Die Saltos del Moconá – Längswasserfälle über 3 Kilometer
Die Provinz Misiones hat ein gutes Strassennetz, wobei nicht alle Quer- und Verbindungsstrassen asphaltiert sind. Von Puerto Iguazú fuhren wir nach Eldorado und  Pozo Azul. Auf der Ruta 20 suchten wir den Weg nach San Pedro. 13 Kilometer südwestlich, in Paraiso, wollten wir eine Naturstrasse als Abkürzung zu den Wasserfällen von Moconá in Angriff nehmen. Wir erkundigten uns über den Pistenzustand und erhielten eine Absage. Der Einheimische machte uns mit den Händen deutlich, wie gross die Steine und Felsbrocken auf dem Dschungelpfad liegen. Ja, wir hatten keine Lust, über 100 km in einem Bachbett zurückzulegen, wenn es eine Alternative gibt. Erst noch Fahrzeug schonend und schneller. Über San Vicente erreichten wir am Abend El Soberbio, wo wir übernachteten. Von unserem Platz aus blickten wir auf den breiten Rio Uruguay. Auf der anderen Flussseite liegt Brasilien mit einem gewaltigen, undurchdringlichen Urwald. Es gibt keinen Grenzübergang für Touristen, keine Brücke, keine Fähre. Nur die Einheimischen pendeln mit ihren schmalen Fischerbooten von Ufer zu Ufer.
Am nächsten Tag fahren wir ca. 80 km in nordöst- licher Richtung  am Rio Uruguay entlang und errei- chen gegen Mittag den Parque Provincial Moconá. Hier ist jeder Tourist herzlich Willkommen. Kaum eine Handvoll Fahrzeuge stehen auf dem Parkplatz. Dass wir hier in einem sehr abgelegenen Gebiet unterwegs sind, zeigt schon die Tatsache, dass wir noch Strassenschilder mit Symbolen von „Pferd und Kutsche“ antreffen. Auf der Strecke wurden ver- schiedene Aussichtspunkte so angelegt, dass der Besucher einen grossartigen Blick auf die Rest- bestände des Urwaldes geniessen kann.
Wir besuchen mit einer Bootsfahrt die längsten Längswasserfälle der Welt. Zwar nur etwa 20 – 25 m hoch, doch über 3 Kilometer lang. Zu viert sitzen wir im Boot. Der Fluss wird schmäler und die ersten niedrigen Wasserfälle auf der Argentinischen Seite steuert unser Bootsführer an. Nicht zu vergleichen mit den gewaltigen Wasserfällen von Iguazú, dafür ist der Besuch fast ein bisschen familiär. Der Urwald und die sehr langen Wasserfälle mitten drin, sind aber für uns einen Besuch wert. Zwei kleinere Wanderungen in den Dschungel, wo uns eine grosse Zahl Schmetterlinge begegnen, runden unseren Besuch bei den Saltos del Moconá ab. Eine Woche später erfahren wir von Anja und Hubert, dass die Strasse zu den Wasserfällen von Moconá überflutet und unpassierbar ist. Sie mussten umkehren. Ja, manchmal bestimmt der Regen die Route. Wir hatten Glück!
San Ignacio Mini – eine ehemalige Jesuitenreduktion
Die Ruinen der besterhaltenen Jesuiten-Siedlung liegen an der Ruta 12, ca. 56 km östlich von Posadas. In Argentinien haben wir bis heute noch wenig Historisches besucht, doch San Ignacio Mini, ein UNESCO – Weltkulturerbe in der Provinz Misiones, ist ein Muss! San Ignacio Mini ist eine ehemalige Jesuitenreduktion. Um 1610 kamen die ersten Jesuiten in diese Gegend, wo sie im brasilianischen  Guaiará mit den Ein- heimischen eines  Guarani-Volkes lebten. 1632 wurde diese Siedlung aufgegeben, da es immer wieder zu Überfällen von Sklavenhändlern kam. Später gründeten sie in San Ignacio Mini eine neue Reduktion,  wo um 1715 bereits etwa 4000 Men- schen auf einer Fläche von 10 Hektaren lebten. Die Reduktionen (Siedlungen) dienten dazu, die Einheimischen Guarani zu missionieren. Als die Jesuiten von den Spaniern 1767 aus dem Gebiet vertrieben wurden, verliessen die Indios die Reduktion und die Siedlung zerfiel. Später wurden die Gebäude zerstört und der Urwald überwucherte die restlichen Bauwerke.
Erst 1941 begann man mit der Freilegung und Restaurierung der alten Ruinen. 1984 wurden sie mit drei weiteren Missionen in Argentinien von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. Das schönste Gebäude der Reduktion war die Kirche. Die Ruinen des mächtigen Eingangsportals mit zahlreichen Ornamenten ge- schmückt, lässt noch heute ihre Grösse und Schönheit erahnen. Beeindruckend sind die Abmessungen. Mit Mauern von 2 Metern Dicke, einer Länge von 74 Metern und einer Breite von 24 Metern war die Kirche das schönste Einzelgebäude. Wie die Menschen hier einst lebten, kann man an den Ruinen erkennen.

Um die zentrale, grosse Plaza de Armas stand nicht nur die Kirche, sondern auch Gebäude, in denen die   Unterrichtsräume, Werkstätten, Küche, Speisesaal oder das Gefängnis untergebracht waren. Auf unserem Rundgang durch das Ruinenareal konnten wir an verschiedenen Stellen Informationen auf Deutsch abrufen, die über das Zusammenleben in der Siedlung, die Hierarchie der Reduk- tion, das täglichen Leben und Arbeiten ausführlich informierten. Auf einer Infotafel lasen wir: "Die Essgewohnheiten der Jesuiten und der Guaranies waren sehr verschieden in der Jesuiten-Reduktion. Die Priester hatten für sich einen Gemüsegarten hinter dem Wohnsitz und den Werkstätten, in denen sie Pfirsiche, Orangen, Zitronen, Heilkräuter und Gemüse wie Karotten und Weisskohl anpflanzten. Die Ernährung der Guaranies bestand hauptsächlich aus der täglichen Zuteilung von Fleisch, Mais, Bohnen und Maniokmehl." Im Sonnenlicht wirken die rot-braunen Überresten der Kirchenfront  sehr malerisch. Das kleine Museum am Eingang besuchten wir am Schluss des Rundganges.
Kraftwerk Yacretá in Ituzaingo
Das zweitgrösste Wasserkraftwerk Südamerikas liegt ca. 80 km westlich von Posadas. Mit einer kostenlosen Führung konnten wir das 3200 Megawatt Bauwerk besichtigen. Etwa 20 Besucher stiegen um 9 Uhr in zwei Kleinbusse beim Empfangszentrum des Kraft- werkes. Begleitet von einer Angestellten erfahren wir auf der Fahrt zum Staudamm Zahlen und Wissenswertes über den gigantischen Bau. Den ersten Halt machten wir bei der 270 Meter langen Schiffs- schleuse, die mit einer Zugbrücke versehen ist. Der Blick auf den riesigen Stausee mit einer Fläche von ca. 1600 km² verlor sich am Horizont. Im lang gestreckten Maschinengebäude sind 20 Turbinen von beachtlichen Ausmassen angeordnet.
Der Staudamm wurde aus homogenem Erdmaterial aufgeschüttet und besitzt einen undurchlässigen Kern. Die Kronenlänge misst 66,5 km und ist eine der längsten der Welt. Das Gesamtvolumen des Dammes liegt bei knapp 66 Millionen Kubikmeter. Der Grenzfluss Paraná zwischen Paraguay und Argentinien wurde zu einem riesigen See aufgestaut, was natürlich auch Probleme verursachte. (Um- siedlungen, Wälder, usw.)
Wie bei vielen Projekten, die so gigantische Ausmasse haben und deren Bauzeit über viele Jahre dauern, ist auch das Wasser- kraftwerk Yacretá skandalträchtig. In unseren Reiseunterlagen entnehmen wir den Ausdruck: „Monument der Korruption“. Begonnen wurde mit dem Bau 1983, fertig gestellt 1992 und im Jahre 1996 wurde der Staudamm eingeweiht. Das Kraftwerk deckt etwa rund einen Viertel des argentinischen Stromverbrauchs ab. Später auf unserer Weiterfahrt in den Süden sahen wir die zahl- reichen, nebeneinander stehenden Hochspannungsleitungen, die über viele Hundert Kilometer zu den städtischen Zentren führen. Die Führung dauerte knapp zwei Stunden. Auch wenn wir von den vielen Informationen und Erklärungen nicht alle Details verstanden, war für uns der Besuch sehr interessant. Auf einer gewaltigen Stau- mauer zu stehen, deren Ende man nicht mehr im Blickfeld hat, ist wirklich eindrücklich.  
Das Sumpfgebiet Iberá – der Regen bestimmt die Route
Nach dem Besuch des Kraftwerkes Yacyretá kehrten wir auf die Ruta 12 Richtung Posadas zurück. Unser nächstes Ziel war die grosse Sumpflandschaft mit dem Naturreservat von Colonia Carlos Pellegrini. Das etwa 5000 km² grosse Sumpf- gebiet „Esteros del Iberá“ hat Einiges an Flora und Fauna zu bieten. Wir suchten die Ruta 41, die in ca. 140 km das kleine Dorf Colonia Carlos Pellegrini im Süden erreicht. Gestern hat es sehr lange und ausgiebig geregnet, so dass einige Zufahrts- strassen ins Zentrum des Sumpfgebietes unpassierbar wur- den. Wir fahren auf der aufgeweichten Erdpiste Ruta 41 südwärts. Nach 10 km fragten wir uns, ob es noch schlimmer kommt. Ist diese Strecke überhaupt passierbar nach dem Regen? Unser Bauchgefühl sagte nein. Da uns niemand Auskunft über die Strecke geben konnte, studierten wir erneut das Kartenmaterial. Die Navi – Eingabe lautete: Auf der Ruta 120  in südöstlicher Richtung 60 km, dann auf der Ruta 14 Richtung Süden bis zur Abzweigung auf die Ruta 40. 130 km später bogen wir ab auf die Naturpiste 40.
Jetzt stehen uns noch 120 km bis ins Reservat bevor, dachten wir. Nach ca. 10 km  verschwand die Piste in einem grösseren See. Es schien als ob die gesamte Landschaft Unterwasser steht. Hier gibt es kein Durchkommen. Zwei Einheimische Fahrzeuge stehen mitten auf der Strasse und zwei Kinder vergnügen sich im Badesee am linken Pisten- rand. Sie stehen bereits bis zur Hüfte im Wasser. Die Kinder hatten Spass am Strassen-Bade-See, wir weniger. Für uns zu riskant! Was ist, wenn wir mitten drin in der aufge- weichten Piste stecken bleiben? Abgesehen, was haben wir auf den weiteren 110 km noch zu erwarten? Die Piste war über 100 m Unterwasser und aufgeweicht. Die Wassertiefe schätzten wir auf über 1,5 m, da die Piste in eine Senke hinab führte. Dass die Einheimischen nicht durchfahren, hat wohl seine Gründe. Mitten drin stecken bleiben, könnte unser Reiseprogramm durcheinander bringen, abgesehen von den Bergungskosten.
23 km weiter südlich liegt die Kleinstadt Santo Tomé. Am Stadtrand  stellen wir unser Fahrzeug auf einer Wiese direkt am Rio Uruguay ab. Auf der anderen Flussseite liegt Brasilien. Am nächsten Tag nach dem Kartenstudium starten wir einen dritten Versuch. Im Top-Strassenbuch „Atlas de Rutas 2012“ sind auch kleinste Wege durch die Pampa mit Kilometerangaben eingezeichnet. Rund 100 km südlich von Santo Tomé, bei La Cruz, führt eine weitere Piste ins Sumpfgebiet. Wir er- kundigen uns bei der Wegabzweigung in einem kleinen Laden über den Pistenzustand der Ruta 114. Schlechte Nachrichten dringen an unser Ohr. Die Piste sei gesperrt, da eine Brücke Unterwasser stehe, orientieren uns die Einheimischen. Wir fragten uns, wie hoch hier der Wasserspiegel noch steigt, wenn auch diese Zufahrt unpassierbar ist. So scheiterte auch unser dritter Versuch. Die einzige, ganzjährige offene Piste nach Colonia Carlos Pellegrini gibt es von der Stadt Mercedes aus, erklärten uns die Einheimischen im Laden. Wir geben nicht auf.
Wir fahren Richtung Uruguaiana (Grenzstadt) bis wir nach ca. 80 km auf die Ruta 123 treffen. Von dort ging es 110 km nach Nordwesten, wo wir die Stadt Mercedes erreichten. Ursprünglich wollten wir vom Norden her in das Sumpf- gebiet. Jetzt stehen wir im Süden. Die Ruta 40 führt von hier ca. 120 km nach Nordost. Die ersten 20 km sind asphaltiert, dann folgen mehrere Baustellen. Die Erdpiste ist in fahr- barem Zustand, wobei die tiefen Spurrillen noch stark auf- geweicht und nass sind. Auch hier hat der Regen seine Spuren hinterlassen. Der Sonntagsverkehr ist sehr beschei- den, nur wenige Fahrzeuge begegnen uns. Auf den Bau- stellen wird über viele Kilometer gearbeitet und die Piste mit dem „Grader“ passierbar gemacht.
Dass hier auch am Sonntag gearbeitet wird, zeigt die Wich- tigkeit der Verbindungsstrasse nach Colonia Carlos Pellegrini. Auch hier im Süden hat die Strasse unter den schweren Regenfällen gelitten, doch mit 4x4 sind wir sicher auf der Piste. Über weite Strecken liegt die Strasse auf einem  Damm. Links und rechts Wasser und eine riesige Sumpflandschaft. Die Piste kann man nicht verlassen. Auf den nächsten 80 km sind gerade mal drei kleine Abzweigungen auf der Karte einge- zeichnet. Die Sonne steht tief am Horizont und verfärbt den Himmel. Wir erhalten einen tollen Einblick in das Naturparadies „Esteros del Iberá“.
Beidseits der Piste entdecken wir Geierfalken, Störche, Rabengeier, Kormorane, paarzehige Nandus, (südamerikanischer Straussen- vogel), Cayennekiebitze, mehrere Hirsche und eine Vielzahl von Carpinchos (Wasserschweine), sowie eine grosse Zahl verschie- dener, farbiger Vögel. Bei der Einfahrt zu einer Farm stellen wir unser Nachtlager auf, nur ein paar Meter entfernt von einer grös- seren Gruppe Wasserschweinen. Die Sonne stand tief. Die Tiere im Sumpf zeigten sich bereits im Schatten. Ein vielseitiges Frosch- konzert begleitet uns in den Schlaf.
Noch hatten wir ca. 40 km bis zum Naturreservat vor uns. Diesmal war weniger die schlechte Piste an unserem langsamen Fahren verantwortlich. Vielmehr waren es die zahlreichen Fotostopps, die immer wieder für einen Halt sorgten. Das Sumpfgebiet ist voller Leben. So brauchten wir für die letzten 40 km rund 5 Stunden. Einmalig! Als wir beim Besucherzentrum parkierten, kam ein Franzose auf uns zu und fragte, ob wir Interesse hätten, für eine zweistündige Bootstour um 16 Uhr. Vier Personen in einem Boot seien preisgünstiger meinte er. Wir buchten beim Kiosk nach der Brücke und stellten das Fahrzeug neben der Strasse ab. Der Preis mit 100 Pesos (ca. SFR 20.-) pro Person schien uns angemessen. Der blaue, wolkenlose Himmel begleitete uns auf der Bootsfahrt. Die Seenlandschaft ist ein gewaltiger Süsswasserspeicher. Er gehört zu den Grössten in Südamerika, der von den Regenfällen gespeist wird.
Seit 1983 ist das grosse Sumpfgebiet ein Reservat von beachtlicher Flora und Fauna. Die Bootsfahrt war ein grosses Highlight. Die tief stehende Sonne verzauberte die Wasserlandschaft und liess die Pflanzen und  Vögel im weichen Licht erscheinen. Die ruhige, glatte Wasserfläche erlaubte uns mehrere Spiegelbilder zu knipsen. Die vielseitige Tier- und Vogelwelt kannte unser Tourguide bestens. Doch die zahlreichen Namen konnten wir auf der zweistündigen Bootstour nicht behalten. Aber die Zahlen sind tief beeindruckend: Das grosse Sumpfgebiet beherbergt 1400 Pflanzenarten, 350 Vogelarten, 25 verschiedene Schmetterlinge, 60 Säugetiere, 40 Amphibien-Arten, 60 Reptilien und 125 verschiedene Fisch-Arten.
Sumpfhirsche, Kaimane, Nachtreiher, Wasserschweine und der selten gewordene Chajá erspähten wir vom Boot aus. Die Namen der vielen Vögel, die auf den schwimmenden Wasserpflanzen auf Nahrungssuche sind, können wir nicht behalten, zu gross war die Vielfalt. Später auf dem Spaziergang durch einen kleinen Dschungel- wald entdecken wir noch fünf Brüllaffen in den hohen Bäumen. Die sehr kleine Siedlung Colonia Carlos Pellegrini mit etwa 800 Ein- wohner hat einen sehr schönen Campingplatz mit guter Infra- struktur direkt am See.
Im Dorf suchen wir den kleinen „Tante-Emma-Laden“ auf. Sein Sortiment an Lebensmittel ist auf das Allernötigste ausgerichtet. Wir tauchen in eine andere Konsum-Welt ein. Eine Handvoll Tomaten, Äpfel und Zwiebeln sind, was den Gemüsesektor betrifft, erhältlich. Reis, Teigwaren und ein paar Büchsen stehen auf einem alten Regal. Die Ladenbesitzerin notiert die Lebensmittel von Hand auf einen Zettel und schreibt den Preis dahinter. Im Kopf zählt sie unseren Einkauf, bestehend aus sechs Positionen, zusammen und reicht uns den handgeschrieben Zettel. Ein Einkaufserlebnis beson- derer Art. Das traumhafte Wetter lädt uns ein zum Bleiben. Auf dem Camping treffen wir  Anja und Hubert mit ihrem „Land Rover-Camper“ aus Deutschland. Sie sind zurzeit in Südamerika unterwegs. Wir tauschen Infos und Reiseerlebnisse aus und geniessen ein paar schöne Stunden miteinander.
Schmiergeld oder Trinkgeld?
Von Mercedes verläuft die Ruta 113, später Ruta 14, direkt in den Süden zur Grenzstadt Concordia. Bei einer Baustelle, wo der Verkehr umgeleitet wird, gibt es eine Polizeikontrolle. Nein, wir müssen keine Ausweise zeigen, daran sind die Beamten nicht interessiert. Dafür kommen sie schnell zu ihrem Wunsch. „Propina, propina“, meinte einer, und machte mit den Fingern eine entsprechende Bewegung durchs geöffnete Seitenfenster. Für was ein Trinkgeld oder Schmier- geld, überlegten wir. Ich zeigte auf die neue Strasse und sagte: „Para autopista 14?“ Er winkte ab und ergänzte: „Cash, Cash.“ Wir wussten von anderen Reisenden, dass auf diesen Strecken Touristen abgezockt werden. Das Buschtelefon funktioniert auch in Südamerika. Mit unserer Reiseerfahrung und Stand- haftigkeit lösen wir auch dieses Problem. Auf unser Nachfragen, für was er „Cash“ brauche, schüttelt er ungeduldig den Kopf. Wir haben Zeit, er nicht. Hinter uns staut sich der Verkehr, wir bleiben ruhig und gelassen. Es ist die erste Begegnung in Argentinien, wo wir direkt von Beamten um Schmiergeld angebettelt werden. Wir haben keine Lust, dieses System zu unterstützen noch zu fördern. Wir warten. Als der Uniformierte merkte, dass wir kein Geld herausrücken, verliert er die Geduld. Er machte eine abschätzige Handbewegung und murrte, wir sollen weiterfahren. Auf den folgenden Kilometern hatten wir genug Gesprächsstoff zum Thema: Schmiergeld oder Trinkgeld! 
Uruguay - Grenzübergang von Concordia nach Salto
Wir wählten den kleineren Grenzübergang im Norden von Concordia. Vor der Überquerung der grossen Staumauer erledigten wir die Aus- und Einreiseformalitäten in kurzer Zeit. Der sehr freundliche Uruguayische Grenzbeamte be- grüsste uns mit einem Händedruck, schaute kurz in die Camperkabine, und wünschte uns eine gute Fahrt. Wir nehmen Kurs Richtung Montevideo. Die Termas de Guaviyú liegen an der Ruta 3, südlich von Salto. Die touristische Camping- und Badeanlage hat eine gute Infrastruktur. Als wir uns bei der Rezeption anmeldeten, erfahren wir, dass übers Wochenende ein Reisemobil-Treffen auf dem grossen Areal stattfindet. Kein Problem für uns.
Etwa 50 Camper- und Reisemobile in allen Grössen und Ausführungen hatten sich bereits auf dem grünen Rasen unter den Bäumen eingerichtet. Auch einige Igluzelte wurden dazwischen aufgestellt. Die meisten Besucher waren aus Argentinien und Uruguay. Einige der grossen Fahrzeuge hatten amerikanische Dimensionen. Zu unserer Überraschung war es am Abend sehr, sehr ruhig auf dem Platz. Am nächsten Tag machten wir einen Rundgang durch das Gelände und erhielten einen guten Einblick in das Südamerikanische Camperleben.
Beim grossen Grillstand, ca. 2 x 2 m, lagen mehrere halbierte Schweine auf einem Gitter über der heissen Glut. Clubmitglieder, resp. ihre Spezialisten, hatten den Grillplatz gut im Griff. Die Holzkohle in einer dicken Schicht verteilten sie gleichmässig unter den riesigen Fleischstücken, welche schon beidseitig fast fertig gegrillt waren. Etwas später, als die Grill-Spezialisten ihr OK zum Essen verkündeten, kamen die Besucher mit ihren Tellern zum Grillstand. Ja, hier wird Fleisch in einer anderen Grössenordnung geges- sen. Eine tolle Feststimmung herrschte auf dem Areal. Wir schauten eine Weile zu, wie die Ferkelhälften zerkleinert und auf die Teller verteilt wurden. Der Spruch, genügend Fleisch braucht keine Beilagen, trifft hier wirklich zu.
Die Ruta 3 bringt uns in den Süden. Der Ort La Palmar liegt am Stausee Paso del Palmar. Mit seinen Sand- stränden  und Campingmöglichkeiten ist der Ort im Sommer sehr beliebt. Der Damm beim Kraftwerk del Palmar staut den Rio Negro und den Arroyo Grande. Wir erreichen den grossen Stausee auf der Ruta 3 und überqueren ihn auf einer langen Brücke. Direkt nach der Brücke entdecken wir die  „Zona del Lago“, einen sehr grossen Campingplatz mit grüner Wiese, Tisch und Bänken, Grillstellen, Cabañas, Baños, Strom und Restaurant. Wir erkundigen uns betreffend Kosten für eine Übernachtung. Der Restaurant- besitzer überraschte uns mit seiner Antwort. Campen und Übernachten samt Infrastruktur ist gratis! Wir suchen einen schönen Platz in Seenähe und richten uns ein. Hier kann man Ferien machen zum Nulltarif. Für Freizeitaktivitäten einladend. Fischen, Baden, mit Kanu oder Boot den See erkunden, wandern oder spielen in einer sehr schönen Umgebung. Die Einheimischen räumen am Sonntagabend ihr Wochenendplatz und fahren nach Hause. Wir bleiben. Bei Sonnenuntergang geniessen wir den Apéro und schauen den zahlreichen Vögel am Wasser zu. Dieser Übernachtungsplatz, ca. 5 km vor dem kleinen Dorf Andresito bekommt 5 Sterne!   
Über Trinidad und San José de Mayo nähern wir uns der Hauptstadt Montevideo. Bei der Abzweigung der Ruta 23 legen wir einen Zwischen- stopp ein. Hier stehen ein paar interessante Skulpturen aus Metall zum Thema Umweltschutz. Die Freilichtausstellung „Zoológico del Futura“ erinnert an die Bedrohung der Umwelt. Hier werden die Besucher an die Gefahren durch den Menschen an Flora und Fauna in grossen „Scheren- schnitten“ aus schwarzem Metall erinnert. Die grösste Skulptur vereint Sonne, Mond und Sterne, die Menschen, die Tiere und die Pflanzen. Hier ist jeder aufgefordert zu den einzelnen Kunstwerken seine eigenen Gedanken und Überlegungen anzustellen. Klein, aber eindrücklich!
Wir umfahren die Hauptstadt im Norden und suchen auf der Ruta 10 das Kleinod Paraiso Suizo, (S 34º47′21.7″ W 055º25′.52.5″) wo uns Silvia und Heinz herzlich Willkom- men heissen. Zu unserer Überraschung treffen wir hier Petra und Klaus aus Deutschland, die wir bereits von Mexiko und Ecuador her kennen. Zwei Tage später kommen noch Anja und Hubert aus Deutschland und Thomas aus Zürich. Hier ist der ideale Ort für Reisende, die einen Reiseunter- bruch planen. In Uruguay kann das Fahrzeug ein Jahr im Land bleiben, bevor es wieder ausgeführt werden muss.
Paraiso Suizo - der Traum vom Schweizerparadies
Hier fühlen wir uns wie zuhause. Dieses schöne Fleckchen Erde ist 30 Hektaren gross und liegt an schöner Lage am Meer. (www.paraisosuizo.com) Silvia und Heinz sind sehr hilfsbereit und haben für Wünsche und Fragen stets ein offenes Ohr. Auf unsere Frage betreffend Service für den Camper greift Heinz zum Telefon und vereinbart gleich einen Termin in der Garage, die seine Fahrzeuge warten. Er reserviert den Bus zum Flughafen nach Montevideo, hilft mit bei der Verschiffung der Fahrzeuge und kennt alle Zollformalitäten. Eine grosse Hilfe für Reisende, die hier in Uruguay ankommen oder einen Reiseunterbruch planen. Heinz und Silvia verwöhnen ihre Gäste im Restaurant auch mit feinen Schweizerspezialitäten. Das gemütliche Zusammensitzen am Abend in ihrem Restaurant macht Spass und Freude.
Wir erfahren viel Spannendes und Interessantes über Land und Leute. Sie vermieten auch sehr schöne Cabañas inmitten einer Naturlandschaft nur ein paar Schritte vom Meer entfernt. Für uns als Reisende sticht besonders der gepflegte „Schweizer-Standart“ ins Auge. Hier ist alles sehr sauber und funktioniert, inklusive gutes Internet! Wir geniessen die letzten Tage im Paraiso Suizo und reinigen und pflegen unseren Camper innen und aussen. Wieder waren wir 8 Monate in Südamerika unterwegs und nie hatte unser Fahrzeug uns im Stich gelassen. Keine Panne, keinen Platten, keine Reparaturen, nada! Auf dem ehemaligen Tennisplatz sind zurzeit 13 grössere und kleinere Reise- und Expe- ditionsmobile abgestellt. Sie warten auf ihre Besitzer, die ihre Reise in Südamerika fortsetzen.
So macht auch unser Camper hier für dreieinhalb Monate Ferien und wir können den Sommerurlaub in der Schweiz geniessen. Die krei- schenden Papageien-Schwärme am Morgen werden wir vermis- sen, ebenso der unberührte Sandstrand am Atlantik. Wer Ruhe, Erholung und Sonne sucht, liegt hier richtig. Uruguay mit einer Fläche von ca. 176'000 km² ist etwa viermal so gross wie die Schweiz, hat aber nur ca. 3,5 Millionen Einwohner. Noch gibt es von Uruguay bis Patagonien viel zu entdecken. Mitte August 2013 starten wir zur 5. Reiseetappe sofern nichts Aussergewöhnliches dazwischen kommt. Hasta luego!
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