Reisebericht Ecuador
18. - 30.09.2012 Quito - Otavalo - Santo Domingo de los Colorados - Manta - Salango
Ein Reisetag wie im Bilderbuch!
Dienstag, 18. September 2012, von Zürich nach Quito
Von Zürich-Kloten über Madrid erreichten wir die Hauptstadt von Ecuador am gleichen Tag. Pünktlich landete der Airbus A-340-300 um 16.30 Uhr in Quito. Unvergesslich bleiben die schönen Wolken- formationen im Sonnenlicht über dem Atlantik. Der sehr ruhige Flug dauerte 11 Stunden von Madrid aus. Auf über 11'000 Meter Höhe verstärkte sich unser Fernweh. Als wir die Konturen des südameri- kanischen Kontinents erblickten und über den Anden die schnee- bedeckten Gipfel sahen, wurde uns klar, die 4. Reiseetappe auf der Panamericana beginnt!
Die Landepiste mitten im Häusermeer von Quito auf 2850 m in den nebelumhüllten Berggipfeln ist sehr eindrucksvoll. In der Warteschlange bei der Zollabfertigung warteten wir knapp eine Stunde, da wir zu den letzten Fluggästen zählten, die den Airbus verlassen konnten. Die Passformalitäten dauerten nur ein paar Minuten und auf dem Förderband hatte es nur noch eine Handvoll Gepäck- stücke. Am Ausgang erblickten wir unser Namensschild und den Taxi-Driver, der uns gleich ins Hotel Casa Helbling in Quito Neustadt chauffierte. Ein kurzer Ausgang um die Füsse zu vertreten nach dem langen Sitzen, führte uns später in den Coiffeursalon. Wir liessen uns wieder einen bequemen Reise-Haarschnitt verpassen, der uns zusammen 8.- US$ kostete. Als Regine auf dem Coiffeurstuhl sass, flimmerten gerade die neusten Nachrichten über den Bildschirm. In einer Reportage wurde von einem Rauschgiftschmuggel berichtet. Ein Camion der von Kolumbien nach Ecuador mit 173 kg Kokain unterwegs war kam in eine Polizeikontrolle. Unsere Coiffeuse meinte, dass die Mafioso mit sehr langen Gefängnisstrafen rechnen müssen.
Am anderen Tag besuchten wir die Altstadt von Quito, die auch als „Stadt des ewigen Frühlings“ bezeichnet wird. In der Basilica del Voto Nacional, deren Vollendung fast 100 Jahre dauerte, stiegen wir auf den Turm. Über dem Kirchenschiff führte ein langer Holzsteg unter dem Kirchendach zu den Aussenleitern des Vierungsturm.
Wir hatten einen grossartigen Panoramablick auf die Stadt Quito und deren Umgebung. Die Basilika ist ein monumentales Bauwerk mit 150 m Länge und zwei hohen neogotischen Türmen. Rund um den Plaza de la Independencia (Plaza Grande) bestaunten wir das Ratshaus, den Präsidentenpalast mit den Wachsoldaten und den Bischofspalast. Zu Fuss kehrten wir ins Hotel zurück.
Pünktlich um 7.30 Uhr stand am nächsten Tag das Kollektiv-Taxi vor dem Casa Helbling. Mit 6 Fahrgästen fuhr der Driver direkt ins nörd- lich gelegene Otavalo, wo wir um 10 Uhr unser Fahrzeug auf dem Camping Rincón del Viajero begrüssten. Unser Camper hat die siebenwöchige Ruhepause gut überstanden. Den Abstellplatz kön- nen wir nur empfehlen. Sicher und sehr günstig (1.- US$ pro Tag) Es folgte das Auspacken, Einräumen und das Auto wieder reisebereit einrichten. Sigried und Siegfried aus Deutschland, die mit einem schönen, grossen Expeditionsfahrzeug unterwegs sind, begrüssten uns herzlich. Sie sind kurz vor unserer Ankunft auf dem Camping eingetroffen. Am Nachmittag besuchten wir den Markt und kauften Lebensmittel für die kommenden Tage. Nach unserer Rückkehr begrüssten uns Klaus und Petra, die zurzeit mit ihrem Toyota-Reisemobil auf der Panamericana unterwegs sind. Wir trafen sie das erste Mal in San Miguel de Allende in Mexiko. Seitdem haben wir Mail-Kontakt. Am Abend kamen noch Stefan und Swantje mit ihrem Land-Rover auf den Platz, die ebenfalls nach Süden unterwegs sind. Jetzt hatten wir viel Gesprächsstoff. Wir tauschten Reiseinfos aus und manche Geschichte brachte uns zum Lachen. Ja, wenn Reisende unterwegs sind, gibt's was zu erzählen.
Otavalo - grosser Markt am Samstag
Am Samstagmorgen besichtigen wir den Tiermarkt am Stadtrand von Otavalo. Das Angebot an Federvieh, Meer- schweinchen, kleinen und grossen Ferkeln, Rindern und Schafen überraschte uns. An den Verkaufsständen wech- selten Kleintiere ihre Besitzer, der Preis ist verhandelbar. So erfahren wir, dass ein kleines Schwein ca. 45.- US$ kostet, bestimmt könnten wir da noch „märten“. Wir nehmen uns Zeit und beobachten die Otavalo-Indianer beim Einkaufen. Eine Frau kauft 10 kleine Hühner. Die Verkäuferin macht die Auswahl und zählt sie ab. Das Federvieh steckt sie in einen grossen Papiersack. Die Käuferin nimmt den Sack und gibt 5 Hühner zurück, die ihr nicht passen. In dem kleinen Gehege sucht sie nach besseren Exemplaren. Irgendwann werden sie über den Preis einig.
Ein paar Meter entfernt schauen wir einer Einheimischen zu, die gerade zwei kleine Ferkel erworben hat. Auf dem Boden wickelt sie jedes Tier in ein Tuch. Beide Schweine legt sie nun in ein grosses Tuch, dass sie kunstvoll auf ihren Rücken bindet. Mit dem unförmigen Schweinebündel geht sie weiter durch den Markt. Eine andere Frau blickt lachend und zufrieden zurück, als sie uns beim Fotografieren entdeckt. Ihr Ferkel am Rücken zeigt nur Ohren und Schnauze. Magere Rinder warten angebunden auf Kunden.
Die Eisverkäuferin ist beschäftigt. Sie dreht den grossen Eiswürfel auf einer Fläche, die das Eis zer- kleinert. Sie füllt einen Becher mit den Eisstücken und übergiesst diese mit Fruchtkonzentrat. Fertig ist die Glacé! Der Seil- und Strick-Verkäufer beansprucht einen grossen Platz. Alle seine Produkte in unterschiedlichen Farben liegen schön geordnet in voller Länge auf dem Boden. So macht das Einkaufen Spass. Wir beobachten, wie eine jüngere Frau verschiedene Stricke überprüft, bevor sie sich für den Kauf entscheidet. Etwas quer in der Landschaft steht der kleine Lastwagen, wo auf der Ladebrücke lautstark Teller, Tassen und anderes Geschirr gleich Dutzend- weise zu Spotpreisen angeboten werden. Um den „billigen Jakob“ stehen die Menschen im Halbkreis, gespannt wartend, wie viel Geschirr die nächste 5 Dollar Aktion bringen wird.
Bekannt ist Otavalo für den grossen Kunsthandwerksmarkt der Otavaleños. Bereits am frühen Morgen ist der Platz mit Produkten überhäuft. Farbenprächtiges Textilhandwerk, Wandteppiche, Pon- chos, gestickte Blusen, Lederwaren und Musikinstrumente warten auf Käufer. Die Auswahl an Kleidern aus Alpaka-Wolle, Stickereien und Webarbeiten ist sehr gross. Die klein gewachsenen Frauen haben ihr langes schwarzes Haar im Nacken zusammengebunden. Ein schwarzes, blaues oder weisses Tuch aus Wolle bedeckt ihren Kopf. Über der gestickten weissen Bluse tragen sie meist einen schwarzen oder dunkelblauen Flanellumhang über die Schulter. Ihren goldglänzenden Schmuck um den Hals und Handgelenke kaufen sie auf dem Markt, wie andere Touristen. Die Männer mit den schulterlangen Zöpfen sieht man oft mit blauen Ponchos und weissen Hosen. Alte Frauen am Boden sitzend, vor sich ein paar landwirtschaftliche Produkte ausgebreitet, versuchen so ein paar Dollars zu verdienen. Würden sie von den Touristen ein paar Münzen fürs Fotografieren verlangen, sie hätten am Abend ihre Haus- haltskasse gut gefüllt.
Auf dem Früchte- und Gemüsemarkt kaufen wir noch Vorräte. Am nächsten Tag verabschieden wir uns von den Reisenden auf dem Camping. Dennis, der Besitzer des Campingplatzes bedankte sich für die feinen Schweizerschokoladen und wir bedankten uns für den sicheren Fahrzeugabstellplatz. Sieben Wochen hatte er unseren Camper im Auge behalten. Herzlichen Dank! Auf der Route nach Quito besuchen wir noch die richtige, exakte Äquatorlinie. Die monumentale Sonnenuhr „Quitsa To“, liegt südwestlich von Cayambe genau auf der Äquatorlinie. Hier zeigt unser Navi genau 0º 0′ 0″ an. Die Schatten des Sonnenzeigers fallen auf ein weites, grosses Steinfeld mit Markierungen für die jeweiligen Son- nenstände. Sonnenwende am 21. Juni und am 21.Dezember sowie Tagundnachtgleiche am 31.März und am 23. September.
Wir fahren zügig durch die Stadt Quito zum Flughafen Mariscal Sucre, Terminal international, und stellen das Fahrzeug auf dem grossen Parkplatz ab. Im Zollbüro beantragen wir für unser Fahr- zeug eine Aufenthaltsverlängerung. Nach einer kurzen Fahrzeug- inspektion erhalten wir ein neues Dokument. Dies erlaubt uns den Camper für weitere 49 Tage ab heute im Land zu lassen. Wir hatten ja 7 Wochen (49 Tage) Reiseunterbruch in Ecuador, unser Fahrzeug jedoch nicht. Das hätte bedeutet, dass wir noch länger im Land reisen könnten, als unser Fahrzeug. Wieder hatten wir eine bürokratische Hürde gemeistert. Jetzt suchten wir das Cometa-Reisebüro auf, wo uns Maya herzlich begrüsste. Mit der Yacht Angelito bietet sie und ihr Mann tolle Galápagos-Touren an. Wir haben grosses Glück. Die Tour vom 21. - 28. Oktober begleitet Maya. Es gibt noch freie Kabinen. Es werden nur Schweizer oder Deutsch sprechende Gäste an Bord sein. Maya ist Schweizerin und kennt die Galápagos-Inseln. Eine mehr- tägige Tour auf Schweizerdeutsch durch die Inselwelt, was für ein Glückstreffer! Der Abstecher auf die Galápagos ist gebucht.
Von Quito fahren wir auf der Panam Richtung Süden. In Alóag zweigen wir auf die Route 30 nach Santo Domingo de los Colorados ab. Wir fahren durch eine eindrucksvolle Vegetation der tropischen Bergwälder und des Tieflandregen- waldes. Nebel verhüllte Hänge begleiten uns und in vielen Serpentinen geht es durch eine schöne Landschaft. Die Strasse von Quevedo nach Portoviejo hat längst die besten Jahre hinter sich. Pausenlos suchen wir den Weg um die grössten Schlaglöcher. Dafür entdeckten wir über weite Strecken die Einheim- ischen an der Arbeit. Verkehr gibt es kaum, ab und zu ein Bus, ein Mopedfahrer und vereinzelt auch Fussgänger. Wir passieren kleine Dörfer. Wir halten Ausschau nach einem Übernachtungsplatz. Die Strasse schlängelt sich über einen langen Andenausläufer Richtung Westen. Wir fahren auf einem Gebirgskamm, beidseitig geht’s runter ins Tal. Eine ebene Fläche vor einem Haus haben wir im Blickfang. Wir fragen eine jüngere Frau, die gerade vom ersten Stock ihrer Bambushütte aus dem Fenster schaut. Wir sollen auf der anderen Seite der Strasse ein paar Meter zurück fahren und dort fragen. Volltreffer!
Elisabeth (16 Jahre) und ihre Mutter Ramona begrüssen uns. Wir können vor dem Haus abstellen und übernachten, es sei sicher hier. Wir sind mitten im Regenwald, kein Dorf in der Nähe. Sie besichtigen unser „casa rodante“ (rollendes Haus). Regine zeigt ihnen die Inneneinrichtung. Reisen und wohnen im Fahrzeug, für sie etwas Aussergewöhnliches. Sie bleiben sehr lange in der Kabine und schauen sich um. Am nächsten Morgen dürfen wir sie noch fotografieren. Elisabeth wartet fein gekleidet auf den Bus. Sie macht ein Foto von unserem Camper. Ja, das Handy- und Laptop-Zeitalter hat auch den hintersten Winkel in Busch erreicht. Die Zeiten ändern sich. Auf den nächsten ca. 90 km bis Portoviejo begegnen wir der täglichen Arbeit der Einheimischen. Diese hat sich kaum verändert in den letzten Jahrzehnten.
Dicke Bambusstämme werden mit der Machete gespalten. Das Material für den Hausbau liefert der Wald. Die langen Palmzweige trennt man zuerst der Länge nach auf. Anschliessend knickt und faltet man die Zweige und legt die Blätter schön übereinander. Bewährtes Material für die Dacheindeckung. Die schön verzierten Bambushäuser passen gut in die Waldlandschaft. Die Einheimischen auf dieser Strecke lassen sich gerne fotografieren. Sie sind stolz auf ihre Tätigkeit und stellen sich oft in Pose. Wenn wir jemand vergessen zu knipsen, werden wir darauf aufmerksam gemacht. Als wir an einer Strassenbaustelle hielten um die Arbeitstechnik fest- zuhalten, kamen weitere Bauarbeiter hinzu, damit sie auch auf dem Foto sind.
Von Manta fahren wir auf der Küstenstrasse Richtung Süden. Etwas ausserhalb vom kleinen Dorf Salango geht es im Schritttempo auf den Hügel zum Camping Hosteria Islamar. Wir sind die einzigen Gäste und blicken hinunter auf den Pazifik und zum Strand von Salango. Fregattvögel und Pelikane zeigen ihre Flugküste im Aufwind. Das Spiel mit dem Wind an den Klippen haben sie perfekt im Griff.