Reisebericht Kolumbien / Ecuador
01. - 30.07.2012 Popayán - Bogotá - Manizales - Ipiales (Kolumbien) - Quito (Ecuador)
Desierto de la Tatacoa
Die Tatacoa-Wüste liegt nördlich von Neiva. Die ca. 330 Quadrat- kilometer grosse Trockensavanne besteht aus einem rot, ocker und grau gefärbtem Hügelgebiet. Durch Erosion ist eine bizarre Fels- kegel-Landschaft mit vielen, kleinen und grossen Flussläufen ent- standen. Unser Übernachtungsplatz direkt an der Kante des Canyons El Cuzco ist fantastisch. Der schöne Ausblick durchs Fenster auf die weite, erodierte Landschaft in der Abendsonne ist grossartig. Der Blick in den klaren Sternenhimmel deutet auf gutes Wetter hin.
Die Indianer nannten dieses Gebiet Tatacoa, was Klapperschlange bedeutet. Wir haben auf unserem mehrstündigen Rundgang zu Fuss keine Klapperschlange entdeckt, dafür Vögel, Echsen und viele schöne Kakteen. Besonders schön sind die Erosionsfalten in der Morgen- sonne. Funde fossiler Baumstämme und versteinerte Überresten von Tieren deuten auf einen früheren Sumpfwald hin, der ein Meer überwucherte. Wir wandern durch verschiedene Canyons und erblicken immer wieder neue Felskegelformationen. Die Landschaft ist extrem trocken und der Boden mit einem Netz aus Rissen gespalten. Gegen Mittag wird es heiss. Die kerzenhalterigen Candelabo-Kakteen strecken ihre Arme gegen den Himmel. Einzelne zeigen noch Blüten und Knospen. Noch haben Wüstengebiete für uns nichts an Faszination verloren, im Gegenteil.
Auf den ersten Blick erscheint alles leblos, trostlos und uninteres- sant. Auf unserer Bildergalerie haben wir ein paar sehr schöne Begegnungen mit den Wüstenbewohnern festgehalten. Am Nach- mittag fahren wir durch die Mondlandschaft La Venta. Hier leben die Einheimischen in einfachen Hütten und von dem Wenigen, was das trockene, dürre Land hergibt. In Los Hoyos blicken wir zum kleinen Pool hinunter, der für überhitzte Besucher eine Abkühlung bringt. Das kleine Schwimmbad ist eingebettet in mitten einer grossartigen erodierten Wüstenlandschaft.
San Agustin
Von der Wüste Tatacoa fahren wir dem Rio Magdalena entlang nach Süden. Über die Stadt Neiva erreichen wir ca. 250 km später das kleine Städtchen San Agustin. Der Ort erlangte seine Berühmtheit durch die sehr bedeutenden, geheimnisvollen, archäologischen Fundstätten. In dieser Gegend wurden bei Ausgrabungen Reste einer Kultur gefunden, welche bis heute keine eindeutigen Erklär- ungen zulassen. Zahlreiche grossartige Grabsteine und Skulpturen stehen mitten in einer tropischen Vegetation. Seit 1995 ist San Agustin UNESCO-Weltkulturerbe.
Als wir ins Dorfzentrum einfahren, fängt uns Pedro mitten auf der Strasse ab. Wir fragen nach dem Camping und er steigt spontan aufs Moped und führt uns durch die Gassen von San Agustin Richtung Ausgrabungsstätte. Auf einem kleinen Wiesenhügel liegt der Campingplatz, wo bereits zwei Igluzelte stehen. Kaum hatten wir unser Fahrzeug fertig aufgestellt und eingerichtet, startete eine „Fiesta“ besonderer Art. Wir werden orientiert, dass heute Abend hier auf dem Platz die Wahlen der „Reinas“ (Königinnen) durchgeführt werden. Immer mehr Leute treffen auf dem Platz ein, Frauen, Männer und Kinder mit schönen farbigen Trachten. Jugendliche und Erwachsene spielen im Halbkreis Trommel- und Blasmusik. Die Feststimmung nimmt zu und wir sind mitten drin.
Bei einbrechender Dunkelheit stellen die Besucher drei Fahrzeuge im Halbkreis auf und mit ihrem Licht ist die Grasbühne frei für Tanz und Musik. Für uns als Aussenstehende wirkt die Fiesta etwas chaotisch und laut. Der Sprecher und Organisator hält die Besucher auf Trab. Das Fest hat Tradition. Es kürt eine Reina der Schönheit, der Kultur, der Sympathie, usw., dazu gehören verschiedene Tänze, die mit grossem Applaus beleitet werden. Weitere Aufgaben, wie Fragen beantworten gehören zum Auswahlprozedere. Die schönen Kleider wurden elegant und geschickt beim Tanzen zur Schau gestellt. Gegen 22 Uhr hat man 5 Königinnen auserwählt, die sich nun alle in einer Reihe präsentieren für ein Fotoshooting. Bis die Besucher mit allen Königinnen abgelichtet waren, dauerte es. Alle wollen mit jeder Reina auf ein Foto. Bei Speis und Trank feiert die fröhliche Gruppe bis gegen Mitternacht. Unser Fahrzeug wurde gleich als Kulisse miteinbezogen und wir gehörten einfach dazu. Das Fest hat uns tief berührt, eine Offenheit, eine Gastfreundlichkeit, eine Fröhlichkeit wurde hier zelebriert, wie wir dies bis heute so familiär noch nicht erlebten. Das Fest gab uns einen ganz kleinen Einblick in die kulturell viel- schichtige Bevölkerung. Unser Glück: Per Zufall waren wir zur rechten Zeit am richtigen Ort mit vielen liebenswürdigen Menschen. Wir sind ein tolles Erlebnis reicher. Mein grosses Glück: Meine Reina (Regine) der Schönheit, der Kultur, der Sympathie und der grossen Liebe begleitet mich bereits über 36 Jahre!
Am nächsten Tag stand eine Jeep-Tour ins Hinterland auf dem Programm. Die Route führte uns mit fünf anderen Touristen zu den archäologischen Stätten von La Chaquira und El Tablón. Der Fahrer suchte den Weg auf schmalen Naturstrassen. Wir fuhren durch zahlreiche kleine Andendörfer, an die Flussenge des Rios Magdalena mit den sehr steilen Talseiten, und zu den kleinen Ausgrabungs-stätten. Unterwegs begegnen wir Pferden, die grosse Zuckerrohr-Bündel zur Sammelstelle tragen. Von Hand werden Lastwagen mit der kostbaren Ernte beladen und gleichzeitig blockieren sie für eine Weile den schmalen Pfad. Auf diesen kleinen Naturstrassen muss man die Ausweichstellen suchen oder kennen. Die langen Zuckerrohrstängel an den steilen Berghängen ernten ist eine sehr mühsame und aufwändige Handarbeit. Hartes Alltagsleben der Bergbauern, nur Pferd und Lastwagen bringen etwas Erleichterung.
Hatte unser Fahrer Antonio freie Fahrt, mussten wir uns gut fest- halten, um auf dem Sitz zu bleiben. Der 23 jährige Jeep gab ein Klappern und Scheppern von sich, als ob das seine letzte Tour vor dem Autofriedhof ist. An die Fahrweise der Kolumbianer konnten wir uns bis heute nicht anfreunden, sie braucht besonders starke Nerven. Die Hinterlandtour führte über kurvenreiche Bergstrassen mit sehr steil abfallenden Bergflanken. In manchen Kurven beteten wir für funktionierende Bremsen. Die vielen grossen Schlaglöcher steckte Antonio locker weg und das Herunterschalten vom 3. in den 2. oder 1. Gang erfolgte erst kurz vor dem Abwürgen des Motors. Eine aussergewöhnliche Fahrtechnik! Übrigens, der Jeep von Anto- nio war noch nicht reif für den Autofriedhof, denn am nächsten Tag begrüssten wir ihn wieder mit neuen Touristen auf der Jeep-Tour.
Nach der eintägigen Jeep-Tour besuchten wir die schönen archäologischen Fundstätten von San Agustin. Zu Fuss spazierten wir zum Parkeingang, wo am Morgen noch wenige Besucher unterwegs waren. In dieser Gegend siedelte in vorkolumbischer Zeit ein hochentwickeltes Volk, das San Agustin als Zeremonie- stätte nutzte. Sie haben etwa 300 grossartige, zum Teil monu- mentale Statuen und Grabanlagen hinterlassen. Ein Teil der aus Lavastein und Basalt gehauenen Figuren stehen in einer schönen Waldlandschaft. Die Region um San Agustin wurde früher von Reisenden eher gemieden, aufgrund langjähriger Guerillapräsenz. Heute gibt es eine touristische Infrastruktur die durch Militär und Polizei gut abgedeckt ist.
Der Parque Arqueológico de San Agustin wurde 1935 gegründet und ist das Herz der geheimnisvollen Kultur. Auf dem 600 m langen Rundweg durch den Bosque de las Estatuas bestaunen wir die ersten Skulpturen von unterschiedlicher Grösse. Würde man bei den einzigartigen Kunstwerken eine Infotafel anbringen und für das Parkgelände einen kleinen Plan abgeben, könnten wir für diesen Ort fünf Sterne verteilen. Bevor wir auf das weitläufige Gelände gehen besuchen wir das Museum am Parkeingang. Grabbeigaben in reicher Zahl sind schön ausgestellt, so zum Beispiel Keramikgefässe für den täglichen Gebrauch, Goldschmiedearbeiten, Steinwerkzeuge oder Musikinstrumente. In den Unterlagen lesen wir, dass die Besiedelung in drei Perioden unterteilt ist. (Frühe Periode etwa 1100 v.Chr. bis 200 v.Chr., Klassische Periode 200 v.Chr. bis 700 n.Chr., Späte Periode 700 bis 1550)
Zum Mesita A spazieren wir durch dichten Wald. Zwei Grabhügel sind gesäumt mit Statuen und aufgerichteten Steinplatten. Über Mesita C gelangen wir zur Fuente Ceremonial de Lavapatas. Das felsige Flussbett bildet hier eine terrassierte Reliefplatte, in deren Granit drei Wannen herausgearbeitet wurden. Ein Labyrinth von Wasserläufen in unter- schiedlichen Formen fliesst über die grosse Felsplatte. In die Felsplatte eingemeisselt erkennen wir Darstellungen von Tieren. Die grosse Felsplatte zeigt ein geheimnisvolles Wasserspiel aus vergangenen Zeiten und diente als wichtiger Zeremonienplatz. Die Fels-Wasser-Labyrinth-Anlage ist mit einem grossen Dach überdeckt. Von der Bambusbrücke aus geniesst man einen guten Überblick auf das Felsrelief.
Den Hügel Alto Lavapatas erreichen wir über viele steile Treppenstufen. Auf 1750 m geniessen wir einen tollen Rundblick auf die Umgebung und bestaunen sieben Steinbilder, darunter einen Jaguarkopf. Man vermutet, dass der Hügel als Kinderfriedhof diente. Auf dem Rückweg besuchen wir Mesita B. Der dreieckige Kopf (vielleicht eine Sonnengottheit) und der Adler oder Uhu, der eine Schlange umkrallt, sowie eine Frau mit Kind gehören zu den sehr gut erhaltenen Skulpturen. Für uns war die Gegend der „verlorenen Kultur“ rund um San Agustin mit den alten Grabsteinen und Skulpturen einen Abstecher wert. Plant man zwei, drei Tage dafür ein, bleibt auch Zeit durch das kleine Dorf zu bummeln.
San Agustin – Popayán – Silvia
Die Bergstrecke über die Cordillera Central, wir überqueren sie bereits zum dritten Mal, ist recht gut ausgebaut. Mit ca. 80 km Naturstrasse bis auf 3170 m bietet sie eine fantastische Vegetation von tropischem Wald. Ein grosses Hochmoor-Plateau ist reich bestückt mit vielen gelb blühenden Frailejónes. Ihr Stamm besteht aus abgestorbenen Blüten und Blättern, während oben die rosettenartig verteilten Blätter die langen Blütenstängel um- schliessen. Auf ca. 3000 m Höhe dominiert die Páramo-Vegetation mit vielen Gräsern und Mooskissen. Die gelben Blüten bilden einen schönen Farbtupfer in der Nebel- und Nieselregen-Landschaft. Am Strassenbord entlang den Baustellen sehen wir über weite Strecken eine etwa einen Meter hohe schwarze Moorschicht. Darauf wächst eine grüne, üppige Vegetation.
Nebel, Regen und Sonnenschein verzaubern die Landschaft. Ausser ein paar Kleinbussen gibt es kaum Verkehr über die Bergkette nach Popayán. Auf der Passhöhe gibt es einen Militärkontrollposten, der uns aber problemlos passieren lässt. Etwa 30 km vor Popayán, bei den warmen Quellen, treffen wir wieder auf Alfred. Er war von der Tatacoa-Wüste nach Norden gefahren und besuchte die Stadt Bogotá. Von dort reiste er zur Salzkathedrale in Zipaquirá und später nach Popayán zurück. Als die letzten Besucher die Thermal- quellen von Coconuco verliessen, hatten wir unsere Ruhe auf dem Parkplatz, der uns als guten Übernachtungsplatz diente. Wir tauschten Reise-Infos aus und beschlossen am nächsten Morgen das kleine Bergdorf Silvia, nordöstlich von Popayán, zu besuchen.
Silvia – Dienstag ist Markttag
Die Guambiano-Indianer besuchen am Dienstag in bunten Chivas das kleine Bergdorf Silvia. Aus den umliegenden Dörfern bringen sie ihre Produkte auf den Markt. Eine grosse Auswahl an Gemüse, Getreide, Mais, Reis, Früchten und anderen Lebensmittel wird in der grossen Markthalle zum Verkauf angeboten. Die rechteckigen, braunen Rohrzucker-Blöcke werden zu Türmen gestapelt. Bricht man Stücke davon ab und gibt Wasser dazu, erhält man eine Rohrzucker-Limonade. Die Indianer tätigen auch Einkäufe für den täglichen Gebrauch. So gibt es nicht nur Lebensmittel, auch Schuhe, Kleider, Werkzeuge und eine Vielzahl an do it your self Artikel sind erhältlich. Der Markt ist angenehm, kein Gedränge, keine laute Musik, und wir als Touristen fühlen uns willkommen. Die Preise sind für uns nicht nachvollziehbar.
Wir kaufen ein: Einen Sack Bohnen, Kartoffeln, eine grosse Ananas und 12 Bananen. Macht total 3000 Pesos. (SFR. 1.50) Wir überlegen: Gemüse und Früchte anpflanzen, pflegen, ernten, von auswärts auf den Markt bringen, verkaufen... und der Rest der nicht verkauft wird, nach Hause zurücktransportieren. Wir sind sehr überrascht über das grosse Sortiment Kartoffeln. Es gibt mehrere Sorten. Sie sind aber eher kleiner als bei uns zuhause. Die einheitliche Kleidung der Guambianos ist Ausdruck der ethnischen Zugehörigkeit. Die Frauen tragen weite, schwarze Röcke, einfarbige Blusen und über die Schulter ein blaues Tuch. Einige tragen schöne Chaquira-Perlenketten um den Hals. Lange blaue Röcke tragen die Männer mit einem meist dunklen Poncho. Die melonenförmigen Hüte in schwarzer oder brauner Farbe sind aus Filz. Auch Kinder und Jugendliche tragen diese Kleider.
Silvia liegt auf 2600 m Höhe. Die Sonne erwärmt zwischendurch den grossen schmucken Platz vor der Kirche. Auf Bänken und Mauer- brüstungen sitzen viele Einheimische und geniessen den Markttag. Die Atmosphäre hier ist speziell. Fröhlich, ruhig, bunt und voller Leben. Hier trifft man sich, plaudert, tauscht Neuigkeiten aus, oder liegt im Gras und ruht sich aus. Der Platz ist Begegnungszentrum, die wenigen Touristen fallen auf. Zwei Guambiano-Frauen mit einem Kind setzen sich zu Regine und sind neugierig. Sie fragen Regine aus, sie suchen Kontakt. Ganz selbstverständlich. Jugendliche treffen sich, viele mit einem Handy am Ohr, es wir geredet, gelacht und gestikuliert.
Ein voll gestopfter Chiva-Bus, schwer beladen auch auf dem Dach, gibt ein Hupsignal zur Abfahrt. Er fährt zurück in die umliegenden Dörfer und Weiler. Kleine Jeeps werden ebenso schwer beladen und meist sitzen noch Passagiere auf dem Dach oder stehen hinten auf der Stossstange. Das zulässige Gesamtgewicht ist nicht relevant. Auf dem Motorrad fährt man zu dritt oder zu viert. 2 Erwachsene, 2 Kinder, alles kein Problem. Die mit Schlaglöchern übersäten Strassen sind sich die Einheimischen gewohnt.
Der Ort wirkt für uns authentisch, unver- fälscht, da sich hier nur wenige Touristen aufhalten. Ich sitze sehr lange auf dem grossen Platz und versuche ein paar Fotos zu knipsen. Man wird nicht belästigt, nicht angequatscht, keine bettelnde Kinder. Ein bisschen heile Welt. Der Glacéverkäufer der seine Runden dreht, macht mit leisem Klingeln auf sich aufmerksam. Freundliche, höfliche und sehr angenehme Leute sitzen mal rechts, mal links von mir auf die niedrige Mauerbrüstung. Ein Lachen bringt uns näher. Wir sind für einen Augenblick in eine Welt eingetaucht, von der wir glaubten, sie existiere nur noch in einem zurechtgeschnittenen Dokumentarfilm im Fernsehen. Silvia ist für einen Blitzbesuch zu schade. Wir bleiben zwei Nächte und verarbeiten die vielen Eindrücke. Im Innenhof eines kleinen Baugeschäftes finden wir einen Übernachtungsplatz. Fahrzeug und 2 Personen SFR 1.50 pro Nacht. Dienstag ist Markttag, farbig, freundlich und friedlich! Aber auch geschäftig, gesprächig und gemütlich!
Bogotá – eine Stadt mit vielen Gesichtern
Wir fahren nach Norden. Über Armenia – Ibagué erreichen wir die Hauptstadt Bogotá. Das Navi führt uns metergenau zur Calle 22 im Zentrum, wo wir auf einem kleinen Park- platz unseren Camper sicher abstellen können. Die Park- platzfamilie wohnt – resp. für uns – vegetiert in zwei sehr kleinen Räumen. Wir sind Willkommen und stellen unser Fahrzeug in eine Ecke. Stromanschluss gibt es auch. Nachts wird das Einfahrtor verriegelt. Es ist ruhig. Wir hören nichts vom Stadtlärm. Für 24 Stunden, inkl. Übernachtung im Camper, bezahlen wir SFR 5.-. Ein sehr preisgünstiger Übernachtungsplatz mit bewachtem Parkplatz. Nein, kein Ort zum Ferien machen. Tagsüber sind wir in der Stadt unterwegs.
Bogotá mit über 8 Millionen Einwohnern hat gewaltige Ausmasse und wir konzentrieren uns auf die Umgebung vom Plaza Bolivar, das Herz Kolumbiens. Die Sonne beleuchtet gerade die lange Front der Catedral Primada mit der Capilla del Sagrario und des Palacio Arzobispal. Der grosse baumlose Platz verbreitet Feierabend- stimmung. Die Besucherzahl hält sich in Grenzen und die Statue Simon Bolivar aus dem Jahre 1846 dient den Tauben als Rastplatz und den Touristen als Fotomotiv. Der Platz schreibt auch Ge- schichte. Der Palacio Justicia auf der Nordseite wurde 1985 durch Guerilleros besetzt und dann mit Panzern vom Kolumbischen Militär zurückerobert. Dies hatte zur Folge, dass ein neuer Justizpalast gebaut werden musste. Der alte Palast war so stark beschädigt, dass man ihn abreissen musste. Gegenüber bestaunen wir das Capitolio Nacional, Parlamentsgebäude, das gut bewacht und nicht zugänglich ist.
Die Carrera 7 gehört abends den vielen, vielen Strassenverkäufern, die die Trot- toirs beidseitig mit Tüchern und Verkaufs- artikeln belegen. Sie beanspruchen meis- tens die Hälfte des Gehsteiges. Jeder will irgendetwas verkaufen. Schmuck, Kleider, CDs und tausend andere Dinge werden angeboten. Dazwischen reihen sich Stras- senkünstler, Bettler, Schuhputzer, Musik- gruppen und fahrende Verpflegungsstände. Bei einbrechender Dunkelheit sind die Strassenverkäufer in Stellung und warten auf ihre Käufer. Der Handyman oder die Handywoman bieten gleich mehrere Mobiltelefone zum Gebrauch zu günstigen Preisen an. Hier braucht man kein eigenes Handy. Fast an jeder Strassenkreuzung steht ein Sortiment für den Gebrauch. Wir bummeln durch den sehr lebhaften Stadtteil und sehen die vielen Gegensätze. Das pulsierende Leben entlang der Carrera 7 ist schwer zu beschreiben. Arm und reich, alt und jung, farbig und öde, sauber und schmutzig, laut und leise, fröhlich und ernst und viele weitere Eigenschaften begegnen unseren Schritten. An die zahlreichen Trottoirlöcher mit unterschiedlichen Ausmassen konnten wir uns nicht gewöhnen. Den Blick auf den Gehsteig ist Pflicht. Die Stadt stimmt uns nachdenklich. An vielen Plätzen und Kreuzungen ist die Polizei präsent. Wir fühlen uns sicher.
Einen Ausflug auf den Hausberg Cerro de Monserrate bringt uns am nächsten Tag in eine Ruhe der Besinnlichkeit. Die Gondelbahn befördert uns auf den Cerro de Monserrate auf 3150 m Höhe. Die weisse Santuario Montserrate liegt wie ein Adlerhorst auf einem Felsen. An diesem Morgen besuchen nur wenige Pilger die Wall- fahrtskirche. So können wir die Umgebung des Hausberges in Ruhe erkunden. Der Ausblick auf das grosse Häusermeer von Bogotá ist gewaltig. Wir können die Grenzen der Stadt am Horizont nur erahnen. Eine 8 Millionen Stadt die ununterbrochen wächst. Auf dem Cerro Montserrate wurde bereits 1640 eine Kapelle errichtet, später kam ein Kloster hinzu. Seither pilgern Menschen auf den Berg, um die wundertätige Statue des Gefallenen Christus zu besuchen. Und wie in allen Wallfahrtsorten reihen sich auch hier Kunstgewerbeläden und Souvenirshops in grosser Zahl aneinander. Eine 4-köpfige Schülergruppe ist mit einer Videokamera unterwegs und will mit uns einen Videoclip auf Deutsch drehen. Einen Schulausflug mit Sonderaufgaben. Wir machen mit und sie geniessen es, uns Schweizer-Touristen zu filmen. Eine tolle Begegnung mit Jugendlichen.
Wieder im Zentrum der Stadt besuchen wir das Gold- museum. Das Museo de Oro zählt zu den besten seiner Art in Lateinamerika und ist eine der wichtigsten Sehens- würdigkeit Bogotás. Mit ca. 35'000 Objekten besitzt das Goldmuseum die grösste Sammlung präkolumbischer Gold-, Platin-, Silber- und Tumbago-Gegenstände. Die Ausstellung zeigt eindrücklich wie die Hammer- und die mit Wachsaus- schmelztechnik hergestellten Kunstwerke zu ihren Formen kamen. Wir verbringen ein paar ruhige Stunden vor den sehr schönen Vitrinen, wo wir über die hohe handwerkliche Kunst der Goldverarbeitung staunen. Der Hinweis, dass hier nur noch ein Bruchteil der tatsächlichen Kunstwerke der frühen Indigenen Völker zu besichtigen sind, ist ein trauriges Kapitel. Die Spanischen Eroberer schmolzen die Gold- und Silberobjekte zu Barren und transportierten sie in grosser Zahl nach Europa. Damit wurde kostbares Kulturgut für immer vernichtet. Das Goldmuseum verführt uns für einen Augenblick in eine vergangene Welt mit gross- artiger Kultur.
Kaum wieder auf der Strasse holt uns der Alltag ein: Hektischer Betrieb, viele Kleinbusse mit schwarzer Abgasfahne, Musik aus Lautsprechern, emsiges Treiben entlang der Einkaufsstrassen. Als wir einem Bettler eine Münze in die Hand drücken, hielt er inne, drehte sich um, lief uns nach und reklamierte lautstark, dass dies zu wenig sei. Ja, auch Bettler haben ihren Einkommensstolz. Auch dies ist Bogotá.
La Candelaria ist das historische und intellektuelle Zentrum Bogotás. Wir spazieren durch die schmalen Gassen und bestaunen die renovierten alten Hausfassaden. Hinter schönen Fenstern und Türen verbergen sich Hinterhöfe und Wohngemächer. Alte Kirchen und bedeutsame Gebäude lassen sich leider nur von aussen bestaunen. Der Präsidentenpalast ist grossräumig von Polizei und Präsidentengarde abgeriegelt. Ein Besuch der grossen Parkanlage bleibt uns verwehrt.
Die Iglesia de San Francisco ist auch an einem Werktagmittag voll von Gottesdienstbesuchern. Erbaut in den Jahren 1550 – 1567 ist sie die älteste und eine der beliebtesten Kirchen Bogotás. Der äussere Anblick der langen Kirche ist kaum beachtenswert. Umsomehr überrascht uns der üppig verzierte Goldaltar mit seiner Grösse. Bogotá bietet aber viel mehr, man könnte Wochen verbringen und täglich Neues sehen, wenn man die Stadt liebt. Nach drei Nächten zieht es uns wieder in die Natur hinaus, wo wir die Bergluft und die Ruhe geniessen können.
Bevor wir in die Höhe fahren machen wir einen Abstecher zur Salzkathedrale in Zipaquirá, nördlich von Bogotá. Der geschichts- trächtige Ort blickt auf eine lange Salzabbaukarriere zurück. Die unterirdische Salzkathedrale ist für unseren Begriff zu farbig beleuchtet. Das dauernd wechselnde farbige Licht ist für uns ungewohnt. Die dreischiffige Höhlenkirche hat grosse Dimensionen. Die monumentale Halle von 8500 m2 erreicht man über einen Kreuzweg und führt die Besucher ins tiefer gelegene Zentrum. Alles ist hier aus Salz und Stein gebaut, auch das 16 m hohe Kreuz, das in einer grossen Wand herausgemeisselt wurde.
Für unseren Geschmack ist das grosse Höhlensystem zu laut, zu farbig und zu touristisch eingerichtet. In einem Seitenarm treffen wir auf Kirchenbesucher, die sich der Stille hingeben. Die Salz- kathedrale mit ihrem spärlichen Licht, dem glitzern des Salzes an den Wänden und Decken ist ein Besuch wert. Alle geformten Kreuze sind in schlichter Form.
Über Honda, 217 m, fahren wir über die Cordillera Central auf über 4000 m und besuchen den Nationalpark Los Nevados. Unterwegs übernachten wir bei einer Abzweigung auf 3700 m Höhe in einsamer Gebirgswelt. Der Nevado del Ruiz, 5300 m, zeigt sich am nächsten Tag fast wolkenfrei. Die grossartige Vulkanlandschaft in eisiger Kälte gibt uns einen traumhaften Blick frei in die Anden. Wir sehen auf 3710 m den 6 Schulkindern zu, die in der Pause Fussball spielen. Auf über 4000 m wird hier noch Milchwirtschaft betrieben. Ein hartes, einfaches Leben prägt die Bergbauern. Wieder im Flachland begegnen uns die langen Zuckerrohr-Lastenzüge mit 4 Anhängern. Sie bringen die kostbare Ernte in die nahe gelegene Zuckerfabrik. Was für ein grosser Gegensatz zu den Bergbauern. Sehr grosse Felder werden gleich mit mehreren Erntemaschinen geschnitten und pausenlos wird Zuckerrohr aus den Feldern gefahren.
Nun wird es Zeit sich der Grenze von Ecuador zu nähern. In Pasto machen wir einen Service und Check an unserem Auto in der fast neuen Nissangarage. Wir sind fast 700 Reisetage pannenfrei unterwegs und die Kontrolle vom Fahrzeug ist uns wichtig. Motor, Bremsen, Radlager usw. kontrollieren lohnen sich. Bis jetzt hatten wir keine Probleme mit verschmutztem Diesel. Doch der Chef der Werkstatt zeigt uns einen neuen Nissan, wo gleich 3 Dieselfilter hintereinander eingebaut sind. Er empfiehlt uns einen zweiten Dieselfilter einzubauen, um pannenfrei weiterzureisen. Das Angebot Filter und Einbau für ca. SFR 250.- ist es uns wert. Der ganz Check und Service, inkl. Einbau des zweiten Dieselfilters, ein neuer Luftfilter, Ölwechsel usw. kostete diesmal SFR 520.-. Wir wollen weiterhin möglichst pannenfrei Richtung Süden fahren. Da gehört für uns eine gründliche Fahrzeugkontrolle alle paar Monate zum Pflichtprogramm. Unterwegs stehen bleiben in abgelegenen Gebieten kommt teuer zu stehen. Wir versuchen vorzubeugen, bevor es klappert und scheppert. Sind uns aber bewusst, dass trotzdem immer etwas Unvorhergesehenes geschehen kann.
In Grenznähe zu Ecuador besuchen wir die Wallfahrtskirche in Las Lajas (siehe Bildergalerie). Wir blicken auf eine sehr schöne und interessante Reisezeit in Kolumbien zurück. Die landschaftliche Vielfalt, die vielschichtige Bevölkerung mit ihrer Gastfreundschaft und Fröhlichkeit hat uns tief beeindruckt. Kolumbien hat mehr zu bieten als nur einen schlechten Ruf. Daran muss das Land noch Jahrzehnte arbeiten, um das Problem der Drogen, der Guerillas und der Korruption in den Griff zu bekommen. Wir als Reisende, die kreuz und quer durchs Land fuhren, haben davon aber wenig gespürt.
Bereits sind wir zwei Wochen in Ecuador und haben schon einige Highlights entdeckt (siehe Bildergalerie). Knapp 11 Monate dauerte dieser Reiseabschnitt von Mexiko nach Ecuador. Es wird Zeit für einen Reiseunterbruch, es ist bereits der Dritte. Für Südamerika brauchen wir gute Karten und Bücher. Auch eine sinnvolle Routen- planung ist für diesen grossen Kontinent wichtig. Vom 31. Juli bis 18. September 2012 sind wir in der Schweiz und verarbeiten die vielen interessanten Eindrücke und Erlebnisse. Hasta luego!