meer entlang durch Dünengebiete, vorbei an schönen Stränden, State Parks und Naturschutzreservate mit Campingplätzen. An den gros- sen bekannten Orten wie Palm Beach, Fort Pierce, Melbourne oder Daytona Beach reihen sich die grossen Villen, unendlich viele  Apartmenthochhäuser, Hotels und Motels über viele, viele Kilometer wie eine Perlenkette aneinander.
Der Privatstrand am Atlantik oder an den zahlreichen Inlets ist mit dem nötigen Kleingeld noch möglich. Zwischendurch finden wir aber auch öffentliche grosse Strände, die für alle Leute zugänglich sind, meist mit einem grossen Parkplatz. Schade, dass man an solchen Orten nicht  im Camper übernachten darf. Das Kennedy Space Center auf Merritt Island haben wir auf unserer letzten Reiseetappe besucht. Wir fahren über  Titusville nach Daytona Beach. Hier fand 1902 das erste Autorennen statt. Die Fahrer rasten auf dem Atlantikstrand um die Wette. Jetzt, Ende Februar ist der Höhepunkt der Daytona International Speedway-Rennen. In diesem grossräumigen Gebiet einen Stellplatz  auf dem Camping zu finden  ist aussichtslos. Ein paar Kilometer weiter nördlich, in Flagler Beach, bot uns ein Amerikaner einen Platz auf seiner Parzelle an. Seinen Zweitwagen, der neben seinem grossen Reisemobil abgestellt war, parkierte er kurzerhand um. Er erklärte uns, dass es in Florida ein Gesetzt gibt, dass man mit dem Reisemobil auf öffentlichen Strassen und Plätzen nicht übernachten darf. Thank you!
St. Augustine - älteste durchgehend bewohnte Ortschaft der USA
Das charmante Städtchen St. Augustine hat eine bewegte Ge- schichte hinter sich. An Ostern 1513 betrat Don Juan Ponce de León irgendwo an der Küste zwischen St. Augustine und Jacksonville  als erster Europäer den Boden Floridas. Er erklärte seine Entdeckung zu spanischem Besitz. Auf unserem Rundgang durch das Castillo de San Marcos erhalten wir einen einzigartigen Einblick in die Ge- schichte. Das Fort wurde aus zerbrechlichem  Naturmuschelkalk (Coquina) gebaut. Da ein Fort erstmals mit Muschelkalk gebaut wurde, fehlten die Erfahrungen der Festigkeiten.
Und so baute man eine fast 6 Meter dicke Aussenmauer zur Küste. Das Fort hat Orkanen, Beschiessungen und dem Zahn der Zeit Stand gehalten. Es wurde nie aufgegeben oder bezwungen. Seit mehr als 330 Jahren wurde es dauernd aktiv genutzt und diente dazu, die Stadt St. Augustine zu schützen. Jedes Jahr haben spanische Schatzschiffe,  die auf der Heim- fahrt aus der „Neuen Welt“ waren, den Golfstrom genutzt, um ent- lang der Küste Floridas Richtung Norden  zurück nach Europa zu segeln. Aufgrund des bedeutenden Schifffahrtswegs stand St. Augustine im Mittelpunkt der Kolonial-Machtkämpfe zwischen Spanien, England und Frankreich. Seit der Gründung der Stadt im Jahr 1565 hatten die spanischen Soldaten und ihre Familien mit dem Überleben in ihrem isolierten Stützpunkt zu kämpfen. Ihre Festung aus Holz konnte die Stadt nicht ausreichend schützen. Im Jahr 1668 plünderten Piraten St. Augustine  und töteten während dem Überfall 60 Siedler. Im Oktober 1672 begannen spanische Ingenieure und Arbeitsgruppen mit dem Bau des gewaltigen Coquinawalls.
Seitdem das Castillo im Jahre 1695 fertiggestellt wurde, haben keine Seeräuber die Kolonie mehr angegriffen. Das Castillo hat zwei gravierenden Belagerungen  Stand gehalten. Der Angriff im Jahr 1702 dauerte 51 Tage. Die Belagerung von 1740 hielt 6 Wochen an. Die Kriege zwischen England und Spanien haben St. Augustine der Invasion, Kämpfen und der Beschiessung ausgesetzt. 1821 übernahmen die USA das Fort und machten 1924 ein National Monument.
Die kleine Altstadt erkunden wir zu Fuss entlang der pittoresken St. George Street und den Quer- strassen.  Ob das schlichte „Oldest Wood Schoolhouse“ oder der eindrucksvolle Komplex des „Flagler College“, früher als das Hotel Ponce de León bekannt, erbaut von Eisenbahnkönig Henry Flagler, die „Old Town“ von St. Augustine ist wirklich keine typische amerikanische Stadt. Für uns aber einen Besuch wert. (siehe Bildergalerie)

Von St. Augustine fahren wir südwestlich in das grosse Gebiet vom Ocala National Forest Park. Bekannt sind in Zentral-Florida die vielen Quellen aus denen täglich Millionen Gallonen kristallklares Wasser sprudeln. In den wunderbar angelegten States- und Forest-Parks gibt es zahlreiche traumhafte Campgrounds, die aber auch sehr gut frequentiert sind. So lernen auch wir, an besonderen Orten die Übernachtungsplätze zu reservieren, um sicher einen Stellplatz zu haben. Im Juniper Springs Campground gibt es eine Badestelle rund um den Quellbereich. Hätten wir ein Kanu, wir würden uns auf dem 11 km langen  Juniper Creek flussabwärts durch eine unberührte Wildnis treiben lassen.
Doch auch die zahlreichen Wanderwege durch den Dschungel fas- zinieren uns. Die alten, grossen und immergrünen Live Oaks (Eichenbäume), behangen mit dem malerisch sogenannten „Spanish Moos“ sind für uns eine Augenweide. Diese Pflanze ist kein Moos, sondern ein Gewächs, das zur Familie der Ananas gehört. Sie ernährt sich von der Luftfeuchtigkeit. An manchen Orten sind die Bäume so dicht bewachsen, dass das Spanish Moos fast wie ein grau-grüner Vorhang von den Ästen fällt.
Eine Tagesetappe nörd- lich vom Ocala National Forest Park besuchen wir den Osceola National Forest Park. Vor dem Eingang zum Park sammeln wir im Wald ausgiebig Feuerholz. Das  Camp-Feuer gehört  wieder zu unserem Reisemodus. Die Temperaturen am Abend sind zwar angenehm, aber zum Grillieren, Verweilen und Träumen gehört ein knisterndes Feuer. In den States- und Forest- Parks gibt es an jedem Stellplatz eine Feuerstelle mit Grillrost. Und nasses Feuerholz  wird an vielen Parkeingängen verkauft. Ein qualmender Rauch ist garantiert.
Direkt am Ocean Pond, ein fast kreisrunder See mit drei Kilometer Durchmesser, ist noch ein schöner Stellplatz frei. Mit unserem kleinen Camper fallen wir bei Leuten  auf dem Campground auf. Sie sprechen uns an und haben Fragen. Von wo, wie lange und wohin. Ein Amerikaner würde gerne unseren Camper gleich kaufen. Wir mussten ihn vertrösten und erklärten, dass unsere Reise noch nicht zu Ende ist. Vielleicht das nächste Jahr, machten wir ihm einen Vor- schlag. Er ging gleich zu seinem Camper und holte eine Visitenkarte. Wir sollen uns doch nächstes Jahr bei ihm melden. Tja, wir wissen ja noch selber nicht, wann unsere „Open-End-Reise“ fertig ist.
Jetzt geniessen wir den schönen Platz, spannen unser  Sonnen- segel auf, und erkunden die Umgebung. Viele Plätze haben einen Seezugang. Das grosse Reisemobil garantiert Ferienwohnung-Feeling, das Kleinauto ist praktisch für das Einkaufen und die weitere Umgebung auszukundschaften, mit dem kleinen Golf- wagen fährt man zum Duschen und zur Waschmaschine, und auf dem See schwimmt ein grosses schönes Boot zum Fischen. So geniessen hier  viele ihre Ferien und bleiben für ein paar Wochen. Der kleine Badestrand und die Wanderwege sind beliebt. Bei einbrechender Dunkelheit lodern da und dort ein paar Grillfeuer. Eine Zone mitten im Wald ist nur für Zelte reserviert. Für 8 Dollar pro Tag ist der Stellplatz sehr preisgünstig. Alle Plätze sind belegt. Auf den Stellplätzen kann man mehrere grosse Iglu Zelte aufstellen.
Wir bleiben nur zwei Nächte. Die warmen Temperaturen er- lauben uns nach Norden zu fahren. Jacksonville, eine grosse Industrie- und Hafenstadt, ist am Sonntag praktisch ausgestorben. Flächenmässig ist Jacksonville eine der grössten Städte der USA. Die fast leeren Strassen er- leichtern uns eine West-Ost Querung zur  Atlantic Beach. Wir fahren auf die Fähre um den breiten St. John‘s River zu passieren. Im Little Talbot Island State Park haben wir Glück. Am Myrtle Creek sind noch schattige Stellplätze unter alten Eichenbäumen frei. Eine Wanderung auf der Insel durch den Wald und später am langen weissen Strand entlang ist gut für unsere Fitness. Am Abend steigt der Wasserspiegel am Myrtle Creek um etwa zwei Meter an. Vom Meer her dringt die Flut ins Landesinnere und überflutet ein grosses Sumpfgebiet. Über die Fernandina Beach, die uns an die Strände im Mittelmeer erinnert, reisen wir weiter Richtung Norden.
Wir nehmen Abschied von den endlosen langen, weissen und schönen Stränden Floridas. Auf unserer Reisekarte wir das grosse Faltengebirge, die Appalachen sichtbar. Ob der Great Smoky Mountains National Park noch Schnee hat? Wir lassen uns überraschen!

 

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