Reisebericht USA
01. - 31.05.2016 San Antonio - Houston - Galveston - Port Arthur - Baton Rouge - New Orleans -
Manatees Springs State Park - Homosassa State Park
Das Longhorn – einmal fast ausgestorben
Wir verabschieden uns vom Longhorn, je weiter wir nach Osten fahren. Nein, wirklich viele Tiere haben wir nicht gesehen. Oft weit weg und in kleinen Gruppen sahen wir ab und zu mal ein paar Tiere auf der Weide. Die ursprünglich als black cattle bezeich- neten Longhorns durchwanderten verschiedene Namensgeb- ungen. So nannte man sie mustang cattle, wild cattle, Texas cattle und in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts longhorn cattle. Lange gehörten die Herden niemandem bzw. jedem, der ihrer habhaft werden konnte. Hunderttausende von Rindern wanderten in den Jahren 1867 – 84 auf dem Chisholm Trail nach Abilene. Von dort wurden sie in die Schlachthäuser von Kansas City oder Chicago verfrachtet.
Die Eisenbahn vereinfachte den Handel mit dem Vieh. 1893 lebten an die 20 Millionen Longhorns in Texas, davon ein Drittel frei, wild und ohne Brandzeichen. 20 Jahre später waren sie fast ausgestorben. Die Gründe sind vielfältig. Die Zucht der Longhorns wurde schliesslich verboten. Erst 1927 schickte der US-Kongress einen Suchtrupp los, um die letzten Longhorns in Süd-Texas und Nord-Mexiko zu finden. Acht Monate brauchten die Männer, um 20 Kühe und acht Stiere aufzutreiben. Sie wurden zur Zucht nach Oklahoma gebracht. Ein Longhorn frisst und verträgt jedes Gras.
Es kann mit Kaktusfrüchten und Brombeer-Gestrüpp überleben. Heute schätzt man die Rasse wegen ihrer Langlebigkeit, ihrer Widerstandsfähigkeit gegen Krankheiten und dass sie auch auf minderwertigen Weiden gedeihen.
In Bandera hatten wir Glück, zwei prachtvolle Longhorns auf der Weide aus nächster Nähe zu bestaunen. Besonders beeindruckend war, wie das Longhorn mit seinen grossen weiten Hörnern Äste von den Bäumen herunter- drückte, um an die guten grünen Blätter zu kommen. Mehrmals streckte das Longhorn seinen Kopf in die untersten Äste und schob mit seinem Horn eine feine Mahlzeit in das Maul. Eindrücklich!
San Antonio – Riverwalk
Viele Touristen besuchen San Antonio um ein wenig Geschichte zu schnuppern, die der Schauplatz der berühmt-berüchtigten Schlacht war. „Remember the Alamo!“
Doch zum Pflichtpro- gramm gehört auch, unter den vielen schattigen Bäumen am Riverwalk entlang spazieren, der mitten durch das Stadtzentrum angelegt ist. Vorbei an Cafés, Restaurants und Hotels fliesst der kleine Fuss schlangenförmig durch die Stadt. Beidseitig schöne Fußgängerwege mit vielen kleinen und grossen Brücken um die Flussseite zu wechseln.
Auch wir geniessen den Riverwalk und schlendern über zwei Stunden dem Wasser entlang. Der Amerikaner mag es lieber, wenn er gefahren wird. Schliesslich hat er auf den meisten guten RV-Parks immer einen kleinen Golfwagen, mit dem er unterwegs ist, zum Beispiel zur Rezeption oder zu den Waschmaschinen. So wundert es nicht, dass entlang dem Riverwalk die vollbesetzten Boote pausenlos auf- und abgleiten. Der Bootsführer und Tour- guide in einem, erklärt den Besuchern Wissenswertes entlang der Wasserstrasse. Abends sind wir etwas ausserhalb der Stadt auf einem schönen Camping und stellen uns vor, wie die Beleuchtung am Riverwalk das fein gemachte Flussbett zum Funkeln bringt.
Gedeckte Tische schweben dann auf den Booten übers Wasser und bei Kerzenschein und Musik wir der Hunger gestillt. Eine Tafelrunde folgt der Nächsten und die bun- ten Bühnenbilder entlang dem Wasser gleichen einer Tex-Mex-Operette. Wir erinnern uns. Vor langer Zeit sagte unsere Garmin-Navigationssprecherin aus heite- rem Himmel: „Da wollen sie wirklich hin. Ich habe ja nichts zum Anziehen!“ Wie recht sie doch hatte.
San Antonio – auf den Spuren der texanischen Geschichte
Im Stadtzentrum besuchen wir einen geschichtsträchtigen Ort im Unabhängigkeitskrieg. „The Alamo“ (spanisch für Pappel) hiess ursprünglich „Misión San Antonio de Valero“.
Sie diente 70 Jahre lang als Heimstätte für Missionare und ihre bekehrten Indios. Der Bau begann im Jahr 1724 am heutigen Standort. 1793 verweltlichte Spanien die fünf Mis- sionen San Antonios und verteilte das Land an die ver- bliebenen Indios. Diese Männer und Frauen bestellten wei- terhin die Felder – einst Eigentum der Mission, aber jetzt ihre eigenen – und wurden Teil der wachsenden Gemeinde von San Antonio.
In den frühen 1800er Jahren stationierte das spanische Militär eine Kavallerieeinheit in der ehemaligen Mission. Die Soldaten nannten den Ort „Alamo“, zu Ehren ihrer Heimatstadt Alamo de Parras in Coahuila, Mexiko. Der Befehlshaber des Stützpunktes errichtete eine „Long Barrack“ und das erste historisch dokumentierte Krankenhaus in Texas. „The Alamo“ war während des 10-jährigen Unab- hängigkeitskampf Mexikos Heimstätte für Re- volutionäre als auch Royalisten. Spanische und später mexikanische Militäreinheiten be- setzten Alamo bis zur texanischen Revolution.
Von der Festung zum Schlachtfeld 1835 – 1836
Im Jahr 1935 bekämpften texanische Freiwillige die in der Stadt einquartierten mexikanischen Truppen. Sie zwangen General Martín Perfecto de Cos zur Kapitulation. Die siegreichen Frei- willigen besetzten Alamo und verstärkten die Verteidigungs- anlagen. Am 23. Februar 1836 wurden sie von der Ankunft des Generals Antonio Lópes Santa Anna überrascht. Der Befehlshaber des Alamo, William B. Travis, entsandte Kuriere mit einem Aufruf zur Hilfeleistung. Am achten Tag der Belagerung traf eine 32- köpfige Verstärkungstruppe aus Gonzales ein, wodurch sich die Anzahl der Verteidiger auf fast 200 Personen erhöhte.
Die Männer im Alamo unter Travis waren trotz einer Unterzahl von 10 zu 1 bereit, die Stellung bis zum letzten Mann zu verteidigen. Der letzte Angriff kam im Morgengrauen des 6. März 1836, dem drei- zehnten Tag der Belagerung. Die Männer im Alamo schlugen mit Kanonen und Handfeuerwaffen mehrere Angriffe zurück. Nach einer Umgruppierung erklommen die Soldaten Santa Annas die Mauern und erstürmten das Gelände. Der Kampf endete erst, als alle Verteidiger im Alamo besiegt waren. Bei Sonnenaufgang war die Schlacht zu Ende und die Verteidiger waren tot.
Längst gilt Alamo als die Wiege von Texas. Auf Bronzetafeln sind die 189 Kämpfer verewigt, mit Namen und Herkunft, die bis zuletzt die texanische Fahne gegen die übermächtige Armee unter General Santa Anna hochhielten. Wir besichtigen die Missionskirche und ein paar Mauerruinen, sowie den Park um Alamo. In den Vitrinen liegen Alltagsgegenstände, Doku- mente und verschiedene Waffen aus der damaligen Zeit. Alamo ist eine Pilgerstätte für texanische und mexikanische Patrioten und wird streng bewacht von Rangern.
Unterwegs auf dem Missions-Trail
Südlich von „The Alamo“ fahren wir am San Antonio River entlang auf den Spuren der spanischen Kolonialgeschichte. Vier Kirchen folgen in kurzen Abständen dem Fluss entlang, alle restauriert und mit kleinen Parkanlagen versehen. Der grosse Unterschied zu den Mittel- und Südamerikanischen Ländern ist, dass hier in Texas an allen wichtigen historischen und naturkundlichen Orten viele gute Info-Tafeln angebracht sind. Die Besucher können sich informieren und lesen. Auch mit vielen Fotos und Zeichnungen sind die Text- tafeln ausgestattet und geben dem Betrachter einen klaren, übersichtlichen Einblick. So können wir gut auch ohne Guide auf Entdeckungstour gehen und uns Zeit lassen.
Auf diesem Mission-Trail erfahren wir, wie die Franziskaner Anfangs des 18. Jahrhunderts die Einheimischen bekehrten und sie zu guten Bürgern des spanischen Königreiches machten. Die Franziskaner unterrichteten die Indianer in der spanischen Sprache wie auch im katholischen Glauben. In den Missionen erlernten sie Berufe wie Maurer, Zimmermann, Weber, Schmied oder Landwirt. Sie lernten das freilaufende Vieh einzufangen um Rancher und Cowboy zu werden. Die Indianer der Missionen waren Jäger und Nomaden aus der Region. Die Einheimischen gaben ihre Lebensweise auf, um in den Missionen zu leben. Sie such- ten Schutz vor den Überfällen der Comanchen und Apachen. Hinter den Mauern der Missionen fanden sie Sicherheit vor ihren Feinden, fielen aber den europäischen Krankheiten, wie Masern und Windpocken, zum Opfer.
Die Kirche San José ist besonders aufschlussreich, weil neben der Kirche auch die umgebenen Gebäude und Befestigungen erhalten sind. So erhalten wir einen guten Eindruck über die gesamte Grösse dieser Mission. Besonders gut wurde die älteste Mühle in Texas, gebaut 1794, restauriert. Durch ein Kanalsystem wurde Wasser vom San Antonio River aufs Gelände der Mission geleitet. Das waagrechte Wasserrad im Unterschoss der kleinen Mühle drehte im Obergeschoss den Mühlstein. Mit einem interessanten Kanal- und Regu- lierungssystem konnte die Wasserzufuhr bestimmt werden.
Houston – Ferien in Katy!
Besuch bei Max, Ann und ihren Kindern Michelle und Danny
Von San Antonio Richtung Houston wird die Landschaft immer flacher. Sehenswürdigkeiten unterwegs sind rar. Abgesehen, dass je weiter wir nach Osten fahren, die Windschutzscheibe mit Insekten buchstäblich zugepflastert wird. Wir kommen in die Vororte der Millionen-Stadt Houston. Wer jetzt glaubt, wir fahren durch ein Hochhaus-Labyrinth, der irrt. Unser Navi führt uns durch weite, sehr schöne und gepflegte, grosse Parkanlagen, durch verkehrs- arme Strassen, bis wir metergenau das Haus Nr. 21907 erreichen und unser Navi meldet: „Sie haben ihr Ziel erreicht.“
Hier wohnen Max und Ann, Bekannte von uns. Mit offenen Armen empfangen sie uns herzlich. Ihr gros- ses schönes Haus mit Schwimmbad hat viel Platz und liegt traumhaft in einem Einfamilienhaus-Quartier mit vielen alten Bäumen die Schatten spen- den. Ann führt uns in den ersten Stock und zeigt uns ein grosses Schlafzimmer mit Badezimmer, das für die nächsten 5 Tage unser neues Zuhause ist. Max und Ann sind sehr weltoffen und früher weit gereist. Max hat in verschiedenen Ländern für eine Schweizer Firma gearbeitet, bis er sich mit Ann, die aus Malaysia stammt, in Katy niedergelassen hat.
Seit ein paar Monaten geniesst Max auch das Rentnerleben und wir dürfen davon profitieren. Er zeigt uns ein paar Meilen ent- fernt grosse Gebiete, die in den letzten Tagen vom Unwetter überschwemmt wurden. Wir blicken auf Strassen und Parkan- lagen die alle Unterwasser stehen und gesperrt sind. Es werde noch Tage und Wochen dauern, bis das Wasser zurück geht und die Aufräumarbeiten beginnen können, erklärt uns Max. Später fährt Max mit uns nach Downtown. Houston wirkt am Samstag und Sonntag fast ausgestorben. Wir spazieren durch die Strassen im Zentrum, blicken an den modernen Hochhäusern empor und staunen über die vielfältige Architektur. Die Bürohochhäuser wetteifern um Spitzenränge und Prestige.
Die Formen der Bauten, ob fünfeckig, zylindrisch, kubisch, alle ver- raten die Handschrift von kreativen und bekannten Architekten. Einige dieser Hochhäuser vereinen Hotels, Garagen, Läden und Büros. On the Top landen die Helikopter, wie auf den Plattformen der Bohrinseln. Bekannte Ölfirmen zeigen ihre Firmenlogos. Die Strassen sind fast leer. Downtown ist unterkellert. Auf insgesamt rund 11 Kilometer gibt es ein labyrinthisches Tunnelsystem mit Restaurants, Geschäften und allen möglichen Dienstleistungen. Am Wochenende ist fast alles geschlossen, nur ein paar Touristen schlendern durch Downtown. Für uns ein toller Einblick in die Grossstadt Houston. In der Strassenbahn gibt es noch viele freie Sitzplätze. Das Zentrum kennt am Wochenende keinen Stress.
Am Sonntag ist Muttertag. Michelle und Danny gratulieren und bedanken sich mit einem prächtigen Blumenstrauss und Geschen- ken bei ihrer Mutter Ann. Aber auch Regine wird zum Muttertag von Danny und Michelle reich beschenkt. Eine wirklich grosse Über- raschung. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich Regine das letzte Mal 12 rote Rosen mit wunderschönen Lilien geschenkt habe. Regine wird von Max und Anns Kindern richtig verwöhnt. Auch mein runder Geburtstag ist ihnen nicht entgangen und mit einer Flasche Wein und einem feinen, grossen Geburtstagskuchen wurde mein Geburtstag nachgefeiert. Herzlichen Dank an alle für die grossartige Muttertags- und Geburtstags-Überraschung.
Am Sonntagvormittag fährt Max mit uns in die weitere Umgeb- ung, wo zurzeit viele, sehr grosse Einfamilienhäuser-Ressorts ge- plant und gebaut werden. Hier gibt es noch viel Platz um die Ein- familienhausträume zu verwirklichen. Viele Ressorts sind mit gros- sen künstlichen Seen, Schwimmbad und Spielplätzen ausgestattet. Sie haben ein eigenes Strassen-Labyrinth. Mit Bäumen, Büschen, Blumen, grüner Rasen, Seen mit Palmen präsentieren sich die neuen Einfamilienhäuser sehr einladend. Wir erhalten Einblick in die amerikanische Bauweise. Der Platzbedarf für ein Haus ist in der Regel um ein mehrfaches Grösser als bei uns in der Schweiz. Max fährt auf dem Rückweg an einer Einfamilienhaus-Siedlung vorbei, die Walter ins Grübeln bringt. Mitten im grossen Ressort gibt es eine grüne Landepiste für Kleinflugzeuge für die Siedlungsbewohner. Tja, da könnte man die kleine Pipermaschine fast direkt vor der Haustüre abstellen. Das wär doch was, oder? Vielleicht müssten wir ein wenig jünger sein, um solche Träume noch zu verwirklichen….!?!
Am frühen Nachmittag gibt es ein Barbecue mit viel Fleisch und allerlei feinen Leckereien. Wir werden verwöhnt, wie in einem 5-Sterne Hotel. Michelle und Danny interessieren sich für unsere Reise in Amerika und sie haben auch viele Fragen zum Leben und Arbeiten in der Schweiz. So endet das Barbecue erst gegen Mitter- nacht. Morgen müssen die Jungen wieder zur Arbeit. Wir dürfen ausschlafen und neue Reisepläne schmieden. Fünf Tage eintauchen in ein amerikanisch – schweizerisches Familienleben war ein tolles Highlight für uns. Grossen Dank an alle für die grosszügige Gast- freundschaft, das feine Essen, die Geschenke und die vielen interessanten Stunden mit euch. Ein Wiedersehen mit euch in der Schweiz würde uns riesig freuen!
NASA Space Center in Houston
Nein, vier Stunden genügten uns nicht, wie es im Reiseführer an- gedeutet wurde. Wir tauchen ein in die Welt der Raumfahrt, die von 1961 bis ins Shuttle-Zeitalter hier gut dokumentiert wird. Namen wie Mercury, Gemini, Apollo-Programm, bis hin zum Space Shuttle erinnern uns an vergangene Jahrzehnte. Die Bilder von Raketenstarts, die Landung der Mercury- und Gemini Kapsel, oder der Flug zum Mond ist uns noch präsent aus Zeitungen und TV-Berichten. Jetzt erhalten wir einen sehr interessanten Einblick in die Weltraum-Antiquitäten der vergangen Jahre. Einmal vor einer richtigen Saturn V Rakete zu stehen, ihre Grösse und ihr Antriebssystem kennenlernen, ist für uns sehr beeindruckend.
Gleich mehrere Filme auf der Grossleinwand über die Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Raumfahrt begeisterten uns. Wie die Astronauten heute in den Weltraum fliegen und auf der inter- nationalen Space Station leben und arbeiten wird dem Besucher auf eindrückliche Art und Weise gezeigt. Mit einem Touristen-Shuttle- Bus besuchen wir ausserhalb vom Museumsgelände das ehemalige Kontrollzentrum der Weltraummissionen. Eine zweite Tour mit dem Bus machten wir dorthin, wo gearbeitet wird. Der Einblick in die Trainings-Anlagen der Astronauten, die heute noch gebraucht wer- den, ist besonders interessant.
Die Einrichtungen für die
Schwerelosigkeit oder das Handling mit Weltraumfahrzeugen sieht man nicht alle Tage. Das Thema Raumfahrt wird hier dem interessierten Besucher spannend und lehrreich gezeigt. Die Reise zum Mars auf einer Film-Animation lässt noch viele Fragen offen. Sicher ist nur, dass die Astronauten auf dieser Mars-Reise nicht zurückkehren werden.
So verlassen wir nach über 7 Stunden das Nasa Space Center in der Hoffnung, dass wir Ende Juni 2016 wieder in die Schweiz zurückkehren können.
Unterwegs nach Osten
Die lange Brücke über die Galveston Bay gibt uns den Blick frei auf den Golf von Mexiko. Auf kleinen, verkehrsarmen Strassen reisen wir weiter am Meer entlang. Wir queren die Grenze nach Louisiana und besuchen den kleinen Ort Abbeville. Etwa 30 Kilometer südlich liegt der Geburtsort der weltbekannten Tabasco Sauce. Uns interessiert weniger die Pfeffersauce, von der noch heute täglich etwa 400'000 kleine Flaschen abgefüllt und in über 100 Länder verschickt werden. „The Jungel Garden of Avery Island“, diese schöne, sehr grosse subtropische Gartenanlage, wurde vom Sohn des Tabasco-Erfinders angelegt.
Alte Eichenbäume, Alligatoren, Schildkröten und andere Wildtiere bevölkern den Park. Auch die Pflanzenwelt, darunter viele exotische Pflanzen, bereichern die Umgebung. Hauptattraktion ist die Bird City. Ein grosses geschütztes Reservat für Silber- reiher, die anfangs des 20. Jahrhunderts hier fast ausgerottet waren. Zurzeit ziehen mehrere Hundert Silberreiher-Paare ihren Nachwuchs auf. Pausenlos sind sie auf der Suche nach Nahrung im grossen Sumpfgebiet.
Über das kleine Städtchen Martinsville, das 1760 von fran- zösischen Trappern gegründet wurde, fahren wir weiter nach Baton Rouge, die Hauptstadt von Louisiana. Hier beherrschen gleich zwei State Capitols das Stadtbild. Das Old State Capitol, das fast wie eine Festung aussieht, war bis 1932 der Arbeitsort der Politiker. Wir besuchen das neue Louisiana State Capitol, gebaut 1931/32. Mit 34 Stockwerken das höchste Regierungsgebäude Amerikas. Vom 27. Stock geniessen wir eine schöne Aussicht auf den Mississippi, die Stadt Baton Rouge und die Umgebung. Leider zeigte sich die Sonne nicht, dafür war der Besuch der beiden Kammern umso farbiger. Eindrucksvolle Räume der „Chamber of the Louisiana House Representatives“ und die „Senate Chamber“. Die grosse Halle zwischen den beiden Kammern mit ihren grossen, schweren Bronce-Leuchtern und den kostbaren Wand- und Bodenplatten sind sehr schön.
Über weite Strecken kurvenreich dem Mississippi entlang nach New Orleans
Als wir das erste Mal den breiten Mississippi River erblicken, erinnern wir uns lückenhaft an unsere Jugendzeit zurück. Da gab es doch Bücher, die wir in der Schulzeit verschlungen haben. Wir grübeln weiter zusammen in unseren Kindheits- erinnerungen, die ja bereits mehr als 55 bis 60 Jahre zu- rückliegen. Die unvergesslichen, spannenden Abenteuer von Tom Sawyer und Huckleberry Finn, oder das Leben auf dem Mississippi sind auch nach so langer Zeit irgendwie im Hinterkopf noch präsent. An die genauen Details erinnern wir uns nicht mehr. Da ging es doch um arm und reich, über das Leben in den unteren sozialen Schichten. Das Buch „Der Prinz und der Bettelknabe“ habe ich bestimmt mehr als einmal gelesen. Der Name Samuel Longhorne Clemens war für uns in den 1950er Jahren unbekannt, das Pseudonym kannten wir gut. Die Geschichten von Mark Twain mit dem Mississippi River sind uns bis heute bruchstückhaft in Erinnerung geblieben. So fahren wir einmal links und rechts dem Mississippi entlang und tauchen ein in ein anders Kapitel der Geschichte.
Auf den Spuren der Zucker- und der Baumwollplantagen
Beidseitig vom Mississippi stehen heute noch mehr oder weniger gut erhaltene Plantation Homes. Einige der pracht- vollen Herrenhäuser sind architektonische Schmuckstücke und können besucht werden. So erhalten wir einen interes- santen Einblick, wie die Plantagenbesitzer einst gelebt haben. Die prunkvolle Inneneinrichtung, die zahlreichen Räume, die allseitig im ersten Stock gebauten Terrassen, lassen auf einen sehr luxuriösen Lebensstil schliessen. Auch Garten- und Parkanlagen samt ihren Nebengebäuden deuten auf einen grossen Reichtum hin, dank der Sklaven- arbeit.
Mit einer Führung in der „Oak Alley Plantation“ tauchen wir in die Geschichte ein, wo ca. ums Jahr 1865 eine grosse Zuckerplantage von den Sklaven bewirtschaftet wurde.
Sehr grosse „Sugar Kettles“ liegen noch auf dem Areal. Die Sklaven-Hütten, die unter anderem mit alten Dokumenten, Zeichnungen und Alltagsgegenständen ausgestattet sind, nehmen uns mit in eine für uns unbekannte Zeitreise. Die Geschichte der „Oak Alley Plantation“ begann anfangs des 18. Jahrhunderts, als ein Einwanderer aus Frankreich südlich des Mississippi ein kleines Haus baute und davor 28 Eichen pflanzte. Im Jahre 1839 errichtete dann Jacques Roman, ein reicher Zuckerfarmer, hier eine grosse Villa. Die alten, knorrigen Eichenbäume sind heute ein beliebtes Fotomotiv. In einem Informationspapier über die „Slavery at Oak Allery“ entdecken wir eine kleine Skizze, die die „Slave Auction at the St. Louis Exchange in New Orleans“ zeigt. Sie macht uns sehr nachdenklich. Sklaven wurden verkauft und gekauft wie eine Handelsware.
New Orleans French Quarter / Vieux Carre und der Mississippi Dampfer
Etwas ausserhalb der Stadt sind wir auf dem KOA-Camping stationiert. Täglich bringt der Shuttle Bus vom Camping morgens um 9 Uhr die Gäste ins Stadt- zentrum und holt sie abends wieder ab – kostenlos. Auf der fast einstündigen Fahrt erzählt der Fahrer interessante Details zur Geschichte und den Sehenswürdigkeiten der Stadt. Auch über den Hurricane Katrina im Jahre 2005, der eine Spur der Verwüstung in New Orleans angerichtet hat, sehen und hören wir Details. Wir sind im French Quarter unterwegs, dort wo New Orleans 1718 seinen Anfang nahm. Hier ist man relativ sicher, das Vieux Carre ist tagsüber und abends von vielen Touristen bevölkert und die Polizei ist vor Ort. Hier schlägt nach wie vor das Herz der Stadt.
Die schmiedeeisernen Balkone, aber auch die versteckten Innen- höfe und die alten Häuser faszinieren uns. Das schachbrettartige Strassenmuster, das seit 1721 unverändert ist, mit seinen gerade mal 13 mal 6 Häuserblocks, ist kleiner als wir es erwartet haben. Wir spazieren kreuz und quer durch die schmalen Gassen, wo auch tagsüber da und dort einzelne Musikgruppen aufspielen. In den Kneipen spielen Live-Bands in einer Lautstärke, dass man sein eigenes Wort nicht mehr versteht. Strassenkünstler ver- suchen mit ihren Darbietungen ein paar Dollars zu verdienen. Der kleine Junge mitten auf der Gasse, der auf leeren Plastikkübeln mit Trommel-Schlägen sein können zeigt, zieht Touristen an wie ein Magnet. Die Ein-Dollar-Noten füllen seinen leeren Behälter, dass manch älterer Musiker neidisch werden könnte. Wir sind morgens, mittags und abends im French Quarter unterwegs, besichtigen da und dort ein paar Jazz- Kneipen. Im Café du Monde ergattern wir einen freien Tisch und lassen uns von den bekannten „Beignets“ (süsses Gebäck mit viel Puderzucker) verwöhnen. Wir schlendern durch den French- und Farmers Market und staunen über die vielen Souvenirs aus China. Mit der Strassenbahn „Streetcar“ legen wir ein paar Stationen zurück. Nostalgie pur!
Zur Abkühlung suchen wir den Mississippi River auf, die viel besungene und romantische Lebensader von New Orleans. Wir schlendern am Riverwalk entlang, blicken über den breiten Fluss, wo fast pausenlos Schiffe und Tanker unterwegs sind. Der grösste Mississippi Dampfer „Natchez“ liegt am Anleger. Auch wenn das Wetter sich von der grauen Seite zeigt, der Sternwheeler lässt sein Signalhorn ertönen und geht gut besetzt auf Rundfahrt. Auch wir besteigen den Dampfer und erblicken die Skyline der Stadt vom Wasser aus. Die Musiker im vornehmen, klimatisierten und alten Speisesaal lassen Dixieland-Musik erklingen. Die Flussfahrt gibt uns einen kleinen Einblick in das Leben und Arbeiten beidseitig vom Fluss.
New Orleans gilt seit langem als beste Adresse für tradi- tionellen Jazz. Ein Glückfall für uns am späteren Nachmittag beim Anleger Natchez. Die 20-köpfige „Bradley Jazz“ Band spielt auf. Ein musikalisches Highligth. Über eine Stunde spielen sie Jazz-Musik vom Feinsten. Die Solisten erhalten besonderen Applaus, ihre Klänge erobern auch unsere Herzen. Wir lassen uns mitreissen vom Rhythmus und fühlen uns in New Orleans angekommen zu sein. Grossartige Jazz Musik von einer Gruppe, die sein bestes gibt und von den Zuhören Anerkennung erhält. Der prächtige Mississippi Dampfer „Natchez“ als Bühnenbild im Hintergrund der Jazz Band lässt keine Zweifel offen. Wir sind wirklich in New Orleans angekommen. Der Sound liegt uns in den Ohren.
Museum of Naval Aviation bei Pensacola
Das Flugzeugmuseum gehört in Florida zu den meistbesuchten. Etwa 8 Meilen südwestlich von Pensacola liegt das grosse Gelände. Hier stehen und hängen alte Militär-, Zivil- und Wasser- flugzeuge aller Generationen in den grossen Hallen. Der Einblick in die Flugzeug-Technik der letzten hundert Jahren ist spannend. Bekannte fliegerische- und kriegerische Schlachten mit Flug- zeugen sind auf sehr alten Filmen dokumentiert. Starts und Landungen auf den Flugzeugträgern aus den Anfängen, zeigen die Entwicklung der Technik auf den schwimmenden Stahl- kolossen. Von den ersten Wasserflugzeugen in Leichtbauweise bis zu den bekannten blaugelben F-18 Hornets der Kunstflugstaffel Blue Angels, die in Pensacola ihre Heimatbasis hat, ist hier die Geschichte der Militär-Flugzeugtechnik dokumentiert. Etwa 170 Flug- zeuge sind im Museum ausgestellt.
Manatee Springs State Park - ein kleines Paradies
Der State Park liegt direkt am breiten Suwannee-River süd- östlich von Perry. Mitten im Dschungel sprudelt eine glasklare Quelle aus dem Untergrund. Ein schöner Naturbadesee lädt ein zum Abkühlen. Mit 20 Grad Wassertemperatur recht kühl, wenn die Umgebungstemperatur 30-35 Grad beträgt. Im Schatten ist es zum Aushalten. Der State Park ist einen Zwischenstopp wert. Wir bleiben drei Nächte. Die Tierwelt zeigt sich in der freien Wildbahn besonders vielfältig. Im klaren Quellwasser schwimmen grosse und kleine Wasserschildkröten. Wir beobachten sie beim Fressen von Algen. Zwischendurch tauchen sie auf und holen Luft. Eine grössere Gruppe Ibisse haben sich auf hohen Bäumen einen Rastplatz gesucht.
Die Reiher waten am schmalen Quellfluss entlang, der nach rund 300 m in den Suwannee-River mündet. Spechte hämmern mit dem Schnabel in die hohlen Bäume und zeigen uns, wo sie ihre Nahrung holen. Greifvögel kreisen über den hohen Bäumen, die kleinen Vögel durchforsten die Büsche nach Insekten. In der Abenddämmerung hat ein stolzer Falke auf einem hohen Pfosten Position bezogen. Er hält Ausschau auf einen guten Happen. Die vielen Eichhörnchen und Eidechsen, die auf der Wiese ihre Nahrung suchen, sind für ihn eine leichte Beute.
An einem einzigen Tag entdecken wir 9 Schlangen und zwei Gürteltiere. Die sehr schönen Reptilien sonnen sich in der Nachmittags- und Abendsonne am Rand vom grossen Badeteich. Einige davon liegen auf Baumästen über dem Wasser. Die „Banded Water Snake“ hat eine braun gemusterte Zeichnung. Die „Florida Brown Water Snake“ hat auch eine schöne Zeichnung. Den Namen der schwarzen Schlange konnten wir noch nicht bestimmen. Die „Gulf Hammock Rat Snake“ gibt es nur in dieser Gegend. Alle sind harmlos, gut zu wissen, wenn man mit ihnen im Wasser ist. Die grössten unter ihnen sind armdick und haben eine Länge von ca. 1 – 1.30m. Eine prächtige Banded Water Snake hat sich gut getarnt um einen dünnen Baumstamm über dem Wasser gelegt.
Am zweiten Abend beim Nachtessen hören wir Geräusche aus dem Unterholz bei unserem Stellplatz. Ein Gürteltier kommt aus dem Busch, spaziert über unseren Platz auf der Suche nach Nahrung. Mit dem kurzen, kleinen Rüssel bohrt es Löcher in den weichen Sand. Findet es etwas Fressbares, gräbt es mit den kurzen Vorderfüssen das Loch noch grösser aus. Insekten und saftige Wurzeln stehen auf ihrem Speiseplan. Die Tiere sind in der Abenddämmerung und nachts aktiv. Zum Foto- grafieren ist es zu dunkel, wir versuchen es dennoch. Als wir ruhig und bewegungslos das schöne Tier beobachten, läuft es plötzlich zwischen meinen Füssen hindurch und verschwindet wieder im Unterholz. Die Manatees (Seekühe) zeigen sich hier nur im Winter, da sie dann die konstante Quellwasser-Temperatur von 20 Grad bevorzugen.
Homosassa Springs Wildlife State Park
Floridas bedrohtes Maskottchen sehen wir zum ers- ten Mal im Homosassa State Park. Die Manatees gehören zur Gattung Sirenia (Seekühe). Die Manatees haben einen fischförmigen Körper mit Fell, eine grosse, flache und breite Schwanzflosse und zwei Vorderflossen. Beim regelmässigen Luftholen sieht man gut ihre verschliessbaren Nasenlöcher und die kleinen Augen. Die drei Manatees in State Park sind etwa zweieinhalb bis drei Meter lang.
Sie können aber bis 4,5 m gross werden und dabei etwa 1600 Kilo auf die Waage bringen. Ihre Nahrung sind Meerespflanzen die sie geduldig abgrasen. Wenn im Winter die Küstengewässer zu kalt sind, kehren die Seekühe in die wärmeren Süsswasserflüsse und Quellen im Landesinneren zurück. Diese Tierart ist sehr stark bedroht. Hier im State Park werden die Tiere mit Salat und Grünzeug gefüttert und dabei den Besuchern Wissenswertes über Manatees vermittelt. Wir beobachten die Seekühe beim Fressen. Zu dem massigen, schweren Körper wirkt der Kopf klein. Ihre Bewegungen sind langsam und ruhig. Im klaren Wasser lassen sich die Tiere gut beobachten.
Wieder geht ein interessanter Reisemonat zu Ende. Wir sind immer noch unterwegs Richtung Südosten, wo uns die Temperaturen ganz schön ins Schwitzen bringen. In Meeresnähe erhalten wir vom Wind ein bisschen Ab- kühlung. Zwischendurch ein kühles Bad im Schwimmbad auf dem Campground bringt ebenfalls tiefere Körpertempera- turen. Nachts ist es noch erträglich. Da und dort lassen uns die Temperaturen in einen angenehmen Schlafmodus gleiten.